Sie sind hier: rheuma-online » Krankheitsbilder » Borreliose

Borreliose

Die Borreliose/Lyme-Borreliose ist eine durch das Bakterium Borrelia burgdorferi hervorgerufene Erkrankung. Die Therapie der Lyme-Borreliose richtet sich nach dem Stadium und der Art der befallenen Organe. In jedem Fall ist eine antibiotische Therapie notwendig.

Ursache

Die Lyme-Borreliose wird durch Borrelia burgdorferi hervorgerufen, eine 1982 von Burgdorfer entdeckte Borrelienart, die vor allem durch Zecken (Ixodes ricinus) auf den Menschen übertragen wird.  Borrelien sind schraubenförmige Bakterien aus der Gruppe der sogenannten Spirochäten.

Verlauf der Borreliose

Typischerweise verläuft eine Borreliose unbehandelt in 3 Stadien:

1. Stadium

Als früheste Manifestation entwickelt sich nach dem Zeckenbiß und nach der Übertragung der Erreger um die Bißstelle herum eine Hautrötung, die sich in den nächsten Stunden und Tagen immer mehr nach außen ausdehnt (Erythema chronicum migrans) und dann allmählich abklingt. Bei etwa einem Drittel der Patienten fehlt das Erythema migrans allerdings oder wird von ihnen nicht bemerkt. Diese Patienten klagen über akute grippeartige Symptome mit Müdigkeit, allgemeiner Abgeschlagenheit, Fieber und Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, Muskelschmerzen, Rückenschmerzen und u.U. auch Lymphknotenschwellungen. Eine Arthritis ist in diesem Frühstadium selten.

2. Stadium

In diesem Stadium kann es zu einer Beteiligung der verschiedensten Organe kommen.

  • Herzbeteiligung: Die sogenannte Lyme-Karditis (benannt nach dem amerikanischen Örtchen Lyme; griech. Kard- = Herz (Kardiologe), -itis = Entzündung) tritt in der Regel nach 2 bis 6 Wochen auf und äußert sich mit Herzrhythmusstörungen (z.B. sogenannte Blockbilder (AV-Block)), selten auch mit einer Herzmuskelentzündung (Myokarditis). In den meisten Fällen verschwinden die Symptome nach einigen Tagen bis einigen Wochen.
  • Beteiligung des Nervensystems (Neuroborreliose): Das seltene, dafür z.T. schwere Krankheitsbild beginnt im Zeitraum von 2 bis 8 Wochen nach dem Zeckenbiß und der initialen Infektion. Es kann mit den unterschiedlichsten Symptomen einhergehen. Am häufigsten sind:
  • Hirnnervenausfälle: Dabei ist vor allem der sogenannte Facialisnerv (Gesichtsnerv) betroffen. Die Lähmung dieses Nervens macht sich meistens mit einem plötzlichen Herunterhängen des Mundwinkels bemerkbar. Der Nerv kann teils einseitig, teils beidseitig betroffen sein.
  • Hirnhautentzündung (Meningitis): Die durch Borrelien hervorgerufene Lyme-Meningitis darf nicht mit einem ganz anderen Krankheitsbild verwechselt werden, das ebenfalls durch Zecken übertragen wird, nämlich die durch Viren verursachte Frühsommermeningoenzephalitis (FSME). Die Lyme-Meningitis äußert sich mit schweren Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Lichtempfindlichkeit, Schwindel, Brechreiz und Erbrechen. Zusätzlich kann das Gehirn selbst entzündet sein. Diese Komplikation nennt man eine Enzephalitis (griech. Enzephalon = Gehirn, -itis = Entzündung). Sie geht mit Konzentrationsstörungen, Stimmungsschwankungen und anhaltender Müdigkeit einher. Bei einem chronischen Verlauf kann sich ein chronisches Müdigkeitssyndrom entwickeln. Wenn Nerven außerhalb des Gehirns betroffen sind (NeuritisMononeuritis multiplex), kann es zu Störungen in der Empfindungswahrnehmung kommen (Taubheitsgefühl, Gefühl wie Ameisenlaufen, Kribbelgefühl), beim Befall der Nerven, die für die Muskelsteuerung zuständig sind, auch zu Muskelschwäche oder sogar zu Muskellähmungen. Ist die Nervenwurzel beteiligt (Radiculoneuritis), äußert sich die in einem brennenden Schmerz, Taubheitsgefühl, Ameisenlaufen, Kribbeln und z.T. auch / Paraesthesien Empfinfungsstörungen) , z.T. auch muskulären Ausfällen.
  • Gelenkentzündung (Lyme-Arthritis): Die Lyme-Arthritis entwickelt sich im Schnitt etwa nach 6 Monaten nach der anfänglichen Infektion. Das Zeitintervall schwankt allerdings sehr stark. Bei einigen Patienten kam es bereits nach 4 Tagen zum Auftreten einer Arthritis, bei anderen erst nach 2 Jahren. Die Lyme-Arthritis manifestiert sich vor allem an Gelenken der unteren Körperhälfte. Das am meisten betroffene Gelenk ist das Kniegelenk.

3. Stadium (Spätstadium)

In diesem Stadium entwickeln sich chronische Hautveränderungen (Acrodermatitis chronicum atrophicans) sowie zunehmende Ausfälle des Gehirns (sogenannte progressive Enzephalomyelitis). Diese können einer Multiplen Sklerose (MS) ähneln und mit zunehmenden Lähmungen der Muskeln einhergehen.

Diagnose der Borreliose

Die Diagnose einer Borreliose erfolgt in Regelfall durch Blutuntersuchungen. Dabei werden spezifische IgM- oder IgG-Antikörper nachgewiesen (Immunglobuline). Allerdings sind diese oft innerhalb der ersten 2 bis 4 Wochen nach Infektion noch nicht nachweisbar. Das Immunsystem des Körpers bildet nach der Infektion die ersten IgM-Antikörper gegen die Borrelien nach etwa 4-6 Wochen, dann werden spezifische IgG-Antikörper gebildet (nach einigen weiteren Wochen). Das Problem der Blutuntersuchungen auf Borrelien besteht allerdings wie bei anderen serologischen Tests darin, daß man nach einiger Zeit nicht mehr unterscheiden kann, ob eine Infektion durchgemacht wurde und nun abgeheilt ist oder ob sie noch aktiv ist (siehe dazu auch Chlamydia trachomatis). Auch nach einer erfolgreich behandelten Infektion mit Borrelien können noch sehr lange sehr hohe Borrelien-IgG-Antikörper nachweisbar sein.

In Gebieten mit einer hohen "Durchseuchung" der Bevölkerung (sehr viele Menschen sind von Zecken gebissen worden und haben eine Borrelieninfektion durchgemacht) helfen deshalb Antikörperbestimmungen im Blut für die Diagnose wenig.

Ein weiteres Problem der Blutuntersuchungen ergibt sich daraus, daß der Test bei einigen Erkrankungen fälschlicherweise eine Borrelieninfektion anzeigen kann, diese aber gar nicht stattgefunden hat (sogenannte falsch-positive Ergebnisse in der Borrelien-IgM-Serologie). Dies kommt vor bei Patienten, die an folgenden Krankheiten erkrankt sind: systemischer Lupus erythematodes (SLE), seronegative Spondarthritiden, rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis), Epstein-Barr-Virus-Infektion (EBV), andere Spirochäteninfektionen (Syphilis).

Therapie der Borreliose

Die Therapie der Lyme-Borreliose richtet sich nach dem Stadium und der Art der befallenen Organe. In jedem Fall ist eine antibiotische Therapie notwendig. Die Auswahl der Antibiotika, die Art der Antibiotikagabe und die Dauer der Behandlung hängt hingegen von der Schwere der Erkrankung ab.

Im Frühstadium gibt man Doxycyclin (2 x 100 mg für 10 bis 21 Tage), alternativ Amoxicillin 3 x 500 mg für 10 bis 21 Tage, alternativ Erythromycin 4 x 250 mg für 10 bis 21 Tage.

Bei den späteren Stadien behandelt man die isolierte Lähmung des Facialisnerves (Facialisparese) wie die Borreliose im Frühstadium (s.o.). Bei der Lyme-Meningitis, der Radiculoneuropathie, der Enzephalitis und der peripheren Neuropathie muß intensiver behandelt werden (mehrere Infusionen pro Tag), entweder mit Penicillin G 3 x 5 Mio bis 3 x 10 Mio/Tag für 10-21 Tage oder alternativ Ceftriaxon 2g/Tag für 14 bis 21 Tage. Die Behandlung der Karditis und Arthritis ist vergleichbar der Behandlung der Lyme-Meningitis, bei Arthritis kann allerdings auch Doxycyclin 2 x 100 mg/Tag für 30 Tage oder Amoxicillin/Probenecid 4 x 500 mg/Tag für 30 Tage versucht werden.

Eine Studie von Hassler zeigt die Überlegenheit von Claforan (2 x 3 g/Tag) über 10 Tage gegenüber Penicillin G (2 x 10 Mega-Einheiten/Tag) ebenfalls über 10 Tage. Eingeschlossen in die Studie waren 135 Patienten mit Borreliose im Stadium 3 über mindestens 6 Monate. Die Langzeitergebnisse (Nachuntersuchung nach 24 Monaten nach Abschluß der Therapie) zeigte eine Remissionsrate von 87,9% bei den mit Claforan behandelten Patienten gegenüber 61.3% bei den mit Penicillin behandelten Patienten (Hassler et al, Infection 1990;18:16-20).

In einer Pilotstudie an 18 Patienten aus Österreich wurde geprüft, ob sich bei später Borreliose auch Remissionen durch eine orale Therapie erzielen lassen. Bei 76% kam es unter einer Kombination von Co-Trimoxazol und Roxithromycin zu einer kompletten Remission (Gasser et al, Acta Med Austriaca 1996; 23:99-101).

Nicht in allen Fällen führt die Antibiotika-Therapie nach dem obengenannten Vorgehen zu einer Remission der Erkrankung. Derzeit wird diskutiert, ob dieses fehlende Ansprechen der Therapie mit einer Verselbständigung der Erkrankung bzw. mit einem Übergang in eine Autoimmunerkrankung zu tun hat oder ob es daran liegt, daß man mit der beschriebenen Therapie die Borrelien nicht vollständig abgetötet hat. Für die zweite Vorstellung (noch lebende Borrelien trotz antibiotischer Therapie) sprechen eine Reihe von klinischen Beobachtungen, z.B. eine jeweils kurzfristige bis mittelfristige Besserung nach erneuter antibiotischer Therapie), außerdem die Erfahrung, daß sich bei diesen Patienten mit einer sehr hochdosierten und "gepulsten" Antibiotika-Therapie ("Hasler-Schema") dann doch noch eine Remission erzielen läßt.

Copyright © 1997-2024 rheuma-online
rheuma-online Österreich
 
Alle Texte und Beiträge in rheuma-online wurden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Irrtümer sind jedoch vorbehalten. Alle Angaben sind ohne Gewähr. Jegliche Haftungsansprüche, insbesondere auch solche, die sich aus den Angaben zu Krankheitsbildern, Diagnosen und Therapien ergeben könnten, sind ausgeschlossen.