Interferon-alpha Lutschtabletten scheinen nicht geeignet zur Behandlung des primären Sjögren-Syndroms

Laut Studienergebnissen vom August diesen Jahres hat die Gabe von Interferon-alpha in Form von Lutschtabletten keinen Einfluß auf die Hauptbeschwerden wie Mundtrockenheit und stimulierter Speichelfluß beim primären Sjögren-Syndrom. Diese Ergebnisse stehen im Widerspruch zu früheren Phase II-Studien, in denen eine Wirksamkeit nachgewiesen werden konnte.

(Mittwoch, 12.11.2003, Dr. med. Gabriele Moultrie)
Kategorie: Archiv bis Mai 2005

 

Das primäre Sjögren-Syndrom ist eine chronische Autoimmunerkrankung mit Entzündung von Drüsengewebe, vorallem der Speicheldrüsen und der Tränendrüsen. Die Patienten leiden unter anderem unter quälender Mundtrockenheit, Schluckbeschwerden und trockenen Augen. Die Therapie der Mundtrockenheit ist bisher äußerst unbefriedigend. Zuckerfreie Kaugummis, Bonbons oder künstlicher Speichel können ebenso wie die Einnahme von Pilocarpin und Cevimeline nur eine vorübergehende Linderung der Symptome bewirken.

In zwei Phase III-Studien ( das sind Medikamentenstudien an Patienten kurz vor Beantragung einer Zulassung) wurde an 497 Patienten mit primärem Sjögren-Syndrom über 24 Wochen die Wirkung von Interferon-alpha Lutschtabletten gegen Placebo (Lutschtabletten aus Zucker) getestet. Dabei ließ sich kein positiver Effekt bezüglich der Mundtrockenheit und des sogenannten stimulierten Speichelflußes feststellen (unter stimuliertem Speichelfluß versteht man die Menge an Speichel, die sich durch Stimulation z.B. von Gerüchen oder Geschmacksstoffen provozieren läßt. Er sollte mehr als 1.5 ml/Min betragen)

Eine Verbesserung zeigte sich in der Messung des sogenannten unstimulierten Speichelflußes.

Obwohl die mit Interferon-alpha behandelten Patienten während der Studie subjektiv keine Besserung ihre Beschwerden bemerkten, fragten viele der Teilnehmer zwei Monate nach Abschluß der Behandlung, ob die Therapie weitergeführt werden könne - ein Hinweis dafür, dass sie unter Therapie doch eine Linderung verspürten.

Erstaunlicherweise lies sich in früheren Studien unter der Behandlung mit Interferon-alpha eine Verbesserung des stimulierten Speichelflußes nachweisen. Warum es in den beiden nachfolgenden Studien zu diskrepanten Ergebnissen kam, ist ungewiß.

Auf Grund der vorliegenden Ergebnissen kann derzeit noch keine Zulassung für Interferon-alpha zur Behandlung des primären Sjögren Syndroms erteilt werden.

Weitere Studien bezüglich der Wirkung von Interferon-alpha bei primärem Sjögren-Syndrom sind von der Pharmaindustrie geplant. Gleichzeitig laufen Untersuchungen zum Einsatz von Interferon-alpha zur Behandlung der Fibromyalgie und von Warzen im Mundbereich bei HIV-Patienten.

Literatur: Cummins MJ, Papas A, Kammer GM, Fox PC. Treatment of primary Sjögren´s Syndrome with low-dose human interferon alfa administered by oromucosal route: combined phase III results. Arthritis Rheum 2003 Aug 15; 49(4):585-93.

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