Noch einmal: Rheuma-Diät

Im März-Heft von Rheumatology, einem der führenden wissenschaftlichen Journals in der Rheumatologie, wird ein Artikel über den Einfluß einer Mittelmeerdiät auf die Symptome der rheumatoiden Arthritis erscheinen. Wir berichten heute schon über die wichtigsten Ergebnisse.

(Donnerstag, 27.02.2003, rol)
Kategorie: Archiv bis Mai 2005

Noch einmal: Rheuma-Diät

Im März-Heft von Rheumatology, einem der führenden wissenschaftlichen Journals in der Rheumatologie, wird ein Artikel über den Einfluß einer Mittelmeerdiät auf die Symptome der rheumatoiden Arthritis erscheinen. Wir berichten heute schon über die wichtigsten Ergebnisse.

In dieser Studie aus Schweden wurde der Einfluß einer mediterranen Diät („Mittelmeer-Diät“) auf die Krankheitsaktivität von Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis untersucht. Als Kontrollgruppe dienten Patienten, die sich mit einer normalen, mitteleuropäischen Diät ernährten („Western diet“, „westliche“ Diät).

Alle Patienten litten an einer durch Medikamente gut kontrollierten, allerdings darunter noch aktiven rheumatoiden Arthritis von mindestens 2-jähriger Dauer.

Rheumatologische Untersuchungen erfolgten zu Studienbeginn,, nach 3 Wochen, 6 Wochen und 12 Wochen. Die Krankheitsaktivität wurde mit dem DAS gemessen (disease activity score = Krankheits-Aktivitäts-Score, vergleiche dazu unsere elektronische online-Version, eDAS, im OMORA-Programm von rheuma-online, mit dem man die Krankheitsaktivität selber abschätzen kann), die funktionelle Kapazität mit dem HAQ (Health Assessment Questionnaire, eine online-Version, den eHAQ, gibt es ebenfalls für die Selbstmessung in unserem OMORA-Programm), und die gesundheitsbezogene Lebensqualität mit dem SF-36 (health survey of quality of life, Short Form-36). Außerdem wurde der tägliche Verbrauch von cortisonfreien Entzündungshemmern (NSAR, nicht-steroidale Antirheumatika) erfaßt.

Die 26 Patienten der Gruppe mit mediterraner Diät verbesserten sich gegenüber dem Anfangswert über die 12 Wochen der Studie um 0.56 Punkte im DAS (p<0.001), um 0.15 Punkte im HAQ (p=0.020) und erreichten in zwei Dimensionen des SF-36 Health Survey eine Verbesserung (Zunahme an Vitalität um 11.3 Punkte (p=0.018) und eine Verbesserung gegenüber des Befindens im Vergleich zur Situation vor einem Jahr um 0.6 Punkte (p=0.016).

In der Kontrollgruppe, die sich unverändert wie vorher ernährt hatte, kam es im Studienverlauf zu keinen Veränderungen in allen genannten Variablen, d.h. weder im DAS, im HAQ noch im SF-36.

Die Unterschiede wurden dabei erst in der zweiten Hälfte des Studienzeitraums deutlich, d.h. im Verlauf der 6. bis zur 12. Woche.

Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, das sich durch den Wechsel von einer traditionellen Ernährung (“western diet”, westliche Ernährung) auf eine mediterrane Diät (“Mittelmeer-Diät“) bei rheumatoider Arthritis eine Verringerung der Entzündungsaktivität, eine Zunahme der funktionellen Kapazität und eine Verbesserung der Vitalität erzielen lässt.

An experimental study of a Mediterranean diet intervention for patients with rheumatoid arthritis.

Skoldstam L, Hagfors L, Johansson G.

Department of Medicine, Kalmar County Hospital, S-391 85 Kalmar, Sweden. Department of Food and Nutrition, Umea University, S-901 87 Umea, Sweden.

Ann Rheum Dis 2003 Mar;62(3):208-14

Kommentar von rheuma-online:

Die Studie ist eine schöne Ergänzung zur Studie von Olaf Adam aus München, über die wir am 17. Februar 2003 in den rheuma-news berichtet haben (Effekte einer Arachidonsäure-armen Diät und Fischöl bei rheumatoider Arthritis, www.rheuma-online.de/news/.

Ebenso wie die Münchener Studie ist auch diese schwedische Untersuchung so wichtig, weil sie mit wissenschaftlich exakten Methoden nachweist, ob und in welchem Umfang mit gezielten diätetischen Maßnahmen auf die Symptome und Krankheitsfolgen der rheumatoiden Arthritis Einfluß genommen werden kann.

Die erreichten Ergebnisse im DAS sind nicht sehr ausgeprägt, aber signifikant, d.h. die mediterrane Diät ist eine sehr elegante, gesunde und nebenwirkungsfreie Möglichkeit, die Krankheitsaktivität noch ein kleines Stück weiter zu senken. Für alle Nicht-Vegetarier hat die schwedische Studie sogar noch die frohe Botschaft, dass sie bei dieser Diät nicht auf Fleisch verzichten müssen.

Die im HAQ gemessenen Verbesserungen der funktionellen Kapazität sind ebenfalls nicht überwältigend; in der Regel wird eine Veränderung im HAQ als klinisch relevant bewertet, wenn sie mehr als 0.25 Punkte beträgt. Die Tendenz ist aber dennoch erfreulich, insbesondere im Hinblick auf die relativ kurze Studiendauer und weiterhin im Hinblick darauf, dass sich bei den Patienten der Kontrollgruppe überhaupt keine positiven Veränderungen zeigten.

Worauf allerdings auch in dem Kommentar zu dieser Studie unbedingt hingewiesen werden sollte:

Die mediterrane Diät darf auf keinen Fall die alleinige Maßnahme zur „Behandlung“ einer rheumatoiden Arthritis sein, sondern ist eine wertvolle unterstützende Maßnahme, die die stabile und unabdingbar notwendige langwirksame antirheumatische Therapie mit DMARD´s ergänzt (DMARD´s = disease modifying antirheumatic drugs, krankheitsmodifizierende Medikamente).

Alle Patienten in der Studie hatten bereits eine gute Kontrolle ihrer Krankheit durch die laufende medikamentöse Therapie erreicht. Die zusätzliche Diät erfolgte zur Beeinflussung der noch bestehenden Restsymptome.

Wir hatten bereits im Zusammenhang mit der Arachidonsäure-armen Diät eindrücklich darauf hingewiesen, dass auf Grund des Wirkmechanismus dieser Diät (Verminderung der Prostaglandin-Synthese durch eine verringerte Aktivierung des entzündungsverstärkenden Enzyms Cyclooxigenase 2, COX-2) eine solche Diät keinen Einfluß auf den eigentlichen Verlauf der Erkrankung und die entzündlich bedingte Gelenkzerstörung haben kann, da diese Prozesse über andere Mechanismen ablaufen und gesteuert werden, z.B. die Zytokine (Botenstoffe) wie TNF-alpha oder Interleukin-1, T-Zellen, Makrophagen und synoviale Fibroblasten, also völlig andere „Key-Player“ und Mediatoren der Gelenk- und Knochendestruktion bei der rheumatoiden Arthritis, auf die die Arachidonsäure, Prostaglandine und verwandte Entzündungsmediatoren keinen Einfluss haben.

Deshalb wiederholen wir uns auch lieber noch einmal: Übereinstimmend belegen auch alle übrigen Studien zur Frage der Bedeutung einer Diät bei der rheumatoiden Arhritis, dass eine wirkliche Krankheitsmodifikation im Sinne einer langfristigen Beeinflussung des weiteren Krankheitsverlaufs der Arthritis durch eine Diät alleine nicht erreicht werden kann. Oder, anders ausgedrückt: Eine wie auch immer geartete „Rheuma-Diät“ kann eine wirksame langwirksame antirheumatische Therapie („Basistherapie“) nicht ersetzen. Ihr Stellenwert liegt im unterstützenden Bereich und bei der Möglichkeit, vielleicht die eine oder andere Tablette Diclofenac oder vergleichbare Substanzen einzusparen.

Für alle, die Italien, Südfrankreich oder Spanien und die mediterrane Küche lieben, ist die Studie aber ein schöner Anlaß, sich bereits jetzt auf den nächsten Besuch beim Italiener, Franzosen oder Spanier zu freuen.

Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer

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