Morbus Wegener / Wegenersche Granulomatose

Die Wegenersche Granulomatose (M. Wegener, benannt nach ihrem Erstbeschreiber, dem Lübecker Pathologen Wegener) ist eine Erkrankung aus der Gruppe der nekrotisierenden Vaskulitiden. Charakteristisch ist die Bildung sogenannter Granulome. Werden diese nach einer Probeentnahme von Gewebe aus betroffenen Organen bei der feingeweblichen Untersuchung ("histologische Untersuchung", "Histologie") nachgewiesen, ist die Diagnose sicher.

Charakteristisch für einen M. Wegener ist die sogenannte "Kopfklinik", d.h. das Vorliegen von Krankheitserscheinungen im Bereich von Nasen, Ohren, Augen und Mund. Typische Symptome zu Krankheitsbeginn sind einzeln oder in Kombination:

  • Rhinitis: Entzündungen der Nasenschleimhaut mit blutigem Ausfluß aus der Nase
  • Sinusitis: Entzündungen der Nebenhöhlen (vor allem Nasennebenhöhlen, aber auch Stirnhöhlen und Kieferhöhlen) mit Ausbildung von großen Verschattungen im Röntgenbild
  • Otitis: Ohrenentzündung, vor allem Mittelohrentzündung, häufig mit Entzündung des sogenannten Mastoid-Knochens ("Mastoiditis") und eitrigem und/oder blutigem Ausfluß aus den Ohren
  • Skleritis/
  • Episkleritis Entzündung der Lederhaut oder der Bindegewebsschicht auf der Lederhaut
  • Stomatitis Entzündungen der Mundschleimhaut; dabei kann es zu großen Geschwüren ("Ulcera") im Mund kommen.

Weitere Symptome eines M. Wegener sind Hautinfarkte, die sich in der Regel als kleinere oder kleine Hautgeschwüre oder Hauteinblutungen ("Petechien") zeigen. Im Bereich des Bewegungssystems kommt es zur Entzündung von Gelenken(Arthritis), wobei vor allem große und mittelgroße Gelenke wie die Kniegelenke oder Sprunggelenke betroffen sind. Gefürchtet sind die häufigen Organbeteiligungen von Lunge und Niere. Eine Lungenbeteiligung äußert sich entweder durch Lungenblutungen oder Lungeninfarkte mit Ausbildung von Gewebshöhlen ("Kavernen"); es können aber auch diffuse Entzündungen im Lungengewebe auftreten, die dann sehr schwer von einer infektiös bedingten Lungenentzündung unterschieden werden können. Die Nierenbeteiligung führt zu einer Einschränkung der Nierenfunktion. Im ungünstigsten Fall kommt es zu einem akuten Nierenversagen oder zu einer fortschreitenden Nierenfunktionseinschränkung, die im Verlauf ebenfalls in ein Nierenversagen einmündet. Häufig ist eine Beteiligung des Nervensystems. Die Vaskulitis in den Gefäßen, die die Nerven versorgen, führt dabei zu Ausfällen einzelner Nerven an unterschiedlichen Stellen des Körpers (sogenannte Mononeuritis multiplex). Seltenere Manifestationen eines M. Wegener sind die Beteiligung anderer Organe wie Gehirn, Herz oder den Organen des Magen-Darmtraktes. Eine Vaskulitis in den darmversorgenden Gefäßen kann dabei zu schwersten Bauchschmerzen und starken Entzündungen des Darms führen ("Colitis"). Sie geht z.T. mit schweren Durchfällen einher. Da der Darm nicht mehr richtig arbeitet, kommt es zu sehr starken Gewichtsverlusten in sehr kurzer Zeit.

Die Symptomatologie und der Verlauf eines M. Wegener sind aber sehr unterschiedlich. So kann es neben schweren Verlaufsformen auch vergleichsweise milde, weniger gefährliche und bedrohliche Verläufe geben. Vermutlich hängen der Verlauf und die weitere Prognose auch davon ab, wie schnell die Diagnose gestellt wird und wie schnell mit einer gezielten Behandlung begonnen wird.

Diagnose der Wegenerschen Granulomatose

Hinweise auf die Diagnose einer Wegenerschen Granulomatose geben die oben genannten Symptome. Manchmal ist aber gerade zu Beginn der Erkrankung das Krankheitsbild nicht so typisch, so daß die Diagnose oft zunächst nicht gestellt wird. Beweisend für die Diagnose eines M. Wegener ist der feingewebliche Nachweis einer granulomatösen Vaskulitis (siehe oben). Sehr hilfreich ist für die Diagnose der Wegenerschen Granulomatose ein Bluttest, bei dem sogenannte ANCA (anti-Neutrophilen-cytoplasmatische Antikörper) nachgewiesen werden. Die c-ANCA sind sehr spezifisch für den M. Wegener; allerdings sind sie nicht bei allen Patienten mit einer Wegenerschen Granulomatose zu jedem Zeitpunkt und in jedem Krankheitsstadium nachweisbar. Oft sind c-ANCA gerade zu Krankheitsbeginn noch nicht festzustellen. Ein fehlender c-ANCA-Befund spricht deshalb nicht gegen die Diagnose eines M. Wegener.

Therapie der Wegenerschen Granulomatose

Die Wegenersche Granulomatose ist eine sehr gefährliche und potentiell lebensbedrohende Erkrankung. Sie erfordert deshalb eine umfassende Diagnostik und eine frühzeitige, aggressive, konsequente und kompetente Therapie, nach Möglichkeit in einem spezialisierten Zentrum.

Grundsätzlich kann die Therapie in drei Phasen unterschieden werden:

1. Induktionstherapie

Das Ziel der Induktionstherapie ist die Erzielung einer Remission, d.h. einer Kontrolle der Symptome und einer Normalisierung der krankhaften Befunde. Gültiger Standard ist die Therapie mit anfangs hohen Dosen von Cortison sowie bei Organbeteiligungen der Einsatz von Cyclophosphamid (Endoxan). Gerade der Einsatz von Cyclophosphamid hat die Prognose der Wegenerschen Granulomatose entscheidend verbessert und die zuvor hohe Sterblichkeitsrate drastisch gesenkt. In der Induktionsphase ist dabei die tägliche Gabe von Endoxan der sogenannten Bolustherapie (Gabe von größeren Dosen im Abstand von 4 Wochen) deutlich überlegen. Studien sprechen sogar dafür, daß sich mit einer Bolustherapie keine Remission erzielen läßt und die Bolustherapie damit als Induktionstherapie nicht geeignet ist. Allerdings ist die Endoxantherapie selber auch nicht ganz ungefährlich. Gefürchtet sind vor allem die damit verbundenen möglichen Infektionskomplikationen. Da Endoxan und seine Stoffwechselprodukte vorwiegend über die Nieren ausgeschieden werden und dabei auch Substanzen entstehen, die die Schleimhäute stark reizen, kann die Endoxantherapie zu einer Blasenentzündung führen (Endoxan-Cystitis; Cystitis). Diese Komplikation kann durch die Gabe einer speziellen Substanz (Uromitexan, Mesna) verringert oder vermieden werden. Ein Hauptproblem von Endoxan besteht darin, daß es zu Langzeitschäden kommen kann, wenn in Laufe der gesamten Therapiedauer eine sogenannte kumulative Dosis von 50g überschritten wird. Mit dieser Menge wächst insbesondere das Risiko, später einmal an einer Tumorerkrankung zu erkranken, vor allem an Tumorerkrankungen im Bereich der Blutbildung. Um das Risiko abschätzen zu können, sollte deshalb bei Endoxantherapie regelmäßig über die kumulative Dosis Buch geführt werden.

2. Konsolidierungstherapie

Wenn eine Remission der Erkrankung eingetreten ist, geht es darum, diese zu erhalten. Dazu kommen je nach individueller Situation (Manifestationen der Erkrankung, Erkrankungsschwere, Komplikationen der Erkrankung selber oder der Therapie) unterschiedliche Strategien zum Einsatz. Bei hoher Krankheitsaktivität, schweren Organmanisfestionen und hoher Rezidivgefahr (Gefahr eines Rückfalls) kann in einem ersten Schritt versucht werden, die Menge an insgesamt eingesetztem Endoxan durch Wechsel auf eine Bolustherapie zu verringern. Studien überprüfen, ob dieses Verfahren bei der Konsolidierung Vorteile gegenüber der täglichen Endoxanverabreichung bietet. Im Gegensatz zu den Daten zur Induktionstherapie deuten die Ergebnisse darauf hin, daß die Bolustherapie mit Endoxan zur Konsolidierung geeignet ist. Dazu wird Endoxan einmal in 4 Wochen als Infusion gegeben. Da die Menge von Endoxan nur etwa einem Drittel der Menge bei täglicher Verabreichung entspricht, läßt sich damit die kumulative Dosis deutlich verringern.

Ebenfalls in Studien wird überprüft, ob sich eine gute Konsolidierung durch den Wechsel auf das vergleichsweise gut verträgliche und weniger gefährliche Methotrexat erzielen läßt. Auch hier sprechen die Daten dafür, daß Methotrexat in Abhängigkeit vom Einzelfall zum Remissionserhalt eingesetzt werden kann. Methotrexat ist insofern eine gute therapeutische Option bei einer wahrscheinlich größeren Zahl von Wegener-Patienten.

3. Rezidivprophylaxe

Bei anhaltender Remission reicht bei einem Teil der Patienten mit Wegenerscher Granulomatose eine Prophylaxe mit einem Sulfonamid-Antibiotikum (Kombination von Trimethoprim + Sulfametoxazol, Handelsname z.B. Bactrim oder Eusaprim) aus. Der Wirkmechanismus dieser Therapie ist unklar; die Wirksamkeit dieses Verfahrens ist jedoch durch entsprechende Studien für eine Untergruppe von Patienten mit prognostisch eher günstigem Verlauf belegt.

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