Ciclosporin (Cyclosporin A): Die Geschichte seiner Entdeckung und die Entwicklung zum anwendungsfertigen Medikament
Der Immunologe Prof. Jean Borel, der wesentlich an der Strukturaufklärung und an der Entdeckung des Wirkmechanismus von Ciclosporin beteiligt war, hat die Wirkungsweise dieser Substanz einmal so veranschaulicht: "Vergleicht man die Immunantwort mit beißenden Hunden, dann ist Cyclosporin A ein Maulkorb, der bestimmte Zellen des Immunsystems am Beißen hindert, ohne sie umzubringen", erklärte er.
Allerdings dauerte es noch eine ganze Zeit, bis aus dem neuen Wirkstoff ein anwendungsfertiges Medikament wurde. Ein Problem, das sich zunächst ergab, war die extreme Hydrophobie von Ciclosporin, d.h. die Substanz ließ sich nicht in Wasser auflösen. So gelang es anfangs nicht, durch die Verabreichung von Ciclosporin in Kapseln ausreichende Wirkspiegel im Blut zu erreichen. Aus den Anfängen der Transplantationsmedizin erinnere ich mich noch daran, daß die Patienten Sandimmun zusammen mit Kakao einnehmen mussten, da die Aufnahme der Substanz durch die ölige Kakaolösung verbessert wurde. Außerdem ließ sich dadurch der zunächst weniger überzeugende Geschmack der Substanz besser ertragen. Ein wesentlicher Schritt war nach einer Reihe von systematischen Versuchen die Entdeckung, daß sich Ciclosporin in einer olivenölhaltigen Mischung binden ließ. Dies führte zur Herstellung einer Lösung, mit der der Wirkstoff effektiv ins Blut aufgenommen wurde.
Sandimmun wurde zunächst in der Transplantationsmedizin eingesetzt, um die Abstoßung von übertragenen Organen, z.B. nach einer Nierentransplantation, zu verhindern. Dabei zeigte sich, daß es allen bisher verwendeten Medikamenten und Verfahren zur Verhinderung einer Transplantatabstoßung weit überlegen war. Ciclosporin ist das Medikament, von dem man heute nach mehr als zwei Jahrzehnten wahrscheinlich mit Recht behaupten darf, daß es die Nachbehandlung nach Organtransplantationen revolutioniert hat. Die heutigen grandiosen Erfolge verdankt die Transplantationschirurgie unter anderem dem Sandimmun.
Basierend auf den Erfahrungen aus der immunsuppressiven Therapie in der Transplantationsmedizin wurde Ciclosporin erstmals 1979 bei einzelnen Patienten und in kleinen Pilotstudien zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen eingesetzt und erlangte in den folgenden Jahren rasch eine wesentliche Bedeutung bei der Therapie von Autoimmunerkrankungen. Bei diesen Erkrankungen richtet sich das Immunsystem gegen körpereigene Strukturen, z.B. die Gelenkknorpel oder die Gelenke wie bei der Arthritis, das Bindegewebe wie bei den Kollagenosen, die Gefäße wie bei den Vaskulitiden oder auch andere Strukturen wie der Haut bei der Schuppenflechte (Psoriasis) oder dem Auge wie bei der Regenbogenhaut-Entzündung („Uveitis“) .
In klinischen Studien konnte gezeigt werden, daß durch Ciclosporin diese fehlgeleitete Reaktion des Immunsystems („Autoimmun-Reaktion“) unterdrückt werden kann und sich z.B. bei der rheumatoiden Arthritis die resultierenden Symptome wie Gelenkentzündung und entzündlich bedingte Gelenkzerstörung hemmen lassen.
Nach intensiven Forschungsarbeiten erfolgte 1983 die offizielle Zulassung von Sandimmun und die Markteinführung für die Transplantationsmedizin. 1987 wurden die ersten größeren klinischen Studien zur Therapie der rheumatoiden Arthritis begonnen. Nach einer umfangreichen Entwicklungsphase wurde 1998 die Zulassung für die Behandlung der schweren rheumatoiden Arthritis erteilt. In der alltäglichen Praxis hatten die Rheumatologen die Substanz bei Patienten mit schweren Verläufen und bei unzureichender Wirksamkeit anderer langwirksamer Antirheumatika schon seit Beginn der 90er Jahre in größerem Umfang außerhalb der offiziellen Zulassung für die Therapie dieser Erkrankung eingesetzt.
Ein wichtige Verbesserung war Mitte der 90er Jahre die Entwicklung einer Mikroemulsion, d.h. einer speziellen, optimierten Zubereitungsform des Präparats. Die ursprüngliche Zubereitungsform war durch eine sehr hohe Störanfälligkeit bei der Resorption gekennzeichnet. So wurde die Aufnahme in den Körper durch zahlreiche Faktoren beeinflußt, u.a. auch durch die Nahrungsaufnahme und verschiedene Nahrungsmittel. Die Folge waren stark schwankende Wirkspiegel und erhebliche Beeinträchtigungen von Wirksamkeit und Verträglichkeit. Durch die neue Zubereitungsform als Ciclosporin-Mikroemulsion, die 1994 unter dem Namen Sandimmun Optoral oder Neoral in den Markt eingeführt wurde und die identisch auch in Immunosporin enthalten ist, konnte die Resorption des Medikaments, die Verfügbarkeit im Körper und die Erzielung stabiler Wirkspiegel entscheidend verbessert werden.
Der Unterschied zwischen der herkömmlichen Ciclosporin-Formulierung und der Mikroemulsions-Formulierung besteht darin, daß zwar beide Formulierungen Ciclosporin enthalten, aber die Zusammensetzung der Hilfsstoffe unterschiedlich ist. Bei der optimierten Mikroemulsions-Formulierung liegt der Wirkstoff sehr fein verteilt in einer homogenen Emulsion vor. Damit ist die Bioverfügbarkeit, d.h. die Verfügbarkeit der Wirksubstanz im Körper, höher. Gleichzeitig erfolgt die Aufnahme von Ciclosporin im Körper gleichmäßiger und ist weitestgehend unabhängig von der Nahrungsaufnahme. Außerdem unterliegt die Ciclosporin-Konzentration im Blut weniger Schwankungen. Für die Patienten brachte die Einführung der Mikroemulsion entscheidende Vorteile.
Seit dem 01.01.2004 gibt es Ciclosporin unter dem Handelsnamen Immunosporin speziell für Patienten mit Autoimmunerkrankungen - ebenfalls in der optimierten Mikroemulsion.
Ein Unterschied zwischen Sandimmun Optoral und Immunosporin ist u.a. eine patienten-freundliche Aufmachung und eine auf die Rheumatologie und klinische Immunologie abgestimmte Gebrauchsinformation, die nicht mehr an das Transplantationspräparat angelehnt ist. Mit der Einführung von Immunosporin bietet Novartis als pharmazeutischer Hersteller zugleich spezielle Serviceleistungen und Fachgruppen-spezifischere Informationen an, um den individuellen Anforderungen von Arzt und Patient gerecht zu werden.
Dieser Pilz wächst natürlicherweise in torfigen, alpinen Böden und kommt u.a. auch auf dem norwegischen Fjell vor. Hans Peter Frey, ein Wissenschaftler des großen Schweizer Pharma-Unternehmens Sandoz fand ihn dort 1970 während seines Urlaubs im Gebiet der Hardanger Vidda und brachte ihn in das Forschungslabor in Basel mit.
Weitere Informationen zur Geschichte von Ciclosporin:
- Novartis Webseite
- http://www.transplantationschweiz.ch/files/3-D.pdf
- http://www.elfenbeinturm.net/archiv/2000/bot2.html
- http://lungenhochdruck.ch/php/news1.php?aktion=detail&id=41
In der Folge wurde in umfangreichen Analysen entdeckt, daß Ciclosporin ein besonderes Immunsuppressivum ist, das sich von den anderen bekannten immunsuppressiven Medikamenten durch einen ganz speziellen Wirkmechanismus unterscheidet.
So ist Ciclosporin in der Lage, gezielt bestimmte Zellen der körpereigenen Abwehr zu hemmen. Gleichzeitig wird durch Ciclosporin die Funktion der übrigen Immunzellen nicht im selben Umfang beeinflußt, so daß das Immunsystem beim Großteil seiner eigentlichen biologischen Aufgaben, z.B. bei der Abwehr von Infektionen, nicht so stark wie bei vielen anderen Immunsuppressiva beeinträchtigt ist.
Immunosporin (Wirksubstanz: Ciclosporin) ist ein sogenanntes Immunsuppressivum, d.h. ein Medikament, das eine Überfunktion oder Fehlfunktion des Immunsystems unterdrückt. Es wird in der Rheumatologie und klinischen Immunologie zur Therapie der rheumatoiden Arthritis (chronischen Polyarthritis) und anderer entzündlich-rheumatischer und immunologischer Erkrankungen eingesetzt.
Der in Immunosporin enthaltene Wirkstoff Ciclosporin (die ursprüngliche Bezeichnung war Cyclosporin A) wurde erstmals in den Sporen (deshalb die Endung -sporin) eines Pilzes mit dem Namen Tolypocladium inflatum Gams entdeckt.