Psoriasis: Therapiepause ist der nächste Schritt zur individuellen Therapie

„Studien zeigen, dass manche Biologika auch zur intermittierenden Behandlung geeignet sind; also dafür, dass sie bei gleichbleibender Gesundheit, ohne weiteres für einige Wochen oder Monate ausgesetzt werden können“, berichtete Ao. Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Riedl, Leiterin der Ambulanz für chronische entzündliche Hauterkrankungen an der Univ. Klink für Dermatologie im AKH Wien, anlässlich einer Pressekonferenz im Hotel Le Meridien.

(Montag, 03.12.2007, Theodoros Ioannidis)

Ao.Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Riedel ist Dermatologin an der Universitätsklinik, AHK Wien

Ausgedehnte Schuppenflechte mit Befall großer Hautareale des gesamten Körpers. Neben den oft schmerzhaften Schädigungen der Haut kann die Erkrankung auch die sozialen Aktivitäten und das berufliche Leben der Betroffenen beeinträchtigen sowie zu vermindertem Selbstbewusstsein und sozialer Isolation führen. r-o-Foto: Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer

Psoriasis ist eine nicht ansteckende, chronische Autoimmunerkrankung, die durch erhabene, entzündete und schuppige Hautläsionen („Plaques“) gekennzeichnet ist. Typisch ist eine Lokalisation an der Streckseite von Armen und Beinen, z.B. im Bereich der Ellenbogen oder unterhalb der Knie. r-o-Foto: Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer

Dr. Ulrike Mossbacher arbeitet als Dermatologien und Psychotherapeutin in Wien

Für viele Betroffene ein besonders großes Problem: Die Beteiligung von Finger- und Fußnägeln, hier mit einer vollständigen Auflösung des Nagels ("Onycholyse" von griech. onyx (Nagel) und lyse = Auflösung). r-o-Foto: Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer

Ein typischer Befund bei der Psoriasis-Arthritis: Die Daktylitis. Hier eine Manifestation mit einem "Wurstzeh" am Fuß. r-o-Foto: Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer

Frau Gabriela Trpisovsky ist kaufm. Angestellte und Mutter zweier Kinder

Psoriasis (Schuppenflechte) ist eine chronische entzündliche Erkrankung, die sich an der Haut manifestiert. Klinisch präsentiert sich die Krankheit meist als chronisch stationäre Form mit rötlichen Herden und silbrig weißen Schuppen. Die Läsionen können jucken, durch Kratzen entstehen oberflächlichen Blutungen. Nagelveränderungen im Rahmen der Psoriasis sind häufig.  Fünf bis 20 Prozent der Patienten entwickeln im Krankheitsverlauf eine Psoriasis- Arthritis, die unbehandelt zu bleibenden Gelenkschäden führt.

Die genaue Ursache der Psoriasis ist unbekannt. Bei der Auslösung der Erkrankung spielen neben der erblichen Veranlagung Umweltfaktoren eine Rolle. Die Mechanismen, die direkt zur psoriatischen Entzündungsreaktion führen, stehen im Zentrum intensiver Forschung. Es kommt zum Einwandern von T-Zellen, Entzündungszellen des Immunsystems, in die Haut: Die eigentliche Aufgabe von T-Zellen ist die Abwehr von Krankheitserregern. T-Zellen setzen Botenstoffe (Zytokine) frei, wodurch weitere Entzündungszellen angelockt werden. In der Haut von Psoriatikern befinden sich übermäßig viele T-Zellen (ohne dass ein Krankheitserreger vorliegt), die Zytokine freisetzen und so die Entzündungskaskade in Gang setzen: Einwandern von weiteren Entzündungszellen in die Haut, Erweiterung von Blutgefäßen und überschießendes Wachstum der hornschichtbildenden Zellen (Keratinozyten) mit unvollständiger Ausreifung (Verhornung). Endzustand der Entzündung sind die typischen roten Psoriasisherde mit festhaftenden Schuppen, deren mechanische Ablösung (zum Bespiel durch Kratzen) zu Blutungen führt.

„Um die Krankheit in den Griff zu bekommen, gibt es verschiedene Ansätze“ berichtet Riedl. „Zu oberst steht intensive Körperpflege und die systemische Behandlung mit medikamentöser Therapie. Die neueste Wirkstoffgruppe sind die Biologika , die sich in zahlreichen Studien als effektiv und weitgehend sicher erwiesen haben, und die Lebensqualität der Patienten signifikant verbessern konnten.“

Biologika werden biotechnologisch hergestellt und greifen an wichtigen Schnittstellen des Entzündungsvorgangs in das Krankheitsgeschehen ein.

In Europa sind derzeit drei Biologika (Efalizumab , Etanercept  und Infliximab) zur Behandlung der mittelschweren und schweren Plaque- Psoriasis zugelassen.

Sie kommen zur Anwendung, wenn die traditionellen Behandlungen nicht oder nicht ausreichend wirksam sind oder aus anderen Gründen nicht eingesetzt werden können (z.B. wegen Unverträglichkeiten, Nebenwirkungen oder medizinischen Gegenanzeigen).

Die Vorgehensweise ist dabei in der Dermatologie anders als in der Rheumatologie. Bei der Therapie der Psoriasis-Arthritis muß die Behandlung kontinuierlich erfolgen, um das Fortschreiten der Erkrankung zu stoppen und die entzündliche Zerstörung von Knochen und Gelenken zu verhindern.

Im Gegensatz dazu werden die Biologika bei der Therapie der Hauterkrankung nur befristet eingesetzt. Nach dem Verschwinden oder einem weitgehenden Rückgang der psoriatischen Plaques wird eine Therapieppause eingelegt und der weitere Verlauf beobachtet.

Diese Therapiepause hat mehrere Vorteile: „Die Behandlung richtet sich nach den Bedürfnissen des Patienten und kann an die Krankheitsaktivität angepasst werden“ sagt Riedl. Es besteht die Chance auf Auszeit, in der die Patienten nicht ständig mit ihrer Krankheit konfrontiert sind.
Eine intermittierende Behandlung ist außerdem in der Regel kostengünstiger als eine durchgehende Therapie.


„Für die Lebensqualität und Seele der Patienten ist es enorm wichtig, auch einmal Urlaub von Ihrer Krankheit nehmen zu dürfen“, meint Dr. Ulrike Moosbacher, Dermatologin und Psychotherapeutin in Wien.

Psoriasis kann durch psychische Faktoren getriggert werden. Stress und alltäglicher Ärger werden von den Betroffenen besonders belastend erlebt.

Viele Patienten sind durch ihre Krankheit und deren Therapie überfordert. Sie fühlen sich stigmatisiert, minderwertig, hilflos, ziehen sich zurück. Manche werden depressiv oder beginnen zu trinken.

Eine umfassende Hilfe zur Selbsthilfe und Anleitung zur Bewältigung des Alltags durch Ärzte und Psychologen, kann zur Verbesserung der Lebensqualität der Patienten beitragen.


Normales Leben durch Therapiepausen

„Nach Jahren, die ich mit schmieren, baden, Kinder wickeln und arbeiten
verbracht hatte, wurde ich depressiv“, sagt die heute 43-jährige Gabriela Trpisovsky, kaufmännische Angestellte, die seit 18 Jahren an Psoriasis erkrankt ist.
“Mit 42 dachte ich, ich hätte mich an die Krankheit gewöhnt“, doch dann kam es zu einem Schub. Nach der Umstellung von der herkömmlichen Therapie auf Biologika ließen die Symptome nach – ein Zustand, der auch während der Therapiepause aufrecht bleibt. „So habe ich die Möglichkeit mir in Absprache mit meiner Hautärztin eine Auszeit von der Therapie und somit von der Krankheit zu gönnen: Ein herrliches Gefühl, vor allem bei längeren Urlauben“, so Trpisovsky.

Psoriasis – Ein neues Leben mit Biologika

Wie begann die Erkrankung? Gabriela Trpisovsky schildert den Ausbruch der Erkrankung, als ob es erst gestern gewesen wäre. „An den ersten Tag meiner Psoriasis-Erkrankung kann ich mich noch heute gut erinnern. Ich war etwa 25 Jahre alt und saß mit Freunden in einer Vorstellung vom „Phantom der Oper“. Irgendwann begannen meine Arme zu jucken. Der Juckreiz wurde in den Tagen darauf immer stärker. Ich kratzte, es juckte mehr, ich kratzte weiter, es blutete. Dazu kam eine unerklärliche Gewichtszunahme. Meinem damaligen Hausarzt fiel als Therapievorschlag nicht mehr ein als: „Essen Sie weniger“, was erwartungsgemäß wenig half.

In den ersten Jahren zeigte sich die Krankheit an den Armen, den Ellenbogen und am Kopf – ich bandagierte mich ein, so gut es ging, und versuchte, die Krankheit zu verstecken. Mein Hautarzt empfahl Ölbäder und Ölhauben – alles wirksam zwar, nach einiger Zeit riecht aber jedes noch so duftende Babyöl unerträglich. Ganz zu schweigen davon, dass Kleidung, Bürsten, Handtücher – ja: einfach alles, ölig war.

Die Krankheit stresst, Stress begünstigt die Krankheit, ... 
Nach der ersten Schwangerschaft breitete sich die Psoriasis auf Rücken und Hüften aus, was die Pflege noch schwerer machte als bisher. Ich arbeitete, pflegte mein Kind, pflegte mich, pflegte das zweite Kind, dazwischen wieder stundenlang meine Haut, arbeitete. Die Psoriasis wurde stärker. Ich erhielt UVB-Behandlungen, die meine Haut verbrannten, ich erhielt UVA-Behandlungen samt den dazugehörigen starken Medikamenten. Nach Jahren, die ich mit schmieren, baden, Kinder wickeln und arbeiten verbracht hatte, wurde ich depressiv – und damit begann ein Teufelskreis: psychischer Stress begünstigt die Krankheit, die Krankheit begünstigt psychischen Stress, und so weiter.

Alles, was ein wenig Normalität in den Alltag einer Frau bringt, war tabu: duftende Lotionen, Deos, Parfums – allesamt reizen sie die Haut. Dauerwellen und Haarfarben konnte ich ohnehin vergessen: die Kopfhaut brannte, juckte und schuppte gleich noch mehr. Allein die Suche nach simpler, verträglicher Seife dauerte Tage. Ins Schwimmbad zu gehen, war eine Herausforderung für das Ego: Klar fragen die Menschen: „Was hat die denn da am Rücken?“. Manche fragen laut, manche hinter vorgehaltener Hand.

Normales Leben durch Therapiepausen
Ich lernte Frau Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Riedl von der Universitätsklinik für Dermatologie am AKH Wien kennen, die mir Biologika empfahl. Bisher komme ich damit sehr gut zurecht, die Nebenwirkungen halten sich in Grenzen, mein Leben normalisiert sich – vor allem durch die Option einer Therapiepause. So habe ich die Möglichkeit mir in Absprache mit meiner Hautärztin eine Auszeit von der Therapie und somit von der Krankheit gönnen: Ein herrliches Gefühl, vor allem bei längeren Urlauben.“

Quelle

Individuelle Psoriasistherapie - Psychosoziale Vorteile und deren medizinischer Nutzen

Pressegespräch am Donnerstag, 22. November 2007, 9:30 Uhr
im Le Meridien, Opernring 13-15, 1010 Wien

 

Copyright © 1997-2024 rheuma-online
rheuma-online Österreich
 
Alle Texte und Beiträge in rheuma-online wurden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Irrtümer sind jedoch vorbehalten. Alle Angaben sind ohne Gewähr. Jegliche Haftungsansprüche, insbesondere auch solche, die sich aus den Angaben zu Krankheitsbildern, Diagnosen und Therapien ergeben könnten, sind ausgeschlossen.