Aktuelle Daten vom EULAR zur Immunogenität der Biologika: Neutralisierende Anti-Drug-Antikörper im Fokus

Im Zeitalter der Biologika spielt die Immunogenität von Arzneimitteln und die damit verknüpfte Bildung von gegen Pharmazeutika gerichteten Anti-Drug-Antikörpern eine zentrale Rolle. Das Auftreten neutralisierender Anti-Drug- Antikörper kann zu verminderten Wirkstoffspiegeln führen und damit die Therapieziele gefährden. Dass die Entwicklung von Anti-Drug-Antikörpern keinesfalls zufällig erfolgt, sondern unter anderem von der Arzneimittelstruktur abhängt, betonte PD Dr. Eugen Feist, Berlin. Die Entwicklung von Autoantikörpern und der Einfluss von Anti- Drug-Antikörpern auf das Drug Survival sind wichtige Aspekte bei der Therapie mit Biologika, wie neue Daten vom diesjährigen Kongress der European League Against Rheumatism (EULAR) bestätigen.

(Mittwoch, 03.09.2014)
Kategorie: Medikamente

Der therapeutische Einsatz der Biologika bei der Behandlung rheumatischer Erkrankungen ist eine Erfolgsgeschichte. So werden TNF-α-Inhibitoren seit 14 Jahren in der Therapie chronisch entzündlicher Erkrankungen wie beispielsweise der Rheumatoiden Arthritis (RA) mit großem Erfolg eingesetzt.[1] „Ein Ansprechen auf die Behandlung erfolgt meist schon nach wenigen Wochen und die Remission ist für viele Patienten dank Biologika ein realistisches Ziel geworden“, beschrieb Feist die Wirkung der TNF-α-Inhibitoren. Dabei sei aber zu beachten, dass sich die Bildung von neutralisierenden Anti-Drug-Antikörpern auf den langfristigen Behandlungserfolg von Biologika auswirken kann, so Feist weiter. Dies gelte es bei der Therapie im Blick zu behalten.

Struktur entscheidend für Immunogenität

Es gibt verschiedene Biologika, die sich bezüglich ihrer Indikationen, aber auch hinsichtlich Struktur und Wirkmechanismus unterscheiden können. Monoklonale Antikörper besitzen je nach Typ (murin, chimär, humanisiert oder human) ein unterschiedlich großes immunogenes Potential. Etanercept, das einzige TNF-α-Rezeptor-Fusionsprotein, besitzt keine klinisch relevante Immunogenität.[2]

Mehrere Studien haben gezeigt, dass Immunogenität die klinische Wirksamkeit beeinträchtigen kann.[3,4] „Gegenüber dem primären Therapieversagen bei mangelhafter Wirksamkeit des Arzneimittels kann das Auftreten von Anti-Drug-Antikörpern durch Verminderung der Wirkstoffspiegel zu einem sekundären Verlust des therapeutischen Ansprechens führen“, erklärte Feist. Eine Komplikation, die bei der Behandlung mit TNF-α- Inhibitoren gelegentlich auftreten kann, ist die Entwicklung von Autoantikörpern gegen nukleäre Bestandteile, doppelsträngige DNS und Phospholipide.5 „Das Fortschreiten dieser Autoimmunreaktionen während einer Behandlung mit Biologika ist selten“, wie Feist bemerkte. Es sollte aber im Rahmen des Patientenmanagements darauf geachtet werden.

Anti-Drug-Antikörper und Therapieerfolg eng verknüpft

Aktuelle Studien, die auf dem EULAR-Kongress in Paris vorgestellt wurden, bekräftigen die Bedeutung der Immunogenität der Biologika. So war die Entwicklung von Anti-Drug- Antikörpern gegen Infliximab bei 21 von 57 Patienten mit einer Lupus-ähnlichen Autoimmunität und einem signifikant erhöhten Therapieabbruch (p=0,047 gegenüber Patienten ohne Anti-Drug-Antikörper) verbunden.[3] In einer weiteren Studie waren Anti-Drug- Antikörper gegen Adalimumab mit niedrigeren Serumspiegeln assoziiert. Erniedrigte Serumspiegel und Antikörper wiederum waren signifikante Prädiktoren für ein unzureichendes Ansprechen, gemessen anhand des DAS 28 (p< 0,0001, RC -0,0048 95% confidence intervals (CI) -0,0071 to -0,0025). Bei keinem der mit Etanercept behandelten Patienten wurde das Auftreten von Anti-Drug-Antikörpern beobachtet. [6]

Immunogenität betrifft Patienten mit verschiedenen rheumatischen Erkrankungen. So zeigte eine Kohortenstudie mit 103 Psoriasis-Arthritis Patienten, dass die Bildung von Anti-Drug- Antikörpern gegen Adalimumab nach 52 Wochen mit niedrigeren Wirkstoffspiegeln (0,9 mg/L [IQR 0,0-2,9] gegenüber 9,4 mg/L [IQR 5,7-12,1], p=0,0001) und einem schlechteren klinischen Ansprechen, gemessen anhand des DAS 28 (2,19 zu 2,95, p=0,024) gegenüber Patienten ohne Anti-Drug-Antikörper korrelierte.7 Auch bei Spondylitis ankylosans reduzierten Anti-Drug-Antikörper das Ansprechen auf TNF-α-Inhibitoren. Hier konnte zusätzlich gezeigt werden, dass die Immunogenität bei Gabe von Methotrexat seltener auftritt (3 gegenüber 26 Patienten; p=0,021).[8]

Fazit für die Praxis

„Bei der Auswahl und unter der Therapie mit einem Biologikum sollte auch immer das immunogene Potential der einzelnen Substanzen berücksichtigt werden“, empfahl Feist. Etanercept verfüge über ein besonders hohes Drug Survival, das als Surrogatmarker für eine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit gilt.

Quellen

  1. AWMF-Leitlinie zur medikamentösen Behandlung der rheumatoiden Arthritis (PDF)
  2. Garcês S et al. Ann Rheum Dis 2013; 72(12): 1947-1955.
  3. Ishikawa Y et al., EULAR 2014, abstract FRI0288
  4. Garcês S et al., Ann Rheum Dis 2014; 73(6): 1138-1143.
  5. Atzeni F et al., Autoimmun Rev 2013; 12(7): 703-8. Doi:10.1016/j.autrev.2012.10.021.Epub 2012 Nov 30.
  6. Jani M et al., EULAR 2014; abstract SAT0052
  7. Vogelzang E et al., EULAR 2014; abstract SAT0391
  8. Villalba Yllan A et al., EULAR 2014; abstract SAT0331  
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