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Fragen und Antworten

Eine Frage von U. Sch.:

Seit September 1999 leide ich an einer chronischen Polyarthritis. Derzeit erfolgt die Therapie mit Enbrel (alle 4 Tagen) in Kombination mit Methotrexat. Vorher war über 5 Monate eine Behandlung mit Remicade-Infusionen erfolgt. Trotz der geschilderten Medikation habe ich immer wieder Schmerzen an den Handgelenken und im linken Knie (starkeArthrose), so daß ich Decortin nehmen muß. Manchmal hilft 30,20,10 und 5 mg für 4 Tage, manches Mal benötige ich auch für ca. 4 Wochen eine Dosis von 20 - 2,5 mg. Danach folgt meistens für 3 - 4 Wochen Schmerzfreiheit. Gibt es andere Behandlungsmöglichkeiten?

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 7.08.2003:

Grundsätzlich muß bei einer längerdauernden rheumatoiden Arthritis / chronischen Polyarthritis und bereits durch die anhaltende Entzündung eingetretenen Gelenkschäden geklärt werden, ob der Schmerz unmittelbar auf eine Entzündung als Ausdruck der Grunderkrankung zurückgeht, ob er eine Folge einer postarthritischen Arthrose ist (Gelenkverschleiß in der Folge der Entzündung), ob er muskulär bedingt ist oder durch eine Überlastungsreaktion im Bereich von Sehnenansätzen hervorgerufen wird, ob er auf einer Kombination von einzelnen oder allen genannten Faktoren beruht und nicht zuletzt, ob er er auf weitere, seltenere Ursachen zurückgeht, die hier nicht alle aufgeführt werden können.

 

Aus der Ferne können, dürfen und wollen wir keine Stellung dazu nehmen, was in Ihrem speziellen Fall die Ursache der Schmerzen sein könnte.

 

Allgemein kann man sagen, dass ein Ansprechen auf Cortison für einen entzündlich bedingten Schmerz im Rahmen der Grunderkrankung spricht. Allerdings hilft Cortison in der Regel auch gut bei einer Arthrose, insbesondere dann, wenn vor Ort zusätzliche Entzündungszeichen bestehen („aktivierte Arthrose“). Eindeutige Hinweise auf eine nicht ausreichend kontrollierte Krankheitsaktivität liefern entsprechende Blutuntersuchungen, insbesondere die Blutsenkung (BSG) und das c-reaktive Protein. Ein gutes Hilfsmittel zur Abschätzung, ob die rheumatoide Arthritis unter der laufenden Therapie ausreichend kontrolliert ist oder nicht, ist der DAS (disease activity score = Krankheitsaktivitäts-Score), der im Rahmen des OMORA-Programms von rheuma-online auch in einer online-Version vorliegt und sehr gut geeignet ist, den Verlauf einer rheumatoiden Arthritis und das Ansprechen auf die Behandlung zu überprüfen und standardisiert zu dokumentieren (www.rheuma-online.de). DAS-Werte unter 3.2 entsprechen einer guten Krankheitskontrolle; Werte über 5.1 deuten auf eine völlig unzureichende Krankheitskontrolle und sollten Anlaß geben, die laufende Therapie zu überprüfen und ggf. zu modifizieren.

 

Wenn bei einer rheumatoiden Arthritis unter einer laufenden Therapie mit Enbrel die Erkrankung nicht ausreichend kontrolliert ist, gibt es verschiedene Möglichkeiten.

 

Zum einen kann man Enbrel mit konventionellen langwirksamen Antirheumatika (LWAR, DMARD´s = disesase modifying antirheumatic drugs, krankheitsmodifizierende Medikamente) kombinieren, vorzugsweise Methotrexat, ggf. im individuellen Einzelfall auch mit anderen Substanzen aus dieser Präparategruppe, z.B. Leflunomid (Arava).

 

Wenn niedrigere Dosen von Methotrexat nicht ausreichen, kann man die Methotrexatdosis in der Kombination mit Enbrel in der Regel ohne Probleme auf die Standarddosis von 15 mg pro Woche erhöhen.

 

Da es Patienten gibt, die Methotrexat bei oraler Verabreichung, d.h. bei einer Tabletteneinnahme, nur in sehr geringem Maße resorbieren, ist bei Verdacht auf eine unzureichende Wirksamkeit von Methotrexat der erste Schritt, dass man Mtx in Spritzenform verabreicht (intravenös, intramuskulär oder neuerdings auch subkutan, d.h. unter die Haut, z.B. subkutan auch als Selbstinjektion durch die Patienten selber).

 

Oft lässt sich eine optimale Krankheitskontrolle nur durch die vorbeschriebene Vorgehensweise und die zusätzliche, niedrigdosierte Gabe von Cortison erreichen. Dabei sollte man bei der „Dauertherapie“, d.h. bei der Behandlung über längere Zeiträume, bei der Cortisontherapie einen low-dose-Bereich von 5 mg Prednisolonäquivalent (z.B. Decortin H) oder sogar noch niedrigere Dosierungen anstreben. (Dabei Osteoporoseprophylaxe mit 4 x 250 mg Calcium pro Tag und 1.000 Einheiten Vitamin D3 nicht vergessen).

 

Besteht der Eindruck, dass Enbrel gar nicht oder nur sehr gering wirkt, kann der Wechsel auf einen anderen TNF-alpha-Blocker vorgenommen werden. Inzwischen liegen aus einer ausreichenden Zahl von Patienten Daten vor, nach denen, möglicherweise wegen des unterschiedlichen Wirkmechanismus von Etanercept (Enbrel) und Infliximab (Remicade) ein Wechsel in der einen wie in der anderen Richtung Sinn macht. So gibt es Patienten, die auf Enbrel nicht ansprechen, sehr wohl aber auf Remicade, und umgekehrt solche, die nicht auf Remicade ansprechen, aber sehr wohl auf Enbrel.

 

Eine weitere Möglichkeit ist der Wechsel auf ein völlig anderes Therapieprinzip aus der Substanzklasse der biologischen Therapien, indem man auf Anakinra (Kineret) wechselt. Hier zeigen die Daten insbesondere aus der aktuell noch laufenden deutschen KREATIVE-Studie, dass es Patienten mit einer unzureichenden Wirkung von TNF-alpha-Blockern gibt, die dann bei einem Wechsel auf Kineret ein gutes Ansprechen auf diese Behandlung zeigen.

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