Posterpreis der DGRh für Düsseldorfer Modell

Ein Posterpreis der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie geht in diesem Jahr an den Schwerpunkt für Rheumatologie, Klinische Immunologie und Osteologie am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf. Ausgezeichnet wurde zum Abschluß der 37. Jahrestagung der Gesellschaft in Köln das Düsseldorfer Modell einer Integrierten Versorgung der frühen Arthritis. Das innovative Konzept wurde gemeinsam mit der Deutschen Angestellten Krankenkasse DAK und der Hamburg Münchner Krankenkasse HMK entwickelt und ist seit seinem Start am 1. Juli 2005 das erfolgreichste integrierte Versorgungskonzept in der Rheumatologie.

(Mittwoch, 14.10.2009, rheuma-online)

Dr. Langer mit der Urkunde. r-o-Foto: Claudia Langer

Dr. Langer bei der Präsentation des Posters. r-o-Foto: Claudia Langer

Das Preisträger-Trio: Dr. Detlev Parow, Priv. Doz. Dr. med. Hans-Eckhard Langer, Thomas Kerres. r-o-Foto: Dr. med. Gudrun Lind-Albrecht

Stephanie Werner, Assistenzärztin in der Früharthritisklinik, auf der DGRh-Tagung bei der Präsentation der 3-Jahres-Ergebnisse der Integrierten Versorgung. Zusammen mit Fr. Dr. Gudrun Lind-Albrecht, gemeinsam mit Dr. Langer Leiterin der Früharthritis-Klinik, und Frau Sonja Zwenger (Krankenschwester und Case-Managerin der Integrierten Versorgung) ist sie wesentlich am Erfolg des Modells beteiligt. r-o-Foto: Claudia Langer

Start des Projekts: Vertragsunterzeichnung im Juli 2005 in Düsseldorf. Dr. Wolfgang Holz, Verwaltungsleiter des EVK, Prof. Dr. h.c. Herbert Rebscher, Vorstandsvorsitzender der DAK, Hans-Werner Veen, Dieter Baltzer, Vorstandsvorsitzender der HMK, Priv. Doz. Dr. med. Hans-Eckhard Langer, Schwerpunkt für Rheumatologie, klinische Immunologie und Osteologie, Jürgen Bausch, Leiter der KV-Consult der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Karl-Hermann Haack, Dr. Harry Fuchs, Verwaltungsrat der HMK. r-o-Foto: Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer

Die Versorgungssituation von Rheumapatienten in Deutschland ist durch erhebliche Defizite gekennzeichnet. Kernprobleme sind eine verzögerte Diagnosestellung, die verspätete Einleitung wirksamer Therapien und ein suboptimaler Einsatz der zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Dies war, so Priv. Doz. Dr. Langer aus Düsseldorf bei der Präsentation des preisgekrönten Posters auf der diesjährigen Jahrestagung der deutschen Rheumatologen in Köln, im Jahr 2004 die Ausgangssituation für eine gemeinsame Initiative von Praxis und Klinik, Kostenträgern und Kassenärztlicher Vereinigung, in einem Modellprojekt eine komplett sektorübergreifende (ambulant, stationär, Rehabilitation) integrierte Versorgung nach §§ 140a ff SGB V zu entwickeln und dadurch die Diagnostik und Therapie der frühen Arthritis zu verbessern.

 

 

Nach einer einjährigen Vorbereitungsphase startete das ehrgeizige Konzept am 1. Juli 2005 als eines von fünf „Leuchtturm-Projekten“ von DAK und HMK zur Integrierten Versorgung.

 

 

Das Modell ist in dieser Art einzigartig und realisiert wesentliche Forderungen von wissenschaftlichen Experten (z.B. Mau-Gutachten 2004) und Handlungsempfehlungen aus dem politischen Raum (einstimmiger Beschluß des Landtags NRW vom 22. September 2004, Drucksache 13/5701; Fachtagung der Düsseldorfer Gesundheitskonferenz vom 16. Juni 2004)).

 

Es beruht auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Frühdiagnostik und Therapie der rheumatoiden Arthritis. Durch die Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein als Vertragspartner ist die Vernetzung mit der Kompetenz und Erfahrung der medizinischen Alltagspraxis sichergestellt.

 

Hausärzte und weitere Fachärzte wie Internisten, Orthopäden oder Chirurgen helfen, als Kooperationspartner die Frühdiagnostik zu verbessern und den kürzesten Weg zur spezialisierten rheumatologischen Versorgung sicherzustellen. Dafür wurde ein spezielles Instrumentarium zur Arthritis-Früherkennung entwickelt.

 

 

Gemeinsames Ziel ist es, rheumatoide Arthritis in einem frühestmöglichen Stadium zu diagnostizieren und durch rechtzeitige und wirksame Therapie die Behandlungsergebnisse entscheidend zu verbessern.

 

 

Das Konzept setzt auf Erfahrungen aus Früharthritis-Kliniken („early arthritis clinics“) in Großbritannien, den Niederlanden und Österreich sowie in den USA auf und erweitert es um einen strukturierten und integrierten Zugang zur Diagnostik und Therapie im Sinne einer komplexen und umfassenden integrierten Versorgung der frühen rheumatoiden Arthritis.

 

Dazu wurde eigens für das Projekt ein integriertes Versorgungsmanagement der rheumatoiden Arthritis entwickelt, das für den einzelnen Patienten die optimalen Behandlungspfade ermittelt und im Therapieverlauf wirksam organisiert.

 

 

Nach einer umfangreichen rheumatologischen Diagnostik erfolgt eine vorläufige Prognose-Abschätzung des wahrscheinlichen Krankheitsverlaufs und eine Zuordnung der Patienten zu entsprechenden Behandlungspfaden mit unterschiedlicher Art und Intensität der Versorgung.

 

Alle drei Monate erfolgt ein Re-Staging und erneutes Grading zur Überprüfung der Risikogruppe und ggf. eine Neueinstufung mit einer daraus resultierenden Änderung oder Anpassung der Therapie (radiologische Kontrollen alle 12 Monate).

 

 

Auf diese Weise passen sich Therapie und Versorgungsqualität in einem der japanischen Kaizen-Methode nachempfundenen Verfahren zunehmend an die individuellen Notwendigkeiten an und optimieren sich im Verlauf selbst.

 

Der Behandlungskorridor ist dabei durch drei Grenzen definiert:

 

  • Krankheitsaktivität (gemessen über den DAS28)
  • Funktionskapazität (gemessen über den HAQ) und
  • Röntgenprogression, abgebildet durch Röntgenkontrollen alle 12 Monate

Zielvorgabe ist eine mindestens partielle klinische Remission (DAS28 <= 3.2), keine relevante Einschränkung der funktionellen Kapazität (HAQ <= 1) sowie keine Röntgenprogression.

Mit dieser Konzeption, so Dr. Langer, vereint das Düsseldorfer Modell die Grundideen der schottischen TICORA-Studie (intensivierte fachrheumatologische Betreuung der Patienten gegenüber der traditionellen Routineversorgung in größeren Abständen), der holländischen BeST-Studie und der CAMERA-Studie (regelmäßige Überprüfung und ggf. Neuausrichtung der Therapie in Abhängigkeit von der DAS-Krankheitsaktivität), unternimmt dabei aber erstmalig eine prognose-gesteuerte, risiko-adaptierte, bereits initial individuell-differenzierte Versorgung mit einer Stratifikation in unterschiedliche Risikogruppen und entsprechend differente Behandlungspfade sowie mit einer unterschiedlich aufwendigen Betreuungsintensität.

 

Der Zugang zur Früharthritis-Klinik erfolgt regelhaft über die primär betreuenden Ärzte (Hausärzte, Internisten, Orthopäden, Chirurgen). Hier wird zugleich das Primär-Screening auf eine frühe Arthritis durchgeführt. Bei positivem Ergebnis kommt es über einen Express-Zugang („fast track“) zur Anmeldung und Aufnahme in der Früharthritis-Klinik.

 

Dort kann nach einer differenzierten rheumatologischen Diagnostik unter Einschluß modernster Methoden in kürzestmöglicher Zeit mit einer adäquaten Therapie begonnen werden.

 

Mit insgesamt 360 eingeschriebenen Patienten betreut das Düsseldorfer 

Versorgungsmodell die größte Kohorte von Früharthritis-Patienten, die in Deutschland im Rahmen einer integrierten Versorgung behandelt werden.

 

Nach Abschluß der Modellphase (Anschubfinanzierung der Integrierten Versorgung) wurde es zum 1.1.2009 in die Regelfinanzierung überführt und gilt unter Experten als ein gelungenes Beispiel eines neuartigen Versorgungsansatzes in der Rheumatologie.

 

Eine Begleitevaluation (Langer St. et al. 2009) deutet darauf hin, daß sich durch den prognose-orientierten Behandlungsalgorithmus nicht nur sehr gute klinische outcomes erreichen lassen, sondern zugleich der Einsatz der vorhandenen Ressourcen optimiert wird.

 

Mit dem Posterpreis der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie wird mit der Düsseldorfer Integrierten Versorgung der frühen Arthritis ein Modell gewürdigt, das sich aus unserer Sicht nicht nur durch eine sorgfältige wissenschaftliche Grundlagenarbeit auszeichnet, sondern auch herausragende klinische Ergebnisse liefert.

 

Das Modell zeigt zugleich, daß bei innovativen rheumatologischen Versorgungskonzepten die Umsetzung in die Regelversorgung besonders dann gelingt, wenn Wissenschaftler, Praktiker und Kostenträger bei Konzeption, Implementation und Evaluation, d.h. bei Entwicklung, Einführung in die Praxis und wissenschaftlicher Auswertung und Bewertung der Ergebnisse von Beginn an eng zusammenarbeiten.

 

Auch in dieser Hinsicht darf das Düsseldorfer Modell aus unserer Sicht als beispielhaft gelten. 

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