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Was versteht man unter einem CREST-Syndrom?

Frage aus der Kategorie: Fragen an die Experten


Teleangiektasien bei CREST-Syndrom

Eine Frage von Anne:

Was versteht man unter einem CREST-Syndrom? Welche Erfahrungen gibt es im Hinblick auf Behandlungsmöglichkeiten?

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 21.05.2004:

CREST-Syndrom: Das Krankheitsbild

Das CREST-Syndrom ist eine sehr seltene immunologische Erkrankung, die ihren Namen von einigen wichtigen Symptomen bezieht. Diese sind:

C ("Calcinosis cutis"): Von Calcinosis=Verkalkung und cutis (lateinisch Haut), also Kalkablagerungen in der Haut. Diese treten vor allem in Hautbereichen auf, die weiter vom Körperstamm entfernt sind, z.B. an den Fingern. Vorsichtig ist geboten im Hinblick auf die Überlegung, diese Kalkablagerungen operativ entfernen zu lassen. Dies sieht möglicherweise auf den ersten Blick wie ein harmloser Eingriff aus. Da beim CREST-Syndrom aber  Durchblutungsstörungen bestehen (siehe den nächsten Abschnitt "Raynaud"), kann es dabei zu schweren Wundheilungsstörungen, zu Infektionen und im übelsten Fall zu lebensbedrohlichen Komplikationen kommen.


Röntgenbild der Finger bei CREST-Syndrom. Die Pfeile markieren die in den Weichteilen liegenden Verkalkungen (Calcinosis)

R ("Raynaud"-Symptomatik): Weißwerden der ganzen Hand oder einzelner Finger oder nur von Teilen der Finger (Fingerkuppen), gefolgt von einer tiefblauen Verfärbung und anschließenden Rötung. Oft sind nicht alle Elemente vorhanden, z.B. bemerkt der Betroffene nur das Weißwerden oder Blauwerden der Finger. Diese Symptome treten besonders bei Kälte auf, wobei die Kälte gar nicht ausgeprägt zu sein braucht. Typischerweise sind die Raynaud-Attacken im Winter häufiger; es reicht aber oft allein das Hineinfassen in eine Tiefkühltruhe, um einen Raynaud-Anfall auszulösen.


Raynaud-Symptomatik mit tiefblau-livider Verfärbung aller Finger

Ursache sind Verkrampfungen (sogenannte Spasmen) von Gefäßen (Arterien= (in diesem Fall kleine) Schlagadern). Wenn die Erkrankung fortschreitet, vor allem bei später Diagnosestellung und unzureichender Therapie, können die Adern sich auch auf Dauer verengen und es kann zu schweren Durchblutungsstörungen bis hin zum Absterben von Gewebe kommen. In diesem Fall entscheidet sich oft das Schicksal eines Fingerendgliedes oder des ganzen Fingers durch die Wahl der richtigen Therapie. Heute gelingt es dem erfahrenen Spezialisten oft, selbst in einem solchen Fall noch den Finger zu retten, günstigstenfalls sogar mit nur ganz wenig verbleibenden Narben. Dazu ist aber eine sofortige Therapieeinleitung und die Wahl der richtigen Verfahren von allergrößter Bedeutung.

E ("Esophagus"): englischer Begriff für Oesophagus=Speiseröhre. Durch eine Verhärtung des Bindesgewebes kommt es zu Bewegungsstörungen der Speiseröhre, die oft vom Betroffenen nicht bemerkt werden, die aber vor allem im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf mit Schluckstörungen einhergehen können.

S (Sklerodaktylie): skleros=griechisch hart, daktylos=griechisch Finger. Ein wesentliches Problem beim CREST-Syndrom ist die Veränderung des Bindegewebes. Dabei wird das Bindegewebe fester und verliert seine Elastizität. An den Fingern kommt es zu einer Verhärtung der Haut, die Haut wird auch straffer und enger und spannt um die Knochen. Dabei kann es auch zu Ernährungsstörungen der Haut und offenen Hautstellen kommen, die schwer heilen. Hier besteht wie bei operativen Maßnahmen die Gefahr von Wundheilungsstörungen und einer Infektion (siehe auch oben).


Sklerodaktylie mit verdickter Haut über der Streckseite der Finger und aufgehobener Hautfältelung

T (Teleangiektasie): Tele=weit, in der Ferne, -angi=griechisch Gefäß und -ektasie=griechisch Erweiterung. Teleangiektasien sind kleine Erweiterungen von winzigen Gefäßen (Gefäße, die weit von der Hauptschlagader weg sind, deshalb "-tele-"), die man dann als typische Äderchenzeichnung in der Haut sieht. Hauptstellen sind die Finger und das Gesicht, sie können aber auch an anderen Stellen zu sehen sein. Diese Teleangiektasien sind schon für sich allein sehr typisch. In Verbindung mit einer Sklerodaktylie oder einer Raynaud-Symptomatik kann der erfahrene Arzt mit einem Blick die Diagnose eines CREST-Syndroms stellen. Diese muß allerdings dann noch durch eine weiterführende Diagnostik abgesichert werden.


Teleangiektasien der Fingerbeeren


Häufig findet man Teleangiektasien auch auf der Lippe

Diagnostik des CREST-Syndroms

Wichtige Hinweise auf die Diagnose eines CREST-Syndroms ergeben sich aus der Krankheitsgeschichte (Anamnese), insbesondere der Angabe eines Raynaud-Syndroms, weiterhin aus der körperlichen Untersuchung. Dabei sind vor allem die Sklerodaktylie in Verbindung mit Teleangiektasien der richtungsweisende Befund. Wie bereits oben angesprochen, ist diese Befundkonstellation für sich alleine genommen schon sehr typisch. In Verbindung mit einer Raynaud-Symptomatik kann der rheumatologisch erfahrene Arzt dann mit einem Blick die Diagnose eines CREST-Syndroms stellen. Diese muß allerdings dann noch durch eine weiterführende Diagnostik abgesichert werden, vor allem durch eine gezielte immunololgische Labordiagnostik.

Bei diesen speziellen Laboruntersuchungen ist der diagnoseleitende Befund der Nachweis von sogenannten Centromer-Antikörpern. Sie zeigen sich zum einen bei der sogenannten Immunfluoreszenz-Untersuchung in Form von antinukleären Antikörpern (ANA), die dabei ein sehr charakteristisches Fluoreszenzmuster aufweisen (centromeres Fluoreszenzmuster). Die Immunfluoreszenz-Diagnostik wird ergänzt durch weitere spezielle Test, z.B. sogenannte ELISA-Tests (enzyme linked immunosorbent assays). Hier können die Centromer-Antikörper auch quantitativ bestimmt werden, d.h. in ihrer Menge.

Centromer-Antikörper sind sehr spezifisch für ein CREST-Syndrom, d.h. der Nachweis dieser Antikörper ist ein sehr starker Hinweis auf das Vorliegen dieses Krankheitsbildes. Allerdings ist der Nachweis von Centromer-Antikörpern nicht sehr sensitiv, d.h. es gibt auch Patienten mit einem sicheren CREST-Syndrom, bei denen diese Antikörper nicht oder in einem frühen Krankheitsstadium noch nicht vorhanden sind.  Weiterhin gibt es manchmal aber auch  Centromer-Antikörper im Blut, ohne daß ein CREST-Syndrom vorliegt. Weiterhin können solche Antikörper bei Patienten nachweisbar sein, die an einer Erkrankung leiden, die mit dem CREST-Syndrom verwandt ist. Die Diagnose kann deshalb nicht alleine vom Ergebnis von Blutuntersuchungen gestellt werden, sondern ergibt sich aus der Zusammenschau von Anamnese, körperlichem Befund, Laboruntersuchungen und weiteren Untersuchungsergebnissen, z.B. auch speziellen Untersuchungen zur Messung der Speiseröhrenbeweglichkeit ("Ösophagus-Motilität") oder auch speziellen Lungenfunktionsuntersuchungen sowie dem Röntgenbild der Lunge. Diese Untersuchungen werden durchgeführt, da es beim CREST-Syndrom auch zu einer Beteiligung der Lunge kommen kann.

Therapie des CREST-Syndroms

Die Therapie eines CREST-Syndroms erfordert viel Erfahrung. Es ist deshalb dringend empfehlenswert, bereits beim Verdacht auf das Vorliegen eines CREST-Syndroms unbedingt einen Spezialisten aufzusuchen. In der Regel besteht die meiste Erfahrung in der Diagnostik und Therapie des CREST-Syndroms bei Ärzten mit einer Subspezialisierung auf internistische Rheumatologie oder aber auch Spezialisten für klinische Immunologie. Je nach den örtlichen Gegebenheiten sind aber auch internistisch ausgebildete Gefäßspezialisten (Angiologen) die federführenden Behandler beim Behandlungsmanagement, andernorts auch Hautärzte (Dermatologen). Der Dermatologe ist oft der erste Spezialist, der bei einem CREST-Syndrom kontaktiert wird, insbesondere dann, wenn bei Krankheitsbeginn die Hautsymptome im Vordergrund stehen.

Oft kommt es beim CREST-Syndrom zu Manifestationen an ganz unterschiedlichen Organen und Organsystemen, z.B. Haut, Gefäßen, der Lunge oder auch des Herzens. In solchen Fällen werden optimale Behandlungserfolge besonders dann erzielt, wenn Spezialisten aus den verschiedenen Fachdisziplinen (Rheumatologe, Dermatologe, Gastroenterologe = Magen-Darm-Spezialist, Pulmologe = Lungenfacharzt und Kardiologe = Herzspezialist) auf der Grundlage eines gemeinsamen Behandlungsplans zusammenarbeiten.

Im einzelnen richten sich die Therapieziele nach den im Vordergrund stehenden Problemen (z.B. Durchblutungsstörungen, Verhärtungen der Haut oder Entzündungen der Gelenke mit Funktionsbeeinträchtigungen, Schluckstörungen, Verdauungsprobleme, Organbeteiligungen etc.). Dazu ist vorab eine differenzierte Diagnostik notwendig.

Bei der Therapie unterscheidet man unterscheidet vorbeugende Maßnahmen von symptomatischen Therapien und von krankheitsmodifizierenden Therapien.

Eine typische vorbeugende Maßnahme ist z.B. die Vermeidung von Kälte an gefährdeten Körperteilen (z.B. strikte Vermeidung von starker Kälteeinwirkung an den Händen im Winter durch Tragen geeigneter Schutzhandschuhe; am besten warme, dick gepolsterte Fäustlinge) oder auch vorbeugende Bewegungsübungen, Krankengymnastik und Ergotherapie zur Vermeidung einer Beeinträchtigung der Gelenkbeweglichkeit.

Symptomatische Maßnahmen sind z.B. die medikamentöse Behandlung mit cortisonfreien Entzündungshemmern bei Gelenkschwellungen und Gelenkschmerzen, die Gabe von Medikamenten zur Durchblutungsförderung oder eine Infusionstherapie, wenn es in der Folge von Durchblutungsstörungen bereits zu Gewebsschäden gekommen ist (sogenannte Nekrosen, d.h. abgestorbenen Bezirken beispielsweise im Bereich der Fingerendglieder), als weiteres Beispiel auch eine medikamentöse Behandlung zur Senkung des Blutdrucks im Lungenkreislauf, wenn es in der Folge einer Lungenbeteiligung dort zu einer sogenannten pulmonalen Hypertonie gekommen ist.

Krankheitsmodifizierende Therapien sind nach unserer Erfahrung erfolgversprechend bei einer deutlichen autoimmunen Aktivität der Erkrankung (dazu gibt es die oben genannten entsprechenden Laboruntersuchungen). Wir setzen in diesen Fällen beispielsweise Methotrexat mit häufig sehr guter Wirkung ein. Bestenfalls gelingt es mit einem solchen Behandlungsansatz, die Erkrankung komplett zu stoppen, in Einzelfällen sogar eine Rückbildung bereits eingetretener Veränderungen zu erreichen. Die Wahrscheinlichkeit für einen guten Behandlungserfolg ist dabei größer, wenn die Therapie möglichst früh begonnen wird und wenn die Erkrankung noch nicht oder nur in geringem Ausmaß zu Schäden an den Organen und Organsystemen geführt hat.

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