ACR 2006 Review - Teil 2

In Washington ganz im Vordergrund: Die biologische Therapie jenseits von TNF-alpha-Blockern. In den USA dazu bereits zugelassen sind die B-Zell-gerichtete Therapie mit dem B-Zell-Antikörper Rituximab und die Co-Stimulationsblockade mit Abatacept. Am Horizont erkennbar ist aber bereits die dritte Generation der Biologicals.

(Montag, 20.11.2006, Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer)

Washington ist nicht nur die US-amerikanische Bundeshauptstadt, sondern auch eine Stadt der Kultur und der Kunst. Hier eine Skulptur von Alexander Calder (1898-1976) im Skulpturengarten der National Gallery of Art in unmittelbarer Nachbarschaft zur Mall (Cheval Rouge, 1974, Calder Foundation, New York). r-o-Foto: Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer

Auf dem Weg zum ACR-Kongreß 2006 im Kongreßzentrum in Washington DC. r-o-Foto: Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer

Aktuell in der Diskussion über die Entstehung und Ausbreitung rheumatischer Erkrankungen und im Focus für neue zielgerichtete Therapien: Die B-Zelle. Hier eine Abbildung zur T-Zell-B-Zell-Interaktion und die Entstehung von Rheumafaktoren. Präsentation von Kathleen E. Sullivan, MD, PhD, Childrens Hospital Philadelphia, Philadelphia, PA aus der Session: B-Cell Immunology, ARHP Concurrent Session, Dienstag, 13.1.2006, 10:00-11.00h. r-o-Foto: Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer

Co-Stimulation der T-Zelle durch eine Antigen-präsentierende Zelle (APC): Die Stimulation des T-Zell-ständigen CD28-Rezeptors alleine führt zu keiner Reaktion der T-Zelle. Erst die Co-Stimulation des CTLA-4-Rezeptors durch eine Interaktion mit CD80 (B7-1) auf der Antigen-präsentierenden Zelle resultiert in einer T-Zell-Aktivierung. Abbildung aus der Präsentation von Mohamed H. Sayegh, MD, Brigham and Women´s Hospital, Boston, MA aus der Session: ACR Immunology Updates for Clinicians: Positive and Negative T-Cell Costimulatory Pathways : Therapeutic Targets, Dienstag, 13.1.2006, 08:00-09.00h. r-o-Foto: Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer

Co-Stimulationsblockade mit CTL4-Ig: Der lösliche CTL4-Ig-Rezeptor dockt an B7-1 (CD80) auf der Antigen-präsentierenden Zelle (APC) an und verhindert dadurch eine Interaktion zwischen B7-1 und dem CTLA-4-Rezeptor auf der T-Zelle. Durch die Co-Stimulationsblockade wird die T-Zell-Aktivierung verhindert, die Zelle wird sogar regelrecht ausgeschaltet und stirbt ab. Abbildung aus der Präsentation von Mohamed H. Sayegh, MD, Brigham and Women´s Hospital, Boston, MA aus der Session: ACR Immunology Updates for Clinicians: Positive and Negative T-Cell Costimulatory Pathways : Therapeutic Targets, Dienstag, 13.1.2006, 08:00-09.00h. r-o-Foto: Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer

Die biologische Revolution in der Rheumatologie schreitet voran: So präsentierte der ACR 2006 viele neue Biologicals mit ganz unterschiedlichen Therapieansätzen.
 
Im Vordergrund standen in Washington die zwei bereits in großen klinischen Studien abgesicherten neuen Wirkprinzipien, nämlich die Ausschaltung der B-Zellen sowie die Co-Stimulationsblockade der T-Zellen.

In den USA sind hier bereits die entsprechenden Substanzen für die Therapie der rheumatoiden Arthritis zugelassen. In Europa besteht aktuell eine Zulassung der europäischen Zulassungsbehörde EMEA nur für die B-Zell-gerichtete Therapie mit dem B-Zell-(CD20-)-Antikörper Rituximab von Roche (Handelsname in den USA Rituxan, in Europa MabThera), die Zulassung für den in den USA bereits verfügbaren Co-Stimulationsblocker Abatacept (Handelsname in den USA Orencia) von Bristol Myers Squibb wird bei uns Anfang 2007 erwartet.

Sowohl für Rituximab als auch für Abatacept wurden auf dem ACR eine Reihe von neuen Daten vorgestellt. Die wichtigsten betreffen die ersten Ergebnisse für längere Therapiezeiträume, die derzeit bei den großen, zulassungsrelevanten klinischen Studien bei zwei und mehr Jahren liegen. Dabei zeigte sich für beide Substanzen eine anhaltende Wirksamkeit und ein unverändert gutes Sicherheitsprofil.

Am Horizont sind nun schon weitere Substanzen mit diesem Wirkmechanismus zu erkennen, so mit dem Ziel der B-Zell-Blockade der humanisierte Anti-CD-20-Antikörper Ocrelizumab von Genentec, für den auf dem ACR die Ergebnisse einer Phase I/II-Studie vorgestellt wurden (ACTION-Studie), sowie der ebenfalls humane monoklonale IgG1-B-Zell-Antikörper HuMax-CD20 (Ofatumumab) vom dänischen Hersteller Genmab A/S aus Kopenhagen.

Unter den late-breaking abstracts zu finden: Der Co-Stimulationsblocker AV112742 (eingetragener Markenname: RhuDex) des britischen Herstellers Avidex, der sich durch ein niedriges Molekulargewicht auszeichnet und im Gegensatz zu allen bisherigen biologischen Medikamenten oral eingenommen werden kann, d.h. nicht als Spritze oder als Infusion verabreicht werden muß.

AV1142742 verfolgt dabei ein ähnliches Wirkprinzip wie der lösliche CTLA-4-Rezeptor Abatacept, indem es ebenfalls auf der Antigen-präsentierenden Zelle an CD80 (B7-1) bindet (siehe dazu die beiden Abbildungen zur Co-Stimulation und zur Co-Stimulations-Blockade) und durch die entsprechende Co-Stimulations-Blockade die CD28-(B7-2)-abhängige Aktivierung des CD28-Rezeptors verhindert und auf diese Weise die Aktivierung der T-Zelle inhibiert.

Die enormen Fortschritte in der Grundlagenforschung, die in Washington den gesamten Kongreß durchzogen, haben zu faszinierenden neuen Erkenntnissen zur Pathogenese, d.h. der Entstehung und Ausbreitung der rheumatischen Entzündung und der Entwicklung chronisch-entzündlicher rheumatischer Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis, der Psoriasis-Arthritis, dem M. Bechterew, aber auch immunologischer Systemerkrankungen wie dem systemischen Lupus erythematodes oder den Vaskulitiden geführt. Daraus resultieren faszinierende Behandlungsansätze für ganz neue, noch stärker zielgerichtete therapeutische Interventionen mit der Hoffnung, daß sich bei der Therapie dieser Erkrankungen durch die immer präziseren Angriffspunkte eine noch höhere Wirksamkeit bei geringeren möglichen Nebenwirkungen verwirklichen läßt.

Zu diesen neuen biologischen Medikamenten der dritten Generation der bald folgende Teil 3 des ACR-Reviews 2006.

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