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Fragen und Antworten

Eine Frage von Ellen G.:

Ich bin 62 Jahre und habe seit 7 Jahren eine chronische Polyarthritis mit progredient destruierenden Manifestationen trotz einer Basistherapie mit Azufildine RA und später Mtx. Im Rahmen einer klinischen Studie erhielt ich in der Rheumaklinik .... nun insgesamt 6 Infusionen von REMICADE á 200 mg, die vom Hersteller/Vertreiber kostenlos zur Verfügung gestellt worden waren. Hierunter kam es zu weitgehender Rückbildung der Beschwerden im Bereich der Hände, Schultergelenke und der Vorfüsse sowie der entzündlichen Aktivitätszeichen, die Funktion beider Hände war weitgehend wiederhergestellt. Leider standen dem behandelnden Arzt dann keine weiteren Präparate zur Verfügung. Über meinen Hausarzt läuft inzwischen ein Antrag auf Kostenübernahme dieses Medikamentes durch die Kassenärztliche Vereinigung. Da diese Prozedur nun schon über 7 Monate läuft, frage ich, ob bei positiver Entscheidung eine erneute Aufnahme von Infusion mit Remicade nach so langer Pause richtig ist. Über eine Antwort hierzu würde ich mich sehr freuen und verbleibe mit freundlichen Grüssen

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 18.09.2002:

Was Sie mir schreiben, ist für mich vollkommen unverständlich, denn bei vorliegender medizinischer Indikation ist eine Genehmigung der Kostenübernahme für Remicade durch die Kassenärztliche Vereinigung nicht notwendig. Ebenso sind weitere Anträge oder Genehmigungen nicht notwendig. Remicade wird wie jedes andere Medikament auf Rezept verordnet, ist in der Regel am selben Tag oder spätestens am nächsten Tag in der Apotheke abholbereit und kann dann am selben Tag infundiert werden. Dies gilt im übrigen genauso auch für alle übrigen biologischen Medikamente wie Etanercept (Enbrel) oder Anakinra (Kineret). Die Kassenärztliche Vereinigung tritt für die Kosten ohnehin nicht ein, zuständig für die Kostenübernahme sind die gesetzlichen Krankenkassen. Die Kassenärztliche Vereinigung spielt in diesem Zusammenhang nur in sofern eine Rolle, als sie zusammen mit den Krankenkassen in einem Ausschuss vertreten ist, der auf Antrag oder in bestimmten Fällen „von Amts wegen“ überprüfen kann, ob die Verordnungen, die ein Kassenarzt veranlasst, dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprechen. Wenn der Arzt dies nicht nachweisen kann, kommt es in bestimmten Fällen zu einem sogenannten Regress, d.h. die Krankenkassen übernehmen die Kosten für dieses Medikament nicht und ziehen die Kosten dem Arzt von seinem Arzthonorar ab.

 

Ich vermute, dass dies der Grund für den „Antrag“ und das sogenannte „Genehmigungsverfahren“ ist.

 

Bei der Therapie mit Remicade, Enbrel oder Kineret ist die Situation allerdings grundsätzlich so geregelt, dass sie in den meisten Bundesländern dem angesprochenen Prüfverfahren nicht unterliegt, d.h. aus dem Prüfvolumen der verordneten Medikamente herausgerechnet wird, wenn die Therapie bei einer chronischen Polyarthritis durchgeführt wird und die medizinische Indikation zur Anwendung von Remicade besteht. Diese ist im Regelfall gegeben, wenn eine aktive oder sogar hochaktive chronische Polyarthritis vorliegt, die zuvor mit mindestens einem anderen langwirksamen antirheumatischen Medikament („Basistherapie“) behandelt wurde und dadurch nicht ausreichend beeinflusst werden konnte. Eine weitere Bedingung ist, dass vor dem Einsatz von Remicade oder den anderen genannten Substanzen Methotrexat in genügend hoher Dosierung (in der Regel mindestens 15 mg pro Woche) und ausreichend lange (mindestens 6 Wochen lang, besser mindestens 3 Monate lang) eingesetzt wurde und die Erkrankung darunter nicht ausreichend zu kontrollieren war (Ausnahmen: Unverträglichkeit von Methotrexat oder Gegenanzeigen („Kontraindikationen“) gegenüber Methotrexat).

 

In der Regel wird für die Anwendung von Remicade auch gefordert, dass die Indikation durch einen Rheumatologen gestellt wurde.

 

In Ihrem Fall sind nach Ihrer Schilderung alle genannten Bedingungen ausnahmslos erfüllt, außerdem wurde sogar schon der Nachweis erbracht, dass durch Remicade bei Ihnen eine excellente Wirkung erzielt werden konnte.

 

Aus der Ferne ist es zwar schwer zu beurteilen, aber was ich nicht verstehe, ist, warum Ihnen ein wirksames Präparat nun schon fast 7 Monate vorenthalten wurde. Ich will nicht hoffen, dass in dieser Zeit Ihre Erkrankung schon wesentlich weiter fortgeschritten ist. Was ich aus der Ferne auch nicht so ganz verstehe, warum diese Therapie bei Ihnen durch den Hausarzt und nicht durch einen internistischen Rheumatologen durchgeführt wird, der die entsprechenden Vorschriften normalerweise kennen sollte.

 

Zum zweiten Teil der Frage:

 

Nach der Pause sollte Remicade hoffentlich wieder so gut wirken wie anfangs, allerdings dies nur unter der Voraussetzung, dass es durch die Pause nicht zu einer weiteren massiven Verschlechterung Ihrer Erkrankung gekommen ist.

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