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Fragen und Antworten

Eine Frage von Carol R.:

Sehr geehrter Herr Dr. Langer,

ich habe Ihnen schon vor ca. 1 Jahr zu dem hervorragenden Internet-Forum gratuliert, welches auch mir schon sehr geholfen hat.

 

Ich selbst bin an Morbus Bechterew erkrankt und hatte bis November 2004 über 1 Jahr große Probleme mit meinem rechten Knöchel und der Achilles-Sehne. Laufen war nahezu nicht mehr möglich. Die letzte Hoffnung war eine Enbrel-Therapie, welche nach 2 Wochen bereits alle Problem beseitigt hatte, und seither geht es mir mit Enbrel 25 mg alle 4 Tage ausgezeichnet. Ich benötige keinerlei andere Medikamente mehr. Mein CRP-Wert ist auf Normalwert gefallen.

 

Jetzt hat mich leider vor 14 Tagen eine Erkältung inkl. Bronchitis schwer erwischt, und ich habe seither Enbrel abgesetzt. Die Erkältung ist bis auf verschleimte Bronchien wieder ok. Nun soll ich wieder mit Enbrel beginnen, obwohl mein rheumatologischer Zustand weiterhin stabil ist und keinerlei Anzeichen einer Verschlechterung vorliegen.

 

Macht es möglicherweise Sinn zu warten, ob mein Zustand ohne Enbrel längere Zeit stabil bleibt? Besteht dann das Risiko, dass Enbrel bei Neubeginn in einigen Monaten nicht mehr wirkt?

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 20.02.2005:

Wenn es unter der Therapie mit Enbrel zu einer kompletten Remission kommt, kann diese im günstigsten Fall andauern, so daß ein Wiederbeginn der Behandlung nicht notwendig ist. Mit welcher Wahrscheinlichkeit dieses optimale Therapieergebnis eintritt, können wir für den M. Bechterew und die damit verwandten seronegativen Spondarthritiden noch nicht genau sagen, da es dazu noch zu wenige Daten gibt. Wenn man die Erfahrungen aus der Therapie anderer entzündlich-rheumatischer Erkrankungen, z.B. der rheumatoiden Arthritis oder Psoriasis-Arthritis, auf den M. Bechterew überträgt (wobei sich die Frage stellt, ob dies zulässig ist), kommt ein solcher Behandlungsverlauf allerdings nur bei einer sehr kleinen Zahl von Patienten vor (etwa 10%). Bei den restlichen 90% entwickelt sich nach dem Absetzen von Enbrel mehr oder weniger schnell erneut eine Krankheitsaktivität, so daß dann der Wiederbeginn der Enbrel-Therapie notwendig wird.

Hinsichtlich des Wieder-Ansprechens von Enbrel nach einer Behandlungspause gibt es sehr unterschiedliche und teilweise vollständig konträre Erfahrungen.

Im unproblematischsten Fall wirkt Enbrel nach der Behandlungspause wieder genauso schnell und genauso gut wie vorher, so daß sich das therapiefreie Intervall nicht ungünstig auswirkt.

Im genau umgekehrten, ungünstigsten Fall wirkt Enbrel mit der Wiederaufnahme der Therapie überhaupt nicht mehr. In einem solchen Fall muß dann nach Behandlungsalternativen gesucht werden (z.B. Umsetzen auf einen anderen TNF-alpha-Blocker).

Daneben gibt es die Beobachtung, daß Enbrel nach einer Behandlungspause und bei einem Rezidiv, d.h. einem erneuten Auftreten von Krankheitszeichen, nicht mehr oder zumindest zunächst nicht mehr so schnell und so gut wirkt wie vor der Therapiepause. Ich persönlich verfüge über eine entsprechende Erfahrung bei einem Patienten mit einem hochaktiven M. Bechterew, der zunächst exzellent auf Enbrel angesprochen hatte und nach dem es dann unter einer Behandlungspause zu einer zunehmenden Schubsituation kam, die sehr langsam und auch nur durch die Erhöhung der Enbrel-Dosis auf 3x25 mg entsprechend drei Injektionen pro Woche zu beherrschen war. Diese Dosierung ist nun schon über einen sehr langen Zeitraum notwendig, und es ist nicht abzusehen, daß wir bald auf die ursprüngliche Dosis zurückgehen können.

Leider gibt es überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, bei welchem Patienten nach einer Therapiepause mit Enbrel der geschilderte günstigste bzw. der ungünstigste Verlauf eintritt. Deshalb ist ein Absetzen von Enbrel eine sehr schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe, die ohne Not nicht angegangen werden sollte.

Allerdings ist auf der anderen Seite eine überflüssige Enbrel-Therapie unsinnig. Deshalb sollte man gemeinsam mit dem Rheumatologen schon darüber nachdenken, ob angesichts einer kompletten Remission eine vollkommen starre Enbrel-Therapie mit 2x25 mg pro Woche sinnvoll ist, oder ob man eine sehr vorsichtige, engmaschig kontrollierte  Therapiereduktion ins Auge fassen kann.

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