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Fragen und Antworten

Eine Frage von Sabine:

Sehr geehrter Herr Dr. Langer, gezwungenermaßen bin ich während des Enbrel-Lieferengpasses auf ein für mich noch nicht bekanntes Cortison gestoßen. Seit Jahren nehme ich täglich 7,5 - 10 mg Decortin ein. Zufällig habe ich von Metysolon gehört und nach Absprache mit meinem Rheumatologen 8 mg pro Tag eingenommen. Ist Urbason gleichzusetzen mit Metysolon?

 

Schon am ersten Tag der Einnahme spürte ich eine ganz andere, bessere Wirkung als beim Decortin und bin fast beschwerdefrei. Ich spritze seit zwei Jahren zweimal wöchentlich Enbrel. Kann es sein, dass Etanercept in meinem Körper noch nachwirkt? Wenn ja, gibt es Erfahrungen, wielange diese Phase anhält? Bestände die Möglichkeit, dass ich auch ohne Enbrel (vorerst) auskäme? Sollte ich Enbrel trotz der guten Urbason-Wirkung weiterspritzen? Viele Grüße......

 

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 18.09.2002:

1. Ist Urbason gleichzusetzen mit Metysolon?

 

Ja. Der Inhaltsstoff von Metysolosn ist Methylprednisolon; genau dieser Inhaltsstoff ist auch in Urbason enthalten.

 

2. Kann es sein, dass Etanercept in meinem Körper noch nachwirkt? Wenn ja, gibt es Erfahrungen, wielange diese Phase anhält?

 

Bei vielen Patienten hält die Wirkung von Etanercept noch an, wenn man die Injektionsbehandlung unterbricht. Die Dauer dieser anhaltenden Wirkung ist allerdings von Patient zu Patient sehr unterschiedlich. Bei einem meiner Patienten mussten wir die Injektionsintervalle von Enbrel verlängern, weil es zwar zu einer excellenten Wirkung gekommen war (die Patientin war absolut beschwerdefrei), weil sich aber unter den kurzen Spritzabständen von zwei Spritzen pro Woche plötzlich depressive Stimmungen entwickelten. Wir haben deshalb schon vor langem und unabhängig von den Versorgungsschwierigkeiten mit Enbrel die Injektionsintervalle verlängert, anfangs auf einmal pro Woche, später sogar auf noch größere Abstände. Bereits bei einer Verlängerung der Injektionsintervalle kam es zu einem Verschwinden der Depressionen, ohne dass sich die Wirkung von Enbrel verschlechterte. Bei dieser Patientin haben wir im weiteren Verlauf festgestellt, dass die Wirkung einer Enbrel-Spritze bis zu 8 Wochen anhielt. Bei anderen Patienten ist es genau andersherum; sie merken bereits 4 Tage nach der letzten Enbrel-Spritze, dass die Wirkung nachlässt und sie eine erneute Injektion benötigen.

 

Aus klinischen Studien wissen wir, dass etwa 10% der Patienten in einer anhaltenden Remission bleiben, auch wenn man Enbrel dauerhaft absetzt. Daraus kann man umgekehrt ableiten, dass bei den meisten Patienten eine Enbrel-Pause auf Dauer nicht möglich ist.

 

Weiterhin weiss man aus diesen Studien, dass die Wirkung von Enbrel dann wieder in vollem Umfang einsetzt, wenn man nach einer Pause wieder mit den Spritzen beginnt. Dieser Effekt ist selbst dann vorhanden, wenn die Enbrel-Pause sehr lang war (in den Studien gab es Pausen von bis zu 24 Monaten).

 

3. Bestände die Möglichkeit, dass ich auch ohne Enbrel (vorerst) auskäme?

 

Es besteht nach dem Gesagten diese Möglichkeit; allerdings ist die Lage immer kritisch, wenn die Beschwerdefreiheit dadurch erzielt wird, dass man Cortison einnimmt. Cortison alleine ist kein Basismedikament und schützt auf Dauer die Knochen und Gelenke nicht vor den Folgen der chronischen Entzündung. Bei mir gilt deshalb die Regel, dass alle Patienten mit einer aktiven chronischen Polyarthritis ein Basismedikament bekommen. Für die Beurteilung der Aktivität ist dabei ein Kriterium, dass die Erkrankung solange als aktiv anzusehen ist, solange man noch Cortison geben muss, um die Symptome zu kontrollieren.

 

4. Sollte ich Enbrel trotz der guten Urbason-Wirkung weiterspritzen?

 

Grundsätzlich sollte eine aktive chronische Polyarthritis in erster Linie mit einem Basismedikament behandelt werden und erst in zweiter Linie mit anderen Präparaten, z.B. cortisonfreien Entzündungshemmern oder Cortison. Wenn es unter der laufenden langwirksamen antirheumatischen Therapie zu einer vollständigen Remission gekommen ist, d.h. dem Fehlen von Symptomen und von Entzündungszeichen im Blut, sollte zunächst versucht werden, das Cortison langsam zu reduzieren. Wenn Cortison vollständig ausgeschlichen werden konnte und unverändert die Remission anhält, kann man im nächsten Schritt darüber nachdenken, ob dann auch die langwirksame antirheumatische Therapie in der Intensität verringert werden kann (z.B. geringere Dosis oder bei Enbrel verlängerte Spritzabstände).

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