Sie sind hier: rheuma-online » Rheuma von A-Z » S » Sarkoidose

Sarkoidose

Die Sarkoidose ist seltene Erkrankung, bei der es zu einer starken Überreaktion des Immunsystems kommt und die mit einer Vielzahl von ganz unterschiedlichen Krankheitsmanifestationen und Symptomen einhergeht. Sie kann praktisch jede Struktur des Organismus befallen. Für die Rheumatologie bedeutsam sind zum einen ihre Manifestationen am Bewegungssystem, vor allem an den Gelenken, der Muskulatur und den Knochen. Zum anderen lassen sich zahlreiche Erfahrungen aus der Therapie entzündlich-rheumatischer und immunologischer Erkrankungen auf die Therapie der Sarkoidose übertragen. So kommen auch Medikamente für die Therapie der Sarkoidose zum Einsatz, mit denen in der Rheumatologie und Immunologie bereits umfangreiche Erfahrungen im Hinblick auf ihre Chancen, aber auch ihre Risiken und Techniken der Risikobegrenzung bestehen.

Ursache der Sarkoidose

Die genaue Ursache der Sarkoidose ist unbekannt. Weil die Sarkoidose oft mit einer Lungenbeteiligung beginnt und die meisten Patienten mit einer Sarkoidose irgendwann im Verlaufe der Erkrankung auch eine Lungenbeteiligung haben, vermutet man, daß sogenannte "inhalative Noxen" eine Rolle für die Auslösung einer Sarkoidose spielen könnten. Inhalative Noxen (inhalativ = durch Einatmen; Noxen = Schädigungen; Beeinträchtigungen) sind Schädigungen, die durch das Einatmen ("Inhalieren") von Stoffen hervorgerufen werden. Ob es sich dabei um Stäube oder um Chemikalien, Erreger wie Bakterien, Viren oder Pilze oder um Pollen oder ähnliches handelt, ist völlig unklar. Es liegt noch nicht einmal ein Beweis dafür vor, daß die Sarkoidose überhaupt durch solche inhalativen Noxen ausgelöst werden könnte.

In der Folge eines unbekannten Auslösers kommt es dann zu einer überschießenden Reaktion des Immunsystems, über die man im Gegensatz zur Ursache und zu den Auslösern der Erkrankung bereits sehr viel mehr weiß.

So kommt es bei den meisten Patienten zu Beginn einer Sarkoidose zu einer sogenannten lymphozytären Alveolitis, d.h. einer Entzündung der Lungenbläschen (Alveolen), bei der eine bestimmte Sorte von Abwehrzellen, die Lymphozyten, die vorherrschende Rolle spielen.

Im weiteren Verlauf entwickelt sich dann eine sogenannte granulomatöse Entzündung, d.h. es kommt zur Bildung von Granulomen, das sind Knötchen im Gewebe, die bei der feingeweblichen Untersuchung ("histologischen Untersuchung") ein ganz typisches Bild aufweisen ("nicht-verkäsende Granulome"; "epitheloidzellige Granulome ohne zentrale Nekrose").

In den befallenen Organen ist die Aktivität der Abwehrzellen wesentlich erhöht; man spricht von einer verstärkten zellulären Immunität in den befallenen Organen. Im Blut ist dagegen die Aktivität der Abwehrzellen vermindert (sogenannte abgeschwächte zelluläre Immunität im peripheren Blut).

In der Lunge sieht man eine Aktivierung von großen Zellen des Immunsystems (" Makrophagen" von griech. makro = groß); speziell kommt es zu einer Aktivierung der Makrophagen in den Lungenbläschen (Alveolen), d.h. zu einer Makrophagenaktivierung der Alveolarmakrophagen. Die Makrophagen setzen Botenstoffe (Zytokine) frei, mit denen sie anderen Zellen des Immunsystems Signale geben und so die Entzündung verstärken. Als Folge einer langandauernden Freisetzung dieser Botenstoffe (Zytokinfreisetzung) kann es dann, wenn keine Behandlung erfolgt, über einen langen Zeitraum, in der Regel muß sich dieser Prozeß über Jahre abspielen, zu einer Narbenbildung in den betroffenen Organen kommen. Da dabei das Bindegewebe zunimmt, spricht man von einer Fibrosierung.

Häufigkeit der Sarkoidose

Die Sarkoidose ist eine sehr seltene Krankheit, wobei man den Eindruck hat , daß die offiziellen Statistiken nicht stimmen. Vermutlich leiden viel mehr Patienten als angenommen an einer Sarkoidose, ohne daß die Krankheit bei ihnen als solche erkannt und so diagnostiziert wurde.

Offiziell geht man von einer Neuerkrankung an Sarkoidose von 10 Patienten pro 100.000 Einwohner pro Jahr aus ("Inzidenz": 10 / 100.000 / Jahr). In der Bevölkerung leiden ca. 50 von 100.000 Einwohnern an einer Sarkoidose ("Prävalenz": 50 / 100.000).

Manifestationen der Sarkoidose

Die Sarkoidose kann sich praktisch an allen Geweben oder Organen im Körper zeigen. In der Regel sind aber nur wenige Stellen oder Organe betroffen. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über das Verteilungsmuster. Dafür wurden die Daten aus mehreren wissenschaftlichen Untersuchungen zugrundegelegt ("gepoolte Daten").

 

Mediastinale Lymphknoten *

100% 

 Lunge

 90%

 Milz

 50 - 70%

 Leber

50 - 70% 

 Bronchialschleimhaut

50% 

 Augen

 20 - 50%

 Gelenke

 10 - 40%

 Periphere Lymphknoten**

30% 

 Ohrspeicheldrüse / Speicheldrüsen

30 % 

 Haut

 20%

 Herz

 20%

 Muskulatur

 20%

 Nervensystem

 15%

 Nieren

 10%

Knochen 

10% 

*) Mediastinale Lymphknoten: Lymphknoten im Mediastinum, das ist der Raum zwischen den beiden Lungenflügeln

**) Periphere Lymphknoten: Lymphknoten in der "Peripherie", d.h. nicht im Körperinnern. Gemeint sind z.B. die Lymphknoten in der Achselhöhle oder in der Leiste.

Formen und Verläufe

Man unterscheidet bei der Sarkoidose die akute Form von der chronischen Form.

1. Akute Form

Die akute Form beginnt sehr rasch und geht mit starken Symptomen einher. Die Patienten fühlen sich sehr krank und leiden unter z.T. heftigen Allgemeinsymptomen, z.B. hohem Fieber, zum Teil von 39 ° C und höher. Bei Blutuntersuchungen sieht man eine hohe Entzündungsaktivität, z.B. eine starke Erhöhung der Blutsenkungsgeschwindigkeit (Blutsenkung; BSG) oder des c-reaktiven Proteins (CRP). Die akute Form der Sarkoidose hat von der Tendenz her eher eine gute Prognose.

2. Chronische Form

Bei der chronischen Form ist der Beginn schleichend und geht oft nur mit zunächst geringen Symptomen einher. Die Patienten fühlen sich vielleicht etwas abgeschlagen oder klagen über eine verminderte Leistungsfähigkeit, führen dies aber häufig zunächst auf Überarbeitung, Frühjahrsmüdigkeit oder andere Faktoren zurück und sehen oft zunächst auch keinen Grund, deswegen zum Arzt zu gehen. Nicht selten wird diese Form der Sarkoidose durch einen Zufall diagnostiziert, z.B. eine Röntgenuntersuchung der Lunge im Rahmen einer Einstellungsuntersuchung oder bei einer Ultraschalluntersuchung im Rahmen eines allgemeinen Vorsorge-Gesundheitschecks. Die chronische Form der Sarkoidose hat von der Tendenz her eine eher ungünstigere Prognose, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie erst später als die akute Form diagnostiziert wird und manchmal bereits Schäden eingetreten sind, bevor die Behandlung beginnt.

3. Löfgren-Syndrom

Eine spezielle Form der akuten Sarkoidose ist das Löfgren-Syndrom. Charakteristisch für das Löfgren-Syndrom ist die sogenannte Trias (tri = griech. 3, d.h. gleichzeitiges Autreten von drei Symptomen) von Erythema nodosum, bihilärer Lymphadenopathie und Arthritis. Betroffen sind in erster Linie junge Menschen; ein Erkrankungsgipfel wird im Alter zwischen 20 und 30 Jahren beobachtet. Frauen sind häufiger betroffen als Männer; die Erkrankung von Männern ist aber nichts Ungewöhnliches. Die Ursache des Löfgren-Syndroms ist unbekannt. Auffällig ist eine jahreszeitliche Schwankung in der Erkrankungshäufigkeit mit einem Gipfel im Frühjahr und im Herbst, deren Hintergrund man nicht erklären kann. Weiterhin wird das Auftreten eines Löfgren-Syndroms kurz nach einer Entbindung beobachtet (fehlerhafte Umstellung des Immunsystems nach einer Schwangerschaft?). Psychologische Faktoren scheinen ebenso eine Bedeutung zu haben (z.B. Auftreten eines Löfgren-Syndroms bei starker seelischer Belastung).

Das Löfgren-Syndrom ist ein hochakutes Krankheitsbild, das in der Regel sehr plötzlich beginnt. Die sichtbaren Krankheitszeichen sind das Erythema nodosum und die Arthritis. Die bihiläre Lymphadenopathie ist für die Erkrankung diagnoseleitend, allerdings nur durch entsprechende apparative Diagnostik (in der Regel eine Röntgenaufnahme der Lunge) darzustellen.

Stadieneinteilung der Sarkoidose

Die Sarkoidose wird in Stadien eingeteilt, an denen man sich über das Fortschreiten der Erkrankung orientieren kann. Wichtig zu wissen ist, daß sich die Stadien nur auf die Manifestation der Sarkoidose an der Lunge beziehen und über eine mögliche Erkrankung anderer Organe überhaupt nichts aussagen. In dieser Hinsicht wird die Stadieneinteilung häufig mißverstanden und ist dann manchmal auch irreführend.

Stadieneinteilung der Lungenbeteiligung

(Röntgentypen)

Die Stadieneinteilung einer Lungenmanifestation erfolgt an Hand einer konventionellen Röntgenaufnahme der Lunge. Man unterscheidet 5 Stadien (Stadium 0 bis 4).

     

  1. Stadium 0: Als Stadium 0 wird eine Situation bezeichnet, bei der eine Sarkoidose außerhalb der Lunge besteht ("extrapulmonale Sarkoidose") und die Lunge selber (zumindest nach dem Befund der Röntgenaufnahme) nicht beteiligt ist.
  2. Stadium 1: Im Stadium 1 sieht man Lymphknotenvergrößerungen auf beiden Seiten der Lungenwurzel ("Hilus"), d.h. eine sogenannte bihiläre Lymphadenopathie, jedoch keine Veränderungen an der Lunge selber.
  3. Stadium 2: Im Stadium 2 besteht eine bihiläre Lymphadenopathie, außerdem sind nun Lungenveränderungen ("pulmonale Herde", von lat. pulmo = Lunge) hinzugekommen.
  4. Stadium 3: Im Stadium 3 haben sich die Vergrößerungen der Hiluslymphknoten zurückgebildet, es sind nur noch Lungenherde zu sehen, die im Verlauf zunehmen können.
  5. Stadium 4: Im Stadium 4 ist es zu einer nicht mehr rückbildungsfähigen Vernarbung der Lunge gekommen, einer sogenannten Lungenfibrose.

 

Übersicht über die Stadien der Lungenbeteiligung bei der Sarkoidose

 

Stadium 0 

extrapulmonale Sarkoidose ohne sichtbare Thoraxbefunde 

 Stadium 1

 Bihiläre Lymphadenopathie ohne sichtbare pulmonale Herde

 Stadium 2

 Bihiläre Lymphadenopathie mit pulmonalen Herden

 Stadium 3

 Pulmonale Herde ohne sichtbare Hiluslymphknotenvergrößerung

 Stadium 4

 Lungenfibrose

 

Organbeteiligungen der Sarkoidose

Milz:

Ein Milzbefall durch die Sarkoidose besteht bei 50-70% aller Patienten. Nach der Lungenbeteiligung ist die Milz damit zusammen mit der Leber das am häufigsten betroffene Organ. Dies hängt damit zusammen, daß die Milz ein wichtiges Organ des Immunsystems ist. Die Milzbeteiligung wird vom Patienten normalerweise nicht bemerkt. Diagnostiziert wird sie durch die systematische Suche im Rahmen eines Stagings oder als Zufallsbefund, z.B. bei einer Ultraschalluntersuchung aus anderen Gründen. Sind die Sarkoidoseknötchen sehr klein, kann eine Milzbeteiligung im Ultraschall manchmal auch nicht gesehen werden. Wenn man im Ultraschall bei einer Milzbeteiligung der Sarkoidose herdförmige Veränderungen sieht, können diese jedoch auch andere Ursachen als die Sarkoidose haben. Es sind deshalb in der Folge andere Untersuchungen nötig, um die Diagnose der Sarkoidose zu sichern. Wenn bei einem Patienten eine Sarkoidose bekannt ist und man die Milzveränderungen sieht, ist dabei die Situation anders als bei einem Patienten, bei dem man zunächst nur die Herde sieht und von der Sarkoidose nichts weiß. In diesem zweiten Fall kommt man um eine Gewebsentnahme und die feingewebliche Untersuchung nicht herum. Im ersten Fall kann man in Abhängigkeit von der sonstigen Situation u.U. auf eine weiterführende Diagnostik, insbesondere auf eine Gewebeentnahme, verzichten.

Leber:

Die Beteiligung der Leber liegt ebenfalls bei etwa 50-70%. Die Leberbeteiligung wird vom Patienten in der Regel ebenfalls nicht bemerkt. Bei der Blutuntersuchung macht sie sich jedoch in der Regel durch erhöhte Leberwerte bemerkbar, die allerdings häufig auch erst auf andere Ursachen geschoben werden, z.B. Alkohol, fettreiche Ernährung oder auch die Vermutung abgelaufener Virusinfekte. Die diagnostische Situation bei der Ultraschalluntersuchung ist bei einer Leberbeteiligung ähnlich wie bei der Milz. Auch hier können kleine Herde nicht gesehen werden; desweiteren ist auch bei der Leber durch die Ultraschalluntersuchung alleine nicht abzugrenzen, ob die Veränderungen durch die Sarkoidose oder eine andere Ursache hervorgerufen werden. Im Zweifelsfalle ist deshalb eine Leberpunktion und feingewebliche Untersuchung ("Histologie") nötig. Leider kann es dabei passieren, daß man bei der Punktion nur Stellen in der Leber "erwischt", in denen nun gerade keine Sarkoidose-Granulome liegen. Deshalb bedeutet ein "negatives" Ergebnis der Punktion nicht, daß die Leber frei von Sarkoidose ist ("negativer Befund" heißt im medizinischen Sprachgebrauch, daß man nicht das gefunden hat, was man gesucht hat, in diesem Fall die Sarkoidose-Granulome).

Augen:

Für die Augenbeteiligung der Sarkoidose finden sich in den Literaturangaben sehr unterschiedliche Werte zwischen 20 und 50%. Wahrscheinlich hängen die unterschiedlichen Zahlen damit zusammen, wie systematisch nach einer Augenbeteiligung durch gezielte augenärztliche Untersuchungen gefahndet wurde. Am häufigsten ist eine Regenbogenhautentzündung (Iritis, Uveitis). Die Uveitis bei der Sarkoidose ist oft durch eine schleichend verlaufende Entzündung gekennzeichnet und wird deshalb oft vom Patienten zunächst nicht wahrgenommen. Nicht selten ist sie ein Zufallsbefund anläßlich einer augenärztlichen Routineuntersuchung oder das Ergebnis der gezielten Suche im Rahmen des Stagings.

Gelenke: Für die Gelenkbeteiligung werden in den wissenschaftlichen Studien ebenso wie bei der Augenbeteiligung stark unterschiedliche Werte angegeben. Eine Gelenkbeteiligung besteht bei 10-40% der Sarkoidosepatienten. Vermutlich hängen auch hier die unterschiedlichen Zahlenwerte davon ab, wie genau man nach einer Gelenkbeteiligung geschaut hat. Man unterscheidet bei der Gelenkbeteiligung die akute Form, das Löfgren-Syndrom (s.o.) von der chronische Form. Das Löfgren-Syndrom wurde oben beschrieben. Die chronische Form der Gelenkbeteiligung geht oft ohne eine Lungenbeteiligung, dafür aber häufiger mit Augen- und Hautmanifestationen einher. Das Befallsmuster ist nicht typisch; es kann ein einziges Gelenk betroffen sein (monartikulärer Befall, Monarthritis), bei anderen Patienten sind einige wenige Gelenke beteiligt (oligoartikulär Befall, Oligoarthritis), es kann aber auch zu einer Manifestation an vielen Gelenken kommen (polyartikulärer Befall, Polyarthritis). Bei Kindern sieht man oft eine schmerzlose Verdickung der Gelenkinnenhaut (schmerzlose Synovialproliferation), daneben kommt es bei ihnen zu sogenannten "exsudativen" Verläufen (von lat. exsudare = ausschwitzen), d.h. starken Gelenkergüssen und Sehnenscheidenentzündungen, die mit starken Flüssigkeitsansammlungen in den Sehnenscheiden einhergehen ("exsudative Tenosynovitiden").

Periphere Lymphknoten:

Zu Lymphknotenschwellungen kommt es bei einer Vielzahl von Erkrankungen. Das Ursachenspektrum reicht dabei von Infektionen bis hin zu Lymphdrüsenkrebs. Bei der Sarkoidose ist eine Beteiligung der peripheren Lymphknoten mit etwa 30% relativ häufig. Die Lymphknoten sind dabei verdickt und schmerzen in der Regel nicht. Der Nachweis einer Sarkoidose in den peripheren Lymphknoten und die Abgrenzung gegenüber anderen Erkrankungen ist nur dadurch zu erbringen, daß man einen Lymphknoten entnimmt und feingeweblich untersucht ("Histologie").

Ohrspeicheldrüse / Speicheldrüsen:

Mit 30% sind auch die Speicheldrüsen relativ häufig betroffen. Wenn der Hals-Nasen-Ohrenarzt oder der Zahnarzt bei einem Patienten mit Sarkoidose die Diagnose sogenannter "Ranula" stellt, sollte an eine Beteiligung durch die Sarkoidose gedacht werden.

Haut:

Bei der Hautbeteiligung ist die eigentliche Hautbeteiligung der Sarkoidose, die bei etwa 20% der Patienten vorkommt, von dem Erythema nodosum zu unterscheiden. Das Erythema nodosum ist zwar eine charakteristische Manifestation der Haut beim Löfgren-Syndrom, aber keine Hautbeteiligung der Sarkoidose im eigentlichen Sinne. Das Erythema nodosum ist eine Entzündung des Unterhautfettgewebes (Pannikulitis); die typischen Granulome der Sarkoidose findet man im Erythema nodosum jedoch nicht. Die Hautgranulome der Sarkoidose sind kleinere, z.T. auch größere, derbe, in der Haut liegende Knötchen, die z.T. bläulich-violett verfärbt sind. Oft finden sie sich an Stellen alter Narben. Die Ursache für diese Beobachtung ist unklar. Auch hier ist der Beweis der Sarkoidose nur durch eine Gewebsprobe ("Hautbiopsie") und feingewebliche Untersuchung ("Histologie") zu erbringen.

Herz:

Früher war es nicht bekannt, daß die Sarkoidose auch das Herz betreffen kann. Heute schätzt man die Herzbeteiligung der Sarkoidose bis auf 20%. Bei einigen Patienten ist sie harmlos; sie kann aber auch zu lebensbedrohlichen Komplikationen mit Herzrhythmusstörungen oder zunehmender Herzschwäche ("Herzinsuffizienz") führen. Eine sorgfältige Untersuchung des Herzens gehört deshalb heute zum systematischen Untersuchungsprogramm bei Sarkoidose.

Skelettmuskulatur:

Die Beteiligung der Skelettmuskulatur (Sarkoidose-Myopathie) ist mit etwa 20% ebenfalls häufiger als früher angenommen. Glücklicherweise macht sie sich bei den meisten Patienten nicht wesentlich bemerkbar. Einige Patienten leiden unter einem akuten Muskelschmerz, bei anderen macht sich die Muskelbeteiligung durch eine chronische Muskelschwäche, eine schnelle muskuläre Ermüdung oder durch einen zunehmenden Verlust an Muskelmasse ("Muskelatrophie") bemerkbar. Oft ist es schwierig, die Symptome und Befunde der Sarkoidose-Myopathie von den Folgen der Cortisonbehandlung abzugrenzen, die ja bei vielen Sarkoidose-Patienten mit zum Teil hohen Mengen über einen relativ langen Zeitraum durchgeführt wird und auch zu erheblichen Veränderungen am Muskel führen kann (Steroid-Myopathie = durch Cortison hervorgerufene Muskelveränderungen). Die Steroidmyopathie ist ebenso wie die Sarkoidose-Myopathie durch eine Abnahme der Muskelmasse, zunehmende Muskelschwäche und rasche Ermüdbarkeit des Muskels gekennzeichnet. Die Diagnose einer Sarkoidose-Myopathie ist schwierig und erfordert viel Erfahrung. Gesichert wird sie durch eine Gewebsentnahme aus dem Muskel ("Muskelbiopsie") und feingewebliche Untersuchung ("Histologie"). Die Diagnose gelingt dabei um so eher, je besser die Zusammenarbeit zwischen dem Sarkoidosespezialisten, dem Operateur und dem Pathologen funktioniert.

Nervensystem:

Die Beteiligung des Nervensystems bei der Sarkoidose ("Neuro-Sarkoidose") ist in der Vergangenheit auch zahlenmäßig stark unterschätzt worden. Die heutigen Zahlen gehen von einer neurologischen Manifestation der Sarkoidose von etwa 15% aus. Häufigstes Symptom sind Kopfschmerzen, die typischerweise morgendlich betont sind und sich durch Kopftieflage verstärken lassen. Durch Sarkoidoseknötchen im Nervengewebe kann es aber auch zu Schädigungen der Nervenfunktion kommen; dabei unterscheidet man Schädigungen der Hirnnerven von Schädigungen peripherer Nerven (Nerven, die die Peripherie versorgen, z.B. Nerven in den Armen oder Beinen).

Als Folge der Neurosarkoidose kann es dabei zu Hirnnervenausfälle und Ausfällen peripherer Nerven kommen. Bei den Hirnnerven ist der Facialis-Nerv (Gesichtsnerv) mit ca. 25% der Neurosarkoidosepatienten am häufigsten betroffen; weitere Hirnnervenausfälle beziehen sich vor allem auf den Sehnerv, die Augenmuskelnerven, den Gleichgewichts- und Hörnerven sowie den Riechnerv. Periphere Nervenausfälle entstehen häufig dadurch, daß sie von außen durch Sarkoidose-Knoten (Granulome) abgedrückt werden.

Die Gehirnbeteiligung der Sarkoidose äußert sich in psychischen Veränderungen, z.B. Depressionen, aber auch Aggressivität, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen oder Störungen der Denkfunktion, desweiteren in neurologischen Störungen wie z.B. Veränderungen des Gangbildes. Die Granulome können auch in den Hirnanhangsdrüsen ("Hypophyse" oder "Hypothalamus") vorhanden sein und dann Störungen der hormonellen Funktion hervorrufen ("endokrinologische Veränderungen").

Knochenbeteiligung:

Die Knochenbeteiligung der Sarkoidose manifestiert sich vor allem an den Händen und Füßen, seltener im Bereich des Schädels, im Nasenbein, der Wirbelsäule oder in den langen Röhrenknochen (z.B. Oberarmknochen oder Oberschenkelknochen). Man sieht bei einer Beteiligung von Händen und Füßen eine Auftreibung der Gelenke (vor allem der Finger und des Daumens). Das Röntgenbild zeigt dann typische Röntgenveränderungen mit Zystenbildungen ("cystische Läsionen", "Cysten"), vor allem in den Köpfchen der Finger- und Zehengelenke ("Phalangealköpfchen", "Metatarsalköpfchen"), eine Zerstörung der äußeren Knochenschale ("Cortikalisunterbrechungen") oder auch eine Verdickung der äußeren Knochenschale ("Corticalisverdickung").

Diagnostische Maßnahmen bei Sarkoidose

Die diagnostischen Maßnahmen bei Sarkoidose sind von der individuellen Situation im Einzelfall abhängig. Grundsätzlich gilt die Regel, daß der diagnostische Aufwand bei der prognostisch günstigeren akuten Form der Sarkoidose zumeist geringer bleiben kann als bei der prognostisch ungünstigeren Form der chronischen Sarkoidose. Folgende "Staging"-Untersuchungen gelten heute als der "Goldstandard", wobei individuelle Abweichungen möglich sind:

     

  1. Röntgenuntersuchung der Thoraxorgane (Organe des Brustkorbs)
  2. Lungenfunktionsdiagnostik
  3. EKG
  4. Tuberkulintest (besser: Multitest Merieux oder vergleichbarer Test)
  5. Labordiagnostik
    •  

    • ACE im Serum
    • BSG
    • Großes Blutbild mit Differentialblutbild
    • Leberenzyme
    • Kalzium im Serum
    • ggf. Kalzium im 24-h-Urin
  6. Augenärztliche Untersuchung
  7. Bioptische Untersuchungen (Entnahme von Gewebsproben) in Abhängigkeit vom Befund, zum Beispiel:
    •  

    • Hautbiopsie
    • Lymphknotenbiopsie
    • Bronchoskopie
  8. Weitere Methoden
    •  

    • Mediastinoskopie (Spiegelung des Raums zwischen den Lungen)
    • Thorakoskopische / chirurgische Lungenbiopsie
    • Biopsie aus anderen Organen

Neben den "Staging"-Untersuchungen zur Frage der Möglichkeit und des Ausmaßes von Organbeteiligungen sind regelmäßige Kontrollen der Krankheitsaktivität notwendig. Die Aktivitätsdiagnostik umfaßt im Regelfall folgende Maßnahmen:

     

  • Körperliche Untersuchung
  • Röntgen Thorax
  • Lungenfunktionsdiagnostik
    •  

    • Vitalkapazität
    • Sauerstoffpartialdruck (Ruhe / Belastung)
    • bei längerem Verlauf: Atemstoß
  • Laborparameter:
    •  

    • ACE
    • Lysozym
    • löslicher Interleukin-2-Rezeptor
  • BAL (Broncho-alveoläre Lavage)
    •  

    • Zellbild

       

    • CD4/CD8-Quotient

Bedeutung der Laborbefunde bei Sarkoidose

Das Ausmaß der sogenannten systemischen Entzündungsaktivität einer Sarkoidose sieht man recht gut an der Erhöhung der Blutsenkung (BSG) und des c-reaktiven Proteins (CRP). Allerdings muß man wissen, daß bei einer aktiven Sarkoidose die Blutsenkung nur bei 80% der Patienten erhöht ist, das c-reaktive Protein sogar nur bei 60% der Patienten. Eine normale Blutsenkungsgeschwindigkeit oder ein normales c-reaktives Protein schließen damit eine aktive Sarkoidose nicht aus.

Mit dem ACE-Wert (ACE) kann die sogenannte "Granulomlast" des Organismus abgeschätzt werden, d.h. einfach ausgedrückt die Menge der Granulome. Das ACE ist bei einigen Sarkoidoseformen trotz sehr hoher Krankheitsaktivität nicht nachweisbar bzw. nicht erhöht. Dies gilt vor allem für das Löfgren-Syndrom, bei dem in der akuten Phase das ACE bei etwa 2/3 bis 3/4 der Patienten normal ist. Ein normaler ACE spricht deshalb nicht gegen die Diagnose eines Löfgren-Syndroms! Ein Verlaufsparameter für die Aktivität der Sarkoidose ist der lösliche Interleukin-2-Rezeptor. Der lösliche Interleukin-2-Rezeptor ist ein Maß für die T-Zell-Aktivivierung (die T-Zellen sind eine Unterform der Lymphozyten) und für die Aktivitätsbeurteilung einer Sarkoidose wesentlich empfindlicher als bespielsweise der ACE-Wert. Am Rande zu erwähnen ist, daß bei 15% der Sarkoidose-Patienten ein Rheumafaktor im Serum nachweisbar ist und damit bei einer Gelenkbeteiligung durchaus eine diagnostische Verwirrung entstehen kann, wenn man die Sarkoidose und die rheumatischen Krankheiten nicht sehr gut kennt.

Therapie der Sarkoidose

Die prognostisch günstigen Formen sollten nach Möglichkeit nur symptomatisch behandelt werden, d.h. mit entzündungshemmenden und ggf. fiebersenkenden Medikamenten. Vorzugsweise werden dafür Medikamente aus der Gruppe der cortisonfreien Entzündungshemmer verwendet. Bei hoher Entzündung und mangelnder Wirkung dieser Medikamente kommt man um den Einsatz von Cortison nicht herum. Ebenso ist Cortison ein Muß bei gefährlichen oder möglicherweise bedrohlichen Organbeteiligungen der Sarkoidose, z.B. bei Neurosarkoidose oder Herzbeteiligung, aber auch bei einer fortschreitenden Lungenbeteiligung. Falls eine Cortisontherapie notwendig wird, sollten folgende praktische Hinweise beachtet werden:

1. Ausreichend hohe Dosis

Oft wird bei der Cortisonbehandlung der Sarkoidose der Fehler gemacht, daß man eine zu niedrige Anfangsdosis wählt. Falls man sich zum Einsatz von Cortison zur Therapie einer Sarkoidose entschließt, sollte man dies dann auch konsequent und mit einer ausreichend hohen Dosis tun.

2. Ausreichend lange Therapiedauer

Das Cortison wird oft nach einem schnellen therapeutischen Anfangserfolg bald wieder abgesetzt. In der Folge kommt es fast immer zu einem heftigen Rückfall der Erkrankung, der oft den Einsatz von viel höheren Cortisondosen als zu Anfang erforderlich macht. Wenn man sich also zum Einsatz von Cortison zur Therapie einer Sarkoidose entschließt, sollte man dies auch lange genug tun.

3. Vorsicht bei der Dosisreduktion

Ebenfalls wird das Cortison oft zwar nicht sofort nach dem ersten therapeutischen Anfangserfolg ganz abgesetzt, aber zu rasch reduziert. Auch in diesem Fall sieht man häufig einen Rückfall der Erkrankung, der sich dann durch die Gabe der ursprünglichen Cortisondosis nicht mehr ausreichend beherrschen läßt und dazu zwingt, nun noch höhere Cortisondosen zu geben. Wenn man sich also zum Einsatz von Cortison zur Therapie einer Sarkoidose entschließt, sollte man dies nicht nur lange genug tun, sondern auch lange genug mit einer ausreichenden Dosierung. Bezüglich der Risiken einer längeren Cortisontherapie und den Möglichkeiten der Risikobegrenzung wird auf das Stichwort “Cortison“ und die Cortison-Seiten verwiesen. Als wesentliche Punkte sollten jedoch die Hauptkomplikationen Osteoporose, Muskelatrophie und Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) genannt werden. Zur Risikobegrenzung sind folgende Maßnahmen empfehlenswert:

     

  • Osteoporoseprophylaxe
    •  

    • Körperliche Aktivität
    • Postmenopausale Frauen (Frauen nach den Wechseljahren): Einnahme von Östrogenen (weiblichen Hormonen)
    • Calcium, Vitamin D3

Dabei ist eine wichtige Vorsichtsmaßnahme zu beachten! Durch die Sarkoidose kann es in bestimmten Fällen zu einer starken Erhöhung des Serum-Kalziumspiegels kommen, da in den Granulomen eine Art Vitamin D3 gebildet werden kann. In diesen Fällen darf natürlich weder Calcium noch Vitamin D3 gegeben werden. Außerdem ist unter einer Therapie mit Calcium und / oder Vitamin D3 bei Sarkoidose eine ganz engmaschige Kontrolle des Ca++-Spiegels im Blut notwendig!

       

    • ggf. Calcitonin, Bisphosphonate (Medikamente, die den möglichen Knochenverlust unter einer längerdauernden, höherdosierten Cortisoneinnahme hemmen)
  • Low-dose-Therapie
    •  

    • so viel Cortison, wie notwendig, aber so wenig Cortison, wie möglich
  • Langwirksame Therapie
    •  

    • Einsatz von Medikamenten, die durch ihre immunmodulatorische Wirkung die Cortisondosis verringern können oder u.U. eine Cortisontherapie ganz ersetzen können

Die Erfahrungen mit einer langwirksamen Therapie der Sarkoidose in etwa wie bei einer chronischen Polyarthritis oder anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen (langwirksame antirheumatische Therapie) sind nicht sehr umfangreich. In der Vergangenheit wurde bei hoher Krankheitsaktivität, hohem Cortisonbedarf und ungünstigem Krankheitsverlauf Azathioprin (ein Immunsuppressivum) eingesetzt. Einige Studien und eigene Erfahrungen deuten auf eine gute Wirksamkeit von Methotrexat. Eher Einzelfallbeobachtungen beschreiben eine Wirksamkeit von Chloroquin (ein Antimalariamittel, das in der Rheumatologie und Immunologie als immunmodulatorische Substanz eingesetzt wird), z.T. auch von Colchicin. Der Einsatz dieser Substanzen sollte aber erfahrenen Sarkoidose-Spezialisten vorbehalten bleiben und unter einer engmaschigen Wirksamkeitskontrolle erfolgen.

Prognostische Indikatoren / Prädiktoren der Sarkoidose

Es liegen Untersuchungen vor, die sich mit der Frage nach möglichen prognostischen Indikatoren und Verlaufsprädiktoren der Sarkoidose beschäftigen, d.h. Laborwerten oder anderen Untersuchungsmethoden, die dabei helfen, eine Aussage über den voraussichtlichen Verlauf und die Gefährlichkeit bzw. auch die Gutartigkeit der Erkrankung zu machen. Die Daten aus den einzelnen Studien sind etwas uneinheitlich, z.T. sogar widersprüchlich. Die nachfolgenden Angaben sind deshalb noch mit einer gewissen Zurückhaltung zu beurteilen. Von der Tendenz her können aber auf Grund des vorliegenden Datenmaterials folgende Aussagen hinsichtlich einer ungünstigen bzw. ungünstigen Prognose getroffen werden:

Günstigere Prognose

Als günstig wird angesehen, wenn in der bronchoalveolären Lavage (BAL) die folgende Konstellation gefunden wird:

     

  • Akute lymphozytäre Entzündung
  • CD4 erhöht
  • CD4/CD8-Quotient erhöht

Ungünstigere Prognose

Eine ungünstigere Prognose ist zu befürchten, wenn in der bronchoalveolären Lavage (BAL) die folgende Konstellation gefunden wird:

     

  • Hohe Gesamtzellzahlen
  • Hohe Zahl an polymorphkernigen Granulozyten

Unter den weiter oben aufgeführten Blutuntersuchungen gibt es keinen Wert, der sehr eng mit der Prognose korreliert. Von der Tendenz her sprechen aber ständig hohe ACE-Werte eher für eine ungünstigere Prognose.

Entscheidend für die Prognose der Sarkoidose ist in erster Linie die rasche Diagnose, das nachfolgende diagnostische und therapeutische Management einschließlich der Planung und Koordination von Diagnostik und Therapie durch einen erfahrenen Sarkoidose-Spezialisten sowie eine systematische Patientenschulung, die dem Betroffenen die optimale therapeutische Mitarbeit und das eigene Krankheitsmanagement bei dieser seltenen, manchmal folgenreichen und schwierig zu behandelnden Erkrankung ermöglicht.

Siehe auch unter:

Fragen und Antworten: Dr. K.-D. Albrecht: Sarkoidose und Dypuytren´sche Kontraktur

Copyright © 1997-2024 rheuma-online
rheuma-online Österreich
 
Alle Texte und Beiträge in rheuma-online wurden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Irrtümer sind jedoch vorbehalten. Alle Angaben sind ohne Gewähr. Jegliche Haftungsansprüche, insbesondere auch solche, die sich aus den Angaben zu Krankheitsbildern, Diagnosen und Therapien ergeben könnten, sind ausgeschlossen.