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Habe ich Psoriasis-Arthritis? Wie dann behandeln?

Frage aus der Kategorie: Fragen an die Experten
Eine Frage von Stefanie K.:

Ich bin 18 Jahre alt und habe seit fast neun Jahren Gelenksbeschwerden! Anfänglich in der rechten Schulter, nach einiger Zeit traten die Symtome auch in der linken Schulter auf! Nach ca. fünf Jahren begann es auch in den Ellebogen, jeweils rechts und links, und auch in den Knien sind die Schmerzen vor einem Jahr aufgetreten.

Die Schmerzen treten schubweise auf, meistens in mehreren Gelenken gleichzeitig, und sind so stark, daß man in der Nacht nicht schlafen kann. Auch starke Schmerzmittel wie: Parkemed 500, Seractil 400, Voltaren, Novalgin und Deflamat helfen nicht.

Es sind auch die Gelenke noch nie sichtbar geschwollen gewesen, außer bei meinem letzten Schub, da war mein Knie für eine Woche stark geschwollen, und die Schmerzen waren fast nicht auszuhalten.

Ich habe von Geburt an Psoriasis, und während eines Schubes den Verdacht, daß sie mehr wird. Doch die Ärzte können nichts 100% feststellen, sie vermuten nur, daß es eine Psoriasis-Arthritis ist.

Mein ganzer Alltag leidet darunter, insbesondere mein Berufsleben, weil dafür kein Verständnis aufgebracht wird.

Was können sie mir raten?

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 27.07.2004:

Über das Internet können, dürfen und wollen wir keine Ratschläge und Empfehlungen zu einer individuellen Diagnose oder Therapie geben.

Allgemein kann man aber sagen, daß Gelenkbeschwerden in Verbindung mit einer Psoriasis (Schuppenflechte) an der Haut immer an die Möglichkeit einer Psoriasis-Arthritis denken lassen müssen.

Typisch dafür ist unter anderem ein Gelenkschmerz und / oder ein Rückenschmerz vom entzündlichen Typ, d.h. ein Schmerz, der besonders in Ruhe und in der Nacht auftritt. Wenn Gelenkschwellungen bestehen, ist dies ein sehr sicherer Hinweis auf eine Psoriasis-Arthritis.

Die Diagnose einer Psoriasis-Arthritis ist manchmal sehr schwierig. Empfehlenswert ist in jedem Fall die Vorstellung bei einem internistischen Rheumatologen. Dort wird dann auch eine wirksame Therapie eingeleitet.

Glücklicherweise stehen heute – noch ganz anders als vor einigen wenigen Jahren – neue und hochwirksame Medikamente für die Therapie einer Psoriasis-Arthritis zur Verfügung.

Wichtig ist die möglichst frühzeitige Einleitung einer langwirksamen antirheumatischen Therapie (krankheitsmodifizierende Therapie, früher sogenannte Basistherapie), da nur eine solche Behandlung in der Lage ist, die Erkrankung zu kontrollieren und ein Fortschreiten zu verhindern. Insbesondere geht es auch darum, dauerhafte Schäden an den Gelenken und den Knochen zu verhindern.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Bei der Therapie der Psoriasis und der Psoriasis-Arthritis müssen immer die beiden Hauptmanifestationen der Erkrankung im Auge behalten werden, d.h. die Beteiligung der Haut und des Bewegungssystems.

Die Palette der Behandlungsmöglichkeiten umfasst die medikamentöse Therapie, die Ergotherapie und Krankengymnastik, physikalische Therapieformen wie Anwendung von Kälte oder auch Wärme oder die Elektrotherapie, lokale Maßnahmen einschließlich Infiltrationstherapie, intraartikuläre Injektionen mit Spritzen in die Gelenke oder Radiosynoviorthese, nicht zuletzt auch operative, rheuma-chirurgische Eingriffe, wenn die anderen Maßnahmen zu spät kamen oder nicht ausreichend wirkten (Abbildung).

Abb.: Spektrum der Behandlungsmaßnahmen bei der Psoriasis-Arthritis und der Psoriasis-Spondarthritis.

Die modernen therapeutischen Konzepte bei der Behandlung der Psoriasis-Arthritis und der Psoriasis-Spondarthritis zeichnen sich dadurch aus, dass verschiedene Methoden miteinander kombiniert werden. Der Erfolg der Behandlung hängt bei diesen Krankheitsbildern wesentlich davon ab, in Abhängigkeit von Krankheitsstadium, Krankheitsschwere und aktueller Krankheitsaktivität und unter jeweils aktualisiertem Bezug auf die augenblicklich führenden Hauptprobleme die derzeit richtige Behandlungskombination zusammenzustellen. Für jeden einzelnen Patienten muss seine individuelle Therapie quasi "maßgeschneidert" zugeschnitten werden.

Bei der medikamentösen Therapie der Psoriasis-Arthritis und Psoriasis–Spondarthritis werden heute 5 Hauptgruppen von Medikamenten unterschieden:

     

  • Reine Schmerzmittel („Analgetika“)
  • Cortisonfreie Entzündungshemmer („nicht-steroidale Antirheumatika“, NSAR)
  • Cortison („Steroide“, “Corticosteroide“)
  • langwirksame Antirheumatika (LWAR), früher so genannte „Basismedikamente“ oder „Basistherapeutika“, „Basistherapien“), krankheitsmodifizierende Medikamente (DMARDs, disease modifying antirheumatic drugs)
  • Krankheitskontrollierende Medikamente ((DCARDs, disease controlling antirheumatic drugs)

Die verschiedenen Medikamentengruppen haben einen unterschiedlichen Einfluß auf die wesentlichen Hauptprobleme der Psoriasis-Arthritis und der Psoriasis-Spondarthritis und unterscheiden sich damit auch in ihren therapeutischen Möglichkeiten und durch ihre unterschiedlichen Anwendungsgebiete (Tabelle).



Tabelle: Die verschiedenen Medikamentengruppen zur Behandlung der Psoriasis-Arthritis und der Psoriasis-Spondarthritis und ihr Einfluß auf die 4 wesentlichen Hauptprobleme der Erkrankung

Schmerzmittel (Analgetika)

Reine Schmerzmittel („Analgetika“) wirken nur auf den Schmerz. Die übrigen Symptome einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung wie beispielsweise Gelenkschwellungen oder Morgensteifigkeit werden von ihnen nicht beeinflusst.

Cortisonfreie Entzündungshemmer („nicht-steroidale Antirheumatika“, NSAR)

Cortisonfreie Entzündungshemmer („nicht-steroidale Antirheumatika“, NSAR) wirken auf die Entzündung „vor Ort“, d.h. sie haben einen Einfluss auf die lokalen entzündlichen Symptome wie Gelenkschwellung, Überwärmung und Steifigkeit, gleichzeitig haben sie eine positive Wirkung auf den entzündlich bedingten Schmerz. Sie haben aber keinen Einfluss auf die sogenannte „systemische Entzündung“, d.h. die im Blut messbare Entzündung, wie sie sich z.B. in einer erhöhten Blutsenkungsgeschwindigkeit („hohe Blutsenkung“, BSG) oder in einem erhöhten c-reaktiven Protein (CRP) bemerkbar macht. Auch die übrigen systemischen Zeichen einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung wie allgemeine Leistungsminderung, Abgeschlagenheit, Gewichtsabnahme u.a. werden von cortisonfreien Entzündungshemmern nicht beeinflusst.

Cortison

Cortison ist der stärkste Entzündungshemmer, den wir derzeit kennen. Cortison wirkt auf die Entzündung vor Ort ebenso wie auf die systemische Entzündung und hat neben den positiven Auswirkungen auf die entzündungsbedingten Schmerzen auch eine günstige Wirkung auf die Allgemeinsymptome der Erkrankung. Bei den Blutuntersuchungen sieht man unter einer Cortisongabe einen raschen Rückgang der im Blut messbaren Entzündung. So kommt es unter einer ausreichend hohen Dosierung zu einer Normalisierung der Blutsenkung, des c-reaktiven Proteins und anderer Entzündungswerte (z.B. der Serum-Elektrophorese oder der Immunglobuline).

Cortison hat aber keine anhaltende Wirkung. In der Regel kommt es nämlich nach Absetzen des Cortisons wieder zu einer Rückkehr der Symptome und der entzündlichen Veränderungen im Blut. Außerdem sprechen einige Manifestationen der Psoriasis-Arthritis, z.B. Achillessehnen-Entzündungen oder auch Entzündungen eines ganzen Fingers oder Zehs („Daktylitis“, „Wurstfinger“, Wurstzeh“) oft auf Cortison selbst in hohen Dosierungen nur schlecht oder manchmal sogar überhaupt nicht an. Ein Problem von Cortison ist bei der Psoriasis-Arthritis außerdem das Problem, dass es nach Absetzen von Cortison zu einem erheblichen Psoriasisschub an der Haut kommen kann.

Auch kann Cortison wegen der cortisontypischen Nebenwirkungen, die bei hoher Dosierung über einen längeren Zeitraum unausweichlich auftreten, nicht dauerhaft in den oft benötigten Mengen gegeben werden.

Außerdem ist nicht belegt, dass Cortison bei der Psoriasis-Arthritis oder bei der Psoriasis-Spondarthritis den eigentlichen Krankheitsprozeß langfristig günstig beeinflusst und die Erkrankung selber modifiziert, d.h. positiv im Verlauf beeinflusst.

So weiß man bei der rheumatoiden Arthritis, einer mit der Psoriasisarthritis verwandten Erkrankung, dass Cortison dort alleine nicht in der Lage ist, die Veränderungen der chronischen Entzündung beispielsweise am Gelenkknorpel oder am Knochen aufzuhalten.

Insbesondere werden unter einer Therapie nur mit Cortison die im Röntgenbild sichtbaren Schäden einer chronischen Arthritis, z.B. eine Verminderung des Gelenkspalts oder das Entstehen sogenannter Erosionen oder Usuren nicht verhindert.

Langwirksame Antirheumatika (LWAR, „Basistherapeutika“, remissionsinduzierende Substanzen)

Langwirksame Antirheumatika (LWAR), neuerdings auch krankheitsmodifizierende Medikamente genannt (DMARDs = disease modifying antirheumatic drugs), werden mit dem Ziel eingesetzt, eine Remission der Erkrankung, d.h. einen Heilungsprozess einzuleiten. Sie werden deshalb auch gerne als remissionsinduzierende Substanzen bezeichnet (RIDs, remission inducing drugs).
 
Langwirksame Antirheumatika unterscheiden sich von allen bisher genannten Medikamentengruppen dadurch, dass nur sie in der Lage sind, die Schäden der chronischen Entzündung beispielsweise an Gelenkknorpel oder Knochen aufzuhalten oder zumindestens zu verringern. Einige langwirksame Antirheumatika sind im günstigsten Falle außerdem sogar in der Lage, im Falle von bereits eingetretenen Gelenkschäden eine Reparatur einzuleiten und die Rückbildung von bereits eingetretenen Veränderungen zu unterstützen.

Wie alle vorgenannten Medikamentengruppen haben auch langwirksame Antirheumatika  langfristig eine positive Auswirkung auf die entzündlich bedingten Schmerzen, außerdem führen sie wie die nicht-steroidalen Antirheumatika zu einer Rückbildung der lokalen Entzündungszeichen, dies allerdings erst mittel- und langfristig. Mit Cortison gemeinsam haben sie (bei allerdings auch hier erst langsam eintretender Wirkung) einen positiven Effekt auf die systemische Entzündung und führen zu einer Normalisierung der im Blut messbaren Entzündungswerte. Da langwirksame Antirheumatika aber einen ganz anderen Wirkmechanismus als Cortison haben, geht dieser positive Effekt nicht mit den cortisontypischen Nebenwirkungen einher.

Krankheitskontrollierende Substanzen (DCARD`s, disease controlling antirheumatic drugs)

Leider sprechen nicht alle Patienten mit einer Psoriasis-Arthritis oder einer Psoriasis-Spondarthritis in ausreichendem Maße auf die traditionellen Medikamente an. Hier haben die fast revolutionär zu nennenden Entwicklungen in der modernen Rheumatologie auch in der Therapie der Psoriasis-Arthritis zu enormen Fortschritten geführt.

Mit einer völlig neuen Medikamentenklasse aus der Gruppe der biologischen Therapien, den TNF-alpha-Hemmern, gelingt es heute, an einer zentralen Stelle gezielt in der Krankheitsprozeß einzugreifen und die Symptome im günstigsten Falle vollständig zu kontrollieren. Außerdem zeigen die Ergebnisse klinischer Studien, dass es mit diesen neuen Medikamenten gelingt, auch das Fortschreiten der entzündlich bedingten Zerstörung von Knorpeln und Knochen an den Gelenken zu verlangsamen und bei einem Teil der Patienten komplett zu hemmen. Für diese Gruppe von Medikamenten, die in der Lage sind, eine entzündlich-rheumatische Erkrankung komplett zu kontrollieren, wurde aktuell die Medikamentenklasse der krankheitskontrollierenden Therapien eingeführt.
 
Krankheitskontrollierende Therapien (angloamerikanisch: DCARD´s, disease controlling antirheumatic drugs) sind eine völlig neue Medikamentenklasse bei der Behandlung rheumatischer Erkrankungen. Bislang wurden alle "Basismedikamente" als DMARD´s registriert, d.h. "disease modifying antirheumatic drugs" (krankheitsmodifizierende Medikamente). Man geht davon aus, dass DMARD´s in der Lage sind, den Verlauf einer rheumatischen Erkrankung nachhaltig günstig zu beeinflussen, jedoch oft nicht in der Lage sind, die Krankheit völlig zu stoppen. Ein DCARD ist ein Medikament, das in der Lage ist, die Krankheitsaktivität komplett zu kontrollieren und das Fortschreiten der Erkrankung vollständig zu hemmen.

Als erstes DCARD wurde am 15. Februar 2001 der TNF-alpha-Blocker Etanercept von der amerikanischen Arzneimittelzulassungsbehörde FDA (Food and Drug Administration) für die Behandlung der chronischen Polyarthritis / rheumatoiden Arthritis zugelassen.

Weitere Informationen zur Psoriasis-Arthritis

Mehr Informationen zur Psoriasis-Arthritis und zu den modernen Behandlungsmöglichkeiten gibt es auf der Website des TNF-alpha-Informationszentrums (http://www.tiz-info.de).

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Frage von B.B.: Psoriasisarthritis – Wann mit einer langwirksamen antirheumatischen Therapie („Basistherapie“) beginnen?

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