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Fragen und Antworten

Eine Frage von Gisela R.:

Ich soll wegen starker Erosionen mit einem TNF-alpha-Blocker (Enbrel) behandelt werden. Heute bekam ich einen Anruf, daß die ersten 4 Spritzen für mich in der Praxis bereitstehen. In der Vorbesprechung habe ich meinem Rheumatologen gesagt, daß ein Familienurlaub über Weihnachten in den Bergen ansteht. Nun wird mir gesagt, daß

 

1. zu Anfang der Therapie ein Urlaub nicht ratsam ist und

2. ich das Präparat ständig auf 2 bis 6 Grad gekühlt transportieren muß.

 

Da ich dienstlich viel unterwegs bin, frage ich mich nun, ob Enbrel das richtige Medikament für mich ist. Ich fahre teilweise mit dem Auto, mit dem Zug oder benutze das Flugzeug.

 

Können Sie mir eine Alternative empfehlen?

Mein Rheumatologe kann mir keinen Rat geben.

 

Ich bedanke mich herzlich im voraus für Ihre baldige Antwort.

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 7.12.2004:

Grundsätzlich sollte man eine neue langwirksame antirheumatische Therapie nicht unmittelbar vor einem geplanten Urlaub beginnen. Dies betrifft jedes Präparat und hat den Hintergrund, daß man nie vorhersagen kann, wie ein individueller Patient auf ein neues Medikament reagiert. Nun ist der 8. Dezember nicht unmittelbar vor einem geplanten Urlaub über Weihnachten, so daß man je nach Lage der Dinge überlegen kann, ob man bereits jetzt mit Enbrel beginnt (was zur Folge hätte, daß man im günstigsten Fall, d.h. bei schnellem Wirkungseintritt, ein völlig neues Urlaubsgefühl hätte) oder ob man besser mit der Therapie bis nach dem Urlaub wartet. Wie man sich im Einzelfall entscheidet, hängt von der aktuellen Krankheitsaktivität, möglichen Begleiterkrankungen, einer möglichen Begleitmedikation, den Erfahrungen mit anderen Medikamenten in der Vergangenheit und weiteren ähnlichen Gesichtspunkten ab, nicht zuletzt auch davon, wohin man fährt (es ist natürlich ein Unterschied, ob man den Winterurlaub in Garmisch-Partenkirchen oder in den südlichen Anden verbringt) und ob es möglich ist, den Rheumatologen über den Urlaub notfalls telefonisch zu erreichen.

Eine intensivere Reisetätigkeit ist aus meiner Sicht und insbesondere auch nach den Erfahrungen der Patienten kein Grund, auf eine Therapie mit Enbrel zu verzichten.

Ich zitiere einfach einmal aus einer Postkarte, die ich gerade gestern von einer meiner Enbrel-Patienten aus Neuseeland bekommen habe:

„… Sehr geehrter Herr Dr. Langer,

herzliche Grüße aus Neuseeland. Die von mir befürchteten logistischen Probleme haben sich bislang als unbegründet erwiesen. Enbrel „übernachtet“ jeweils in der Minibar, meistens passen die Kühlakkus sogar in das Gefrierfach der Minibar, sonst gebe ich sie abends an der Rezeption ab und bekomme sie morgens tiefgefroren zurück. Den langen Flug haben die Spritzen incl. Kühlakkus in der Kühltasche von Enbrel (kostenlos von der Firma) gut überstanden. Vielleicht machen meine Erfahrungen anderen Patienten Mut.

Herzliche Grüße
Ihre Rosemarie K.  

…“

In meiner Praxis werden eine ganze Reihe von Patientinnen und Patienten mit Enbrel behandelt, die aus privaten oder beruflichen Gründen viel unterwegs sind, z.T. auch häufig interkontinental reisen. Der Transport von Enbrel war dabei nie ein Problem. Ein wichtiger Gesichtspunkt ist im übrigen, daß man bei einer innerdeutschen Reisetätigkeit, bei der man ja in der Regel meistens nur einige Tage unterwegs ist, durch ein günstiges Timing sogar oft vermeiden kann, daß man größere Menge Enbrel mit sich führen muß. Meist ist man ja am Wochenende zuhause, so daß die zweite Spritze beispielsweise am Mittwoch dran wäre. Ist man Mittwochs unterwegs, kann man dann ohne Probleme die Injektion auch auf Donnerstag verschieben. Wobei es bei innerdeutschen Flügen oder auch im Zug oder Auto überhaupt keine Schwierigkeiten macht, ein oder zwei Portionen Enbrel in der entsprechenden Kühlbox mitzunehmen. Diabetiker, die z.T. mehrmals täglich Insulin spritzen müssen, machen uns doch vor, daß es selbst dabei keine Probleme mit der Logistik, insbesondere auch der Kühlkette, gibt.

Ein weiterer Gesichtspunkt: Es gibt eine klinische Studie, nach der es von der Wirksamkeit und der Verträglichkeit her keinen Unterschied macht, ob man Enbrel zweimal in der Woche mit jeweils 25 mg spritzt oder einmal in der Woche mit 50 mg. Bei der Therapie der Schuppenflechte erfolgt die Einleitung der Enbrel-Therapie sogar standardmäßig mit 50 mg-Injektionen. In den USA ist dazu sogar ganz aktuell eine 50-mg-Spritze Enbrel zugelassen worden, die derzeit bei uns in Deutschland aber noch nicht zur Verfügung steht. Was man daraus aber für Ihr mögliches Problem ableiten kann: Im Zweifelsfall ist es auch möglich, bei einer anstehenden Dienstreise die zweite Spritze vorzuziehen und zusammen mit der üblichen Dosis zu verabreichen. Die nächste Injektion wäre dann wieder zum normalen Termin fällig, beispielsweise wieder am Wochenende.

Wenn Sie zu diesem Thema mehr lesen möchten: Im Forum und unter meinen Antworten auf User-Fragen gibt es dazu eine ganze Reihe sehr nützlicher Informationen.

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