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Fragen und Antworten

Eine Frage von Sabine V.:

Wie lange kann ich Enbrel einnehmen? Ich fühle mich deutlich besser im

Vergleich zu den Vorjahren mit all den anderen Medikamenten.

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 18.04.2004:

Wie lange eine Therapie mit Etanercept (Enbrel) durchgeführt werden sollte, hängt in erster Linie davon ab, ob es wirkt und ob es vertragen wird.

 

Wenn Enbrel die Krankheitsaktivität einer rheumatoiden Arthritis, Psoriasis-Arthritis, juvenilen Arthritis (Kinderrheuma) oder einer ankylosierenden Spondylitis (M. Bechterew) ausreichend kontrolliert, d.h. im günstigsten Fall zu einer kompletten Remission führt, und dabei gleichzeitig gut vertragen wird, gibt es keinen Grund, die Therapie zu beenden.

 

Wann man in einer solchen Situation mit der Enbrel-Therapie aufhört, ist eine extrem schwierige Frage. Aus den klinischen Studien zu Enbrel wissen wir, daß nur 10% der Patienten durch eine solche Therapie in eine anhaltende komplette Remission gelangen,

d.h. bei 90% kommt die Erkrankung wieder, wenn die Therapie beendet wird.

 

Der Vergleich stimmt vermutlich nicht, macht aber die Situation vielleicht deutlich: Wenn ein Zuckerpatient Insulin spritzen muß, weil der Körper nicht mehr genug eigenes Insulin bildet, kann er damit auch nicht aufhören, wenn der Zucker durch die Insulinspritzen gut eingestellt ist.

 

Wenn bei einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung vom Körper zu viel TNF-alpha gebildet wird (in diesem Fall ist also ein körpereigener Stoff zu viel und nicht zu wenig, wie bei der Zuckerkrankheit), und diese Überproduktion durch die medikamentöse Gabe eines TNF-alpha-Blockers wie Etanercept (Enbrel) korrigiert wird, kommen die alten Probleme in ähnlicher Weise wieder, wenn man mit der TNF-alpha-Blockade aufhört.

 

Weder aus theoretischen Gründen noch auf der Grundlage der Daten aus den vorliegenden Studien ist deshalb eine zeitliche Begrenzung der Enbrel-Therapie zu begründen, allerdings spielen natürlich heute in den Zeiten der begrenzten Finanzmittel im Gesundheitswesen finanzielle Gründe eine große Rolle. Wenn eine Enbrel-Therapie aber medizinisch notwendig ist, dürfen die Kosten nicht die vorrangige Entscheidungsgrundlage für die Behandlung sein.

 

Durch eine Therapie mit Enbrel sind auch über einen längeren Behandlungszeitraum keine „kumulativen“ Risiken zu erwarten, d.h. es kommt nicht durch die Daueranwendung zu einer Summierung von Nebenwirkungen oder Schäden.

 

Mittlerweile liegen schon Daten aus Studien vor, in denen Patienten mit einer Enbrel-Therapie über Behandlungszeiträume von mehr als 5 Jahre beobachtet wurden, d.h. sie haben über diesen Zeitraum ununterbrochen Enbrel gespritzt. In dieser Zeit traten keine Nebenwirkungen auf, die nicht auch bereits schon aus der Kurzzeitanwendung bekannt waren. Insbesondere handelt es sich dabei um die bekannten möglichen Nebenwirkungen wie eine erhöhte Infektanfälligkeit, die aber durch die dauerhafte Anwendung von Enbrel nicht zunimmt.

 

Befürchtet war ursprünglich ein möglicherweise erhöhtes Tumor-Risiko unter einer Langzeit-Anwendung von TNF-alpha-Blockern. Alle vorliegenden und mittlerweile doch in einem recht großen Umfang vorhandenen Daten sprechen aber dagegen, daß ein solches Risiko besteht.

 

Zusammenfassend wiegt der überragende Nutzen, d.h. die hervorragende Wirkung einer Enbrel-Therapie bei der Therapie der genannten entzündlich-rheumatischen Erkrankungen die möglichen negativen Folgen bei weitem auf. Mittlerweile weiß man, daß eine unbehandelte oder unzureichend behandelte rheumatoide Arthritis bereits innerhalb von kurzer Zeit zu irreversiblen, unumkehrbaren Schäden führen kann und auch mit einer erhöhten Sterblichkeit einhergeht.

 

Dies gilt in vergleichbarer Weise auch für die anderen genannten Erkrankungen, für die eine Therapie mit Enbrel in Frage kommt. Mit der Enbrel-Therapie können alle diese schwerwiegenden Folgen der Erkrankung im günstigsten Falle vollständig vermieden werden. Wichtig ist, dass die Therapie von einem spezialisierten internistischen Rheumatologen für nötig befunden und in ihrer Durchführung kontrolliert und qualifiziert überwacht wird.

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