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Fragen und Antworten

Eine Frage von Christiane K.:

Ich wende mich an Sie mit einer sicherlich nicht typisch 'rheumatologischen' Problematik.

 

Es geht um folgendes: Nach einer Operation '02 im Bereich postero-mediales OSG hatte sich hier sowohl eine Algodystrophie (CRPS 1) als auch eine Arthrofibrose ausgebildet. Nach Re-Op '03 zur Entfernung der Fibrosierungen befindet sich der Fuß nun in einer Art post-CRPS-Stadium (Erscheinungsbild von außen sehr ok - allerdings noch kaltes Schwitzen, Einsteifen des Gelenks, teilweise recht starke Schmerzzustände etc. - als Medikament Gabapentin, Physio), die Fibrosierungen (z.Z. das Hauptproblem!) kommen zudem begleitet von einer Art Entzündungsschmerz wieder.

 

Neben einer Verbesserung der funktionellen Einschränkung suche ich daher nach einer adäquaten Behandlungsmöglichkeit, die den mehr oder minder stetig bestehenden Vorgang Entzündung - Fibrosierung unterbricht - um quasi das Übel an der Wurzel zu packen.

 

Leider habe ich allerdings bisher keinen Rheumatologen gefunden, der sich in diesem Bereich auskennt - von rheumatologischen Orthopäden mal ganz abgesehen! Von Seiten der behandelnden unfallchirurgischen Universitätsklinik (die sich mit der Thematik sehr gut auskennt und in diesem Bereich auch aktiv forscht) wurde mir geraten, möglicherweise langfristig eine Therapie mit einem Cortisonpräparat durchzuführen. Dieses hatte ich bereits nach der Re-Op '03 verwendet, jedoch zeigte bereits bei Ausschleichen des Prednisolons auf eine Größenordnung von ca. 10 mg ein recht mäßiger Erfolg bzw. ein deutliches Nachlassen der Wirkung. Natürlich möchte ich nun

auch die negativen Begleiterscheinungen des Prednisolons bei einer

längerfristig höherdosierten Therapie vermeiden.

 

Daher meine Frage: Sehen Sie eine Möglichkeit der Behandlung mit

IL-1-Blockern, TNF-alpha-Inhibitoren oder sonstigen "langwirksamen

Rheuma-Mitteln"? (von der Zulassungsproblematik einmal ganz abgesehen ...).

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 6.08.2004:

Bitte haben Sie dafür Verständnis, daß wir über das Internet keine Empfehlungen und Ratschläge zu einer individuellen Diagnose oder Therapie geben können, dürfen und wollen.

Allgemein kann man aber sagen, daß die wesentliche und entscheidende Frage ist, ob nicht dem ganzen Problem primär eine Arthritis des Gelenks zugrunde liegt. Ich selber kenne einen sehr ähnlichen Krankheitsverlauf, bei dem sich nach der Operation eines Sprunggelenks eine Algodystrophie entwickelte und bei dem es auch nach einer sehr raschen und guten Therapie des Sudeck zu anhaltenden Problemen in diesem Gelenk mit Schwellungen, Entzündungszeichen und Bewegungseinschränkung kam. Da wir in diesem Fall das diagnostische Glück hatten, daß die Blutsenkung stark erhöht war, habe ich an die Möglichkeit gedacht, daß die anhaltenden Symptome auf eine Arthritis zurückzuführen sein könnten und mit der Algodystrophie nicht mehr alleine oder unmittelbar etwas zu tun haben könnten. Wir haben deshalb mit einer langwirksamen antirheumatischen Therapie begonnen (damals war das Gold intramuskulär), parallel niedrig-dosiert Cortison. Die Behandlung führte zu einer kompletten Remission. Allerdings kam es dann nach Jahren (!) unter der laufenden Goldtherapie zu einem neuen Schub, der sich durch eine Therapie mit Methotrexat nicht ausreichend kontrollieren ließ. Nach Wechsel auf Etanercept (Enbrel) ist diese Patienten heute in einer nun schon wieder einige Jahre anhaltenden kompletten Remission. Dem Sprunggelenk geht es gut. Über die Jahre ist die Beweglichkeit inzwischen wieder praktisch normal.

Zu diskutieren ist, ob es sich bei der Arthrofibrose im Anschluß an eine Gelenkoperation überhaupt um ein eigenständiges Krankheitsbild bzw. eine unmittelbar mit dem Eingriff im Zusammenhang stehende Komplikation handelt oder aber, ob die dabei beobachtete Entzündung nicht Ausdruck einer entzündlichen Grunderkrankung ist. In diesem Fall macht dann in erster Linie die Therapie der Grunderkrankung Sinn, wobei sich diese Therapie dann an der primären Diagnose ausrichtet.

Denken sollte man bei ausgeprägten postoperativen Arthrofibrosen und einer deutlichen lokalen Entzündungsreaktion immer auch an die Möglichkeit einer Psoriasis-Arthritis (die häufig als solche bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt und diagnostiziert war). Gerade die Psoriasis-Arthritis neigt bei Gelenkeingriffen zu ausgeprägten Fibrosierungen. Wir Rheumatologen kennen dies aus leidvoller Erfahrung vor allem bei Synovialektomien (Entfernung der Gelenkinnenhaut).

Unklar ist für mich weiterhin die Frage, welche Rolle die von Ihnen angesprochene Leukopenie spielt (immunologische Ursache??????? Link / Bindeglied zu einer möglichen entzündlich-rheumatischen oder immunologischen Systemerkrankung????? Ganz unabhängig von der Gelenkproblematik bestehender Befund?????)

Zum Einsatz von IL1-Blockern oder von TNF-alpha-Blockern zur Therapie einer Arthrofibrose ist mir nichts bekannt. Vermutlich ist diese Frage bislang auch noch nicht gestellt worden. Theoretisch begründen könnte man die Verwendung beider Substanzen immer dann, wenn lokal, d.h. vor Ort, eine ausgeprägte Entzündungsreaktion vorliegt und im Vorfeld ein gutes Ansprechen dieser lokalen Entzündung auf Cortison zu beobachten war.

Allerdings haben Sie schon zu recht auf die Off-label-Problematik hingewiesen, d.h. die gesetzliche Krankenversicherung wird die Kosten für eine solche Therapie nicht übernehmen. Ob eine private Krankenversicherung einen solchen individuellen Heilversuch mitmacht, dürfte vom einzelnen Unternehmen abhängen. Hier gibt es nach meiner Erfahrung ganz erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Gesellschaften, wobei das Spektrum von ganz exzellent bis ganz böse (sprich nicht sehr Versicherten-freundlich) reicht.

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