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Fragen und Antworten

Eine Frage von Thomas R.:

Hallo Herr Dr. Langer, Sie haben in Ihren Beiträgen auf der TIZ-Homepage und in einigen Antworten auf User-Fragen alternative Behandlungsmethoden bei nachlassender Wirkung von Remicade dargestellt. Ich werde nunmehr seit Februar 1999 mit sehr gutem Erfolg - dank Ihrer Hilfe und dem Einsatz von meiner behandelnden Ärztin - (bin nahezu schmerzfrei!) mit Remicade (300 mg alle 6 - 8 Wochen) sowie einmal pro Woche 15 mg MTX behandelt. Da ich nur ungern an die leidvolle Zeit vor Remicade zurückdenke, mache ich mir immer Gedanken, was möglich ist, wenn Remicade nicht mehr wirkt. Denn ohne die vielen Medikamente, die ich vorher nehmen mußte und doch nicht gewirkt haben, habe ich jetzt eine extrem verbesserte Lebensqualität. Die verbessert nicht nur das eigene Wohlbefinden, sondern wirkt sich auch auf meine Familie und den Beruf aus.

 

Da - wie Sie berichten - die nachlassende Wirkung in der Regel auf die Bildung von Antikörpern zurückgeführt werden kann, müßte doch ein Wirkstoff ohne "Maus-Bestandteile" eine Alternative sein. Hierzu habe ich kürzlich von einem Wirkstoff "D2E7" erfahren. Ist denn dieser eine Alternative und falls ja, ist dieser schon erprobt und zugelassen für Morbus Reiter?

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 26.01.2003:

Aktuelle Untersuchungen aus Deutschland (Prof. Dr. med. J. Braun, Prof. Dr. med. W. Sieper, Dr. med. J. Brandt et al., Berlin / Herne, vergleiche dazu auch die Beiträge im TNF-Ticker) zeigen eine anhaltende Wirkung von Infliximab (Remicade) bei M. Bechterew auch über einen längeren Zeitraum. Die vorliegenden Erkenntnisse aus der klinischen Multicenter-Studie zur Therapie des M. Bechterew mit Remicade decken derzeit immerhin eine Behandlungsdauer von mehr als einem Jahr ab; da innerhalb dieser Zeit bei den meisten Patienten kein Wirkverlust beobachtet wurde, läuft die Studie gegenwärtig weiter.

 

Die Ergebnisse sind auf den M. Reiter natürlich nicht unmittelbar übertragbar. Da der M. Reiter aber in die Gruppe der Spondylarthropathien gehört und insbesondere Studien aus Belgien eine Wirksamkeit von Infliximab auch für andere Spondylarthropathien als den M. Bechterew belegen, kann man aus den Studien zur ankylosierenden Spondylitis (M. Bechterew) zumindest gewisse Vorstellungen auch für die Situation beim Reiter-Syndrom gewinnen.

 

Die hohe Wirksamkeit von Infliximab bei M. Bechterew entspricht den Erfahrungen aus der Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Da Infliximab zunächst bei dieser Erkrankung eingesetzt wurde, überblicken wir bei hier sogar schon viel größere Behandlungszeiträume. Ergebnisse aus großen Studien (z.B. ATTRACT und ATTRACT-Extensionsstudie) und die Erfahrungen aus der Anwendung in der rheumatologischen Praxis zeigen die anhaltende Wirksamkeit von Remicade über Zeiträume von mittlerweile mehreren Jahren. Insofern besteht zunächst kein Grund zur Sorge, dass es bei Ihnen zu einem Wirkungsverlust kommen sollte.

 

Sollte dieser Fall dennoch eintreten, bestehen heute verschiedene Optionen. Die auf der Hand liegende Alternative ist der Wechsel auf den anderen TNF-alpha-Blocker Etanercept (Enbrel), für den inzwischen auch sehr gute Daten aus kontrollierten klinischen Studien für die Behandlung des M. Bechterew vorliegen. Die positiven Ergebnisse aus diesen Studien haben dazu geführt, dass ganz aktuell mit Datum vom 20. Januar 2003 bei der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA die Zulassungserweiterung für Enbrel zur Therapie des M. Bechterew beantragt wurde.

 

Wir wissen aus der Behandlung der rheumatoiden Arthritis, dass bei Patienten, bei denen eine nachlassende Wirkung von Infliximab eintrat, ein Wechsel auf Etanercept (Enbrel) möglich ist, d.h. Enbrel wirkt bei einem Teil dieser Patienten mit nachlassender Wirkung von Remicade. Der umgekehrte Fall ist ebenfalls möglich, d.h. eine Wirksamkeit von Remicade bei Patienten mit nachlassender oder unzureichender Wirksamkeit von Enbrel.

 

Eine ganz andere Option ist der Wechsel auf ein ganz anderes Therapieprinzip innerhalb der Gruppe der biologischen Therapien, nämlich die Blockade von Interleukin-1 durch den Interleukin-1-Rezeptorantagonisten (IL-1-RA) Anakinra (Kineret). Derzeit laufen zur Therapie des M. Bechterew mit Kineret erste klinische Pilotstudien. Kineret ist allerdings für die Therapie des M. Bechterew oder andere Spondylarthropathien derzeit noch nirgendwo zugelassen, so dass sich Probleme mit der Kostenübernahme durch die Krankenkassen und / oder Beihilfestellen ergeben können.

 

Dieselbe Situation liegt für den derzeit in der Zulassungsphase für die rheumatoide Arthritis befindlichen TNF-alpha-Antikörper D2E7 vor. Diese Substanz ist ein vollständig humanisierter TNF-alpha-Antikörper, d.h. im Unterschied zu Infliximab enthält D2E7 keinen Mausanteil. Damit stellt sich in der Tat bei dieser Substanz die Frage nach einer Bildung von humanen antichimären Antikörpern (HACAs) nicht.

 

Für D2E7 liegen aber meines Wissens überhaupt noch keine publizierten Erfahrungen für den Einsatz beim M. Bechterew oder anderen Spondylarthropathien vor, so dass gegenwärtig eine Anwendung von D2E7 zur Therapie dieser Erkrankungen nur innerhalb klinischer Studien möglich sein dürfte.

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