Anakinra (Kineret): Erste Daten aus der Anwendungsbeobachtung bei der rheumatoiden Arthrititis

Die ersten Ergebnisse der KREATIVE-Anwendungsbeobachtung zeigen für Anakinra (Kineret) eine gute Wirksamkeit beim Einsatz auch unter Praxisbedingungen. Gute Behandlungsergebnisse ließen sich in dieser Studie auch bei Patienten mit einer schweren, aktiven rheumatoiden Arthritis nachweisen, die auf eine vorausgehende Therapie mit einer größeren Zahl von krankheitsmodifizierenden Substanzen, z.T. auch in Kombination, nicht ausreichend angesprochen hatten.

(Sonntag, 24.11.2002, rol)
Kategorie: Archiv bis Mai 2005

Köln, 23.11.2002. In Köln trafen sich am Wochenende führende Rheumatologen aus Klinik und Praxis und tauschten auf dem „Podium Zytokintherapie“ ihre Erfahrungen mit den neuen biologischen Medikamenten aus, insbesondere auch mit dem neuen IL-1-Rezeptorantagonisten Anakinra (Kineret).

Besonderes Interesse fanden die ersten Daten aus der KREATIVE-Untersuchung, einer Anwendungsbeobachtung zum Einsatz von Kineret in der täglichen rheumatologischen Routine.

Alle Patienten, die in diese Anwendungsbeobachtung aufgenommen wurden, litten an einer schweren, aktiven rheumatoiden Arthritis (chronischen Polyarthritis). Die Patienten waren vorher im Durchschnitt mit 3,5 anderen langwirksamen antirheumatischen Substanzen (LWAR, DMARD´s) behandelt worden, bei 40% waren bereits andere biologische Medikamente (TNF-alpha-Blocker) eingesetzt worden.

Die Behandlung mit Kineret wurde bei der überwiegenden Zahl der Patienten (etwa 80%) wegen Unwirksamkeit der vorherigen LWAR-Therapie begonnen. Zu Beginn der Kineret-Therapie bestand unter der laufenden langwirksamen antirheumatischen Therapie und trotz höherdosierter Cortisontherapie eine hohe Krankheitsaktivität. Der größte Teil der Patienten wurde zu diesem Zeitpunkt mit Mtx behandelt (77%), bei 16% der Patienten erfolgte eine Kombinationstherapie, z.T. sogar mit 4 Substanzen. 70% der Patienten erhielten Cortison, die mittlere Cortisondosis betrug im Schnitt 9.1 mg Prednisolon-Äquivalent (z.B. Decortin H). Dennoch waren mehr als 12 Gelenke schmerzhaft und mehr als 10 Gelenke geschwollen, Blutsenkung und CRP waren als Ausdruck der systemischen Aktivität deutlich erhöht.

Die Ausgangswerte im einzelnen (Durchschnittswerte):

Zahl druckschmerzhafter Gelenke 12,4

Zahl geschwollener Gelenke 10,3

Krankheitsaktivität (Skala 0-10, Arzt) 6,7

Gesundheitszustand (Skala 0-10, Patient) 6,7

BSG (mm / h) 36,6

CRP (mg / l) 28,6

Morgensteifigkeit ( Minuten) 129,8

Schmerzen (Skala 0-10, Patient) 6,8

DAS-28 (disease activity score, 28 Gelenke) 6,0

Vorgestellt werden konnten jetzt die ersten Auswertungen für 105 Patienten, die über einen ersten Zeitraum von 3 Monaten mit Kineret behandelt worden waren. Da Kineret im März 2002 zugelassen wurde und seit dem 2. April 2002 in den deutschen Apotheken verfügbar ist, liegen inzwischen auch schon Daten über Behandlungszeiträume von 6 Monaten und sogar schon von 9 Monaten vor. Die Zahl dieser Patienten ist aber derzeit noch nicht groß genug, um umfangreiche statistische Auswertungen vorzunehmen.

Die Daten zeigen, dass es bereits nach 1 Monat Behandlungsdauer zu einem guten Ansprechen auf die Kineret-Therapie kommt. Im weiteren Verlauf bis zum zweiten Auswertungszeitpunkt nach 3 Monaten nahm die Wirksamkeit dann noch weiter zu.

Die Verbesserungen wurden dabei durchgängig bei allen Einzelparametern beobachtet, d.h. bei der sogenannten lokalen entzündlichen Aktivität (geschwollene Gelenke, schmerzhafte Gelenke) ebenso wie bei der systemischen entzündlichen Aktivität (z.B. BSG, CRP). Angesichts der Ausgangssituation waren die Verbesserungen z.T. sehr eindrucksvoll, z.B. mit einer Abnahme der Zahl druckschmerzhafter Gelenke von fast 50% und einer Abnahme des CRP von sogar mehr als 50%:

3-Monats-Ergebnisse (durchschnittliche Verbesserung)

Zahl druckschmerzhafter Gelenke 47 %

Zahl geschwollener Gelenke 35 %

Krankheitsaktivität (Skala 0-10, Arzt) 31 %

Gesundheitszustand (Skala 0-10, Patient) 30 %

BSG (mm / h) 30 %

CRP (mg / l) (Median) 54 %

Schmerzen (Skala 0-10, Patient) 26 %

Durchschnittliche Verbesserung insgesamt 32 %

Insgesamt hatten zum Auswertungszeitpunkt nach 3 Monaten 62% der Patienten auf die Kineret-Therapie angesprochen, wenn man die EULAR-Response-Kriterien zugrunde legt (Van Riel OL, van Gestel AM et al., Br. J. Rheumatol 1996, 35 Suppl 2: 4-7; EULAR = European League Against Rheumatism). 17 % der Patienten erreichten im DAS-28 sogar eine Remission mit Werten im DAS-28 von 2,4 („tiefgrüner Bereich des DAS“, vgl. dazu auch unseren eDAS im OMORA-Programm von rheuma-online).

Die Ansprechrate war für Patienten, die vorher noch nicht mit anderen „Biologicals“ behandelt worden waren („biological-naive Patienten“) und solchen, die bereits mit anderen Biologicals vorbehandelt waren, im wesentlichen gleich gut.

Allerdings zeigte sich bei der Auswertung, dass es eine kleine Gruppe von Patienten mit „katastrophalen“ Krankheitsverläufen gibt, die weder auf eine vorausgegangene Therapie mit einer Vielzahl von klassischen langwirksamen antirheumatischen Substanzen noch auf TNF-alpha-Blocker angesprochen hatten und die bei Beginn der Kineret-Therapie eine sehr hohe Krankheitsaktivität aufwiesen. Bei diesen Patienten kam es zwar unter der Kineret-Therapie auch zu einer Verbesserung einzelner Parameter (Zahl schmerzhafter Gelenke, Schmerz-Score, Gesundheitszustand, BSG, Krankheitsaktivität, DAS), insgesamt wurde aber nach 3 Monaten in dieser kleinen Patientengruppe mit einem DAS von 5.1 bei einem Ausgangs-DAS von 6,3 nur eine unbefriedigende Ansprechrate und eine nur unzureichende Kontrolle der Krankheitsaktivität erzielt (DAS-28 nach 3 Monaten noch im unteren „roten“ Bereich).

Die Verträglichkeit von Kineret war gut. Hauptproblem waren die bekannten Hautreaktionen an der Einstichstelle der Injektion, die bei knapp 22% der Patienten auftraten. Bei der überwiegenden Zahl der Patienten (75%) waren diese Hautreaktionen leicht oder mäßig ausgeprägt, bei 25% schwer.

Zu schwerwiegenden Nebenwirkungen kam es bei 2.9% der Patienten, wobei allerdings nur 3 mit der Kineret-Therapie in Zusammenhang gebracht wurden (in einer Anwendungsbeobachtung werden alle unerwünschten Ereignisse dokumentiert, unabhängig davon, ob sie in einem Zusammenhang mit der Therapie stehen oder nicht). Sie äußerten sich in einer Vaskulitis, die am 10. Tag nach der ersten Injektion auftrat, einer Sarkoidose sowie einem großen Bluterguß in der Leiste. Die Sarkoidose wurde von den behandelnden Ärzten als mögliche Nebenwirkung der Kineret-Therapie bewertet (darüber kann man lange miteinander diskutieren), ebenso der Bluterguß (über einen Zusammenhang mit der Kineret-Therapie kann man auch in diesem Fall geteilter Meinung sein).

Schwere Infektionskomplikationen wurden nicht beobachtet. Insbesondere kam es auch nicht zum Auftreten von Tuberkulosen.

Die Referenten fassten die ersten Ergebnisse der Anwendungsbeobachtung so zusammen:

Anakinra (Kineret) zeigt eine gute Wirksamkeit beim Einsatz auch unter Praxisbedingungen. Gute Behandlungsergebnisse ließen sich in dieser Studie auch bei Patienten mit einer schweren, aktiven rheumatoiden Arthritis nachweisen, die auf eine vorausgehende Therapie mit einer größeren Zahl von krankheitsmodifizierenden Substanzen, z.T. auch in Kombination, nicht ausreichend angesprochen hatten.

Kineret zeichnete sich durch eine gute Verträglichkeit und hohe Therapiesicherheit aus. Mit Ausnahme von Hautreaktionen an der Einstichstelle der Injektion waren Nebenwirkungen vergleichsweise selten. Insbesondere traten nur sehr wenig schwerwiegende Nebenwirkungen auf. Schwere Infektionskomplikationen wurden nicht beobachtet.

Mit Kineret steht damit eine neue biologische Substanz zur Verfügung, die den Patienten und behandelnden Ärzten auch bei schweren Verläufen einer rheumatoiden Arthritis neue therapeutische Optionen eröffnet.

H.E. Langer, Düsseldorf: KREATIVE – erste Ergebnisse. Podium Zytokintherapie, Köln, 23. November 2002

M. Backhaus, Berlin: Verträglichkeit von Kineret – Post-Market-Erfahrungen. Podium Zytokintherapie, Köln, 23. November 2002

Copyright © 1997-2024 rheuma-online
rheuma-online Österreich
 
Alle Texte und Beiträge in rheuma-online wurden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Irrtümer sind jedoch vorbehalten. Alle Angaben sind ohne Gewähr. Jegliche Haftungsansprüche, insbesondere auch solche, die sich aus den Angaben zu Krankheitsbildern, Diagnosen und Therapien ergeben könnten, sind ausgeschlossen.