Neue Empfehlungen zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis
Zum heutigen Welt-Rheuma-Tag die aktuellen Empfehlungen eines europäischen Expertengremiums: Früher Behandlungsbeginn und regelmäßige Kontrolle sind die Eckpfeiler einer erfolgreichen Therapie.
Mitglieder eines europäischen Lenkungskomitees haben neue Empfehlungen zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) ausgearbeitet. Ihre Erkenntnisse wurden vor kurzem auf dem EULAR-Kongress (= European League Against Rheumatism) in Wien vorgestellt.
Während einer Pressekonferenz erklärte Dr. Maxime Dougados vom Hôpital Cochin in Paris, dass die Ergebnisse nun von einer weiteren Expertengruppe überarbeitet würden und eine endgültige Version der Empfehlungen im weiteren Verlauf des Jahres zu erwarten sei.
EULAR-Präsident Dr. Tore Kvien erwartet sich hiervon eine deutliche Verbesserung des Behandlungsstandards.
Dr. Bernard Combe vom Hôpital Lapeyronie in Montpellier, der das Lenkungskomitee leitete, machte deutlich, dass die Behandlung der frühen rheumatoiden Arthritis nicht nur in den einzelnen Ländern unterschiedlich gehandhabt wird. Auch bei den verschiedenen Arzt-Fachrichtungen (z.B. Rheumatologen oder Allgemeinmediziner) und den Institutionen (z.B. Universitäts-Kliniken oder Praxen niedergelassener Ärzte) gebe es viele Behandlungsvariationen. Ein Teil der Bemühungen diente daher der Entwicklung von standardisierten Behandlungsstrukturen.
Dr. Robert Landewe vom Universitätskrankenhaus in Maastricht will diese Empfehlungen auch als politisches Instrument verstanden wissen, mit dem das Interesse der Regierungen an dieser Erkrankung erhöht werden soll (Anm. der Redaktion: und damit auch die finanzielle Unterstützung der Betroffenen sowie der mit der Behandlung befassten Institutionen; Stichwort: Integrierte Versorgung, Früharthritisklinik).
Diskussionsgrundlage des Komitees waren sowohl umfangreiche Patientendaten als auch die Expertenmeinungen von 16 Rheumatologen aus 10 europäischen Ländern.
Die Empfehlungen zur Diagnose
Frühe rheumatoide Arthritis ist charakterisiert durch die Anwesenheit geschwollener Gelenke, begleitet von Bewegungseinschränkung und Schmerz. Unbehandelt ist mit dem Fortschreiten der Erkrankung bis hin zur Invalidität zu rechnen.
Die erste Empfehlung lautet daher: Frühestmöglicher Kontakt zu einem Rheumatologen muss gewährleistet sein– idealer Weise innerhalb von 6 Wochen nach dem Auftreten der ersten typischen Symptome. Diese Zeitspanne berücksichtigt das inzwischen allgemein anerkannte „window of opportunity“, ein therapeutisches Zeitfenster, das die beste Chance bietet, eine Remission zu erreichen.
Eine ärztliche Untersuchung mit sorgfältiger Anamnese der Krankheitsgeschichte ist für die Erstdiagnose das Mittel der Wahl, unterstützt von technischen Methoden wie zum Beispiel einer Magnetresonanztomographie (Kernspintomographie).
Um andere Erkrankungen sicher ausschließen zu können, müssen auch verschiedene Labortests durchgeführt werden, wie Blutzellstatus, Urinanalyse und spezifische Antikörperuntersuchungen.
Die Eingangsuntersuchung sollte in der Regel folgende Werte ermitteln :
- Zahl und Lokalisation der geschwollenen und schmerzhaften Gelenke
- Blutsenkungsgeschwindigkeit und CRP-Wert als Maß für die Entzündungsaktivität
- Rheuma-Faktor
- Antinukleäre Antikörper
- vorhandene Erosionen in den Gelenken durch radiologische Messung (Röntgenbilder von Händen und Füßen)
Die Empfehlungen zur Therapie
Große Bedeutung hat die möglichst rasche Behandlung mit einem langwirksamen Antirheumatikum ("Basismedikament", DMARD), insbesondere bei den Patienten, die mit einem chronischen oder erosiven Verlauf ihrer Arthritis rechnen müssen. Dies gilt auch dann, wenn sie die klassischen Kriterien einer entzündlichen rheumatischen Erkrankung zunächst nicht erfüllen. Hier ist dann gerade bei einer beginnenden rheumatoiden Arthritis die Erfahrung des behandelnden Rheumatologen besonders gefragt.
Das Hauptziel einer Behandlung mit DMARDs ist das Erreichen einer Remission. Die regelmäßige Überwachung der Erkrankungsaktivität ist wichtig, um frühzeitig die Notwendigkeit einer Änderung der Behandlungsstrategie zu erkennen.
Methotrexat (Mtx) ist allgemein als Ausgangsmedikament anerkannt. Zur Schmerzlinderung und Abschwellung können zu Beginn der Behandlung systemische Cortisongaben in möglichst geringer Dosis zusätzliche Verwendung finden. Auch eine Injektion von Cortison direkt in die Gelenke kann zur Bekämpfung der Entzündung erwogen werden.
Cortisonfreie Entzündungshemmer ("nicht-steroidale Antirheumatika, NSAR) als antientzündliche Medikamente können ebenfalls als Zusatzmedikation eingesetzt werden. Allerdings muss hier die Situation des Magen-Darm-Traktes, der Nieren sowie des kardiovaskulären Systems (Herz, Kreislauf) berücksichtigt werden, um die bekannten Nebenwirkungen dieser Medikamente unter Kontrolle zu halten.
Hilfreich empfinden viele Patienten auch physikalische Maßnahmen, wie Ergotherapie, Hydrotherapie und krankengymnastische Übungen.
Ein weiterer Aspekt ist eine umfassende Information der Patienten über ihre Erkrankung und eine entsprechende Patientenschulung, die den Betroffenen helfen soll, mit ihrer Erkrankung besser umgehen zu können.
Die Empfehlungen zur Kontrolle
Zur Überwachung der Krankheitsaktivität sind bis zum Erreichen der Remission je nach Aktivität der RA 1- bis 3-monatige Intervalle erforderlich.
Standard sollte sein:
- Erfassung der schmerzenden und geschwollenen Gelenke
- Kontrolle der Blutwerte: bes. Leberwerte, CRP und BSG
- Ermittlung von HAQ (Health Activity Score) und DAS (Disease Activity Score)
Erfassung des radiologischen Fortschreitens der RA (durch Röntgen alle 6-12 Monate während der ersten Jahre der Erkrankung)
Die Ärzte des Komitees kommen zu dem Schluss, dass durch die Entwicklung neuer und effizienter Medikamente bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis die Notwendigkeit einer frühzeitigen umfassenden Diagnose mit anschließender hochwirksamer Therapie in den Focus gerückt wurde.
Bei Einhaltung der erarbeiteten Empfehlungen und Therapiestandards sei nach ihrer Meinung mit deutlich verbesserten Therapieerfolgen zu rechnen – zum Wohle der Patienten.