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Fragen und Antworten

Eine Frage von Yvonne:

Guten Tag

 

Ich bin weiblich, 26 Jahre alt und wohne in der Schweiz. Mit 17 hatte ich

zum ersten Mal Gelenkbeschwerden in den Knien und einem Ellbogen. Nach ein paar Monaten - nach Cortisonspritzen, Proxen und Fastenkuren - klang alles wieder ab.

 

Erst Anfang 2005 traten neue Gelenkentzündungen an den selben drei Gelenken wie 1996 auf. Zunächst wurde Borreliose vermutet und drei Wochen lang mit Rocephin i.v. behandelt. Während und nach diesen Infusionen wurden die Beschwerden viel schlimmer, unterdessen sind beide Knie, beide Ellbogen, die Achillessehnen, zwei Zehen, ein Finger, der Nacken und der Kiefer entzündet.

 

Zusätzlich habe ich seit etwa drei Wochen höllische Schmerzen in der Wirbelsäule (eher obere Hälfte des Rückens), die kaum auszuhalten sind. Ich

kann z.B. nicht länger als 15 min. sitzen, bei Bewegung bessert es aber wieder. Auch Proxen (1000mg/d) hilft nicht, zumindest nicht ausreichend.

 

Nun war ich vor 4 Wochen im Unispital Bern, wo eine undifferenzierte seronegative Spondarthritis diagnostiziert wurde. Seit 3 Tagen nehme ich nun 500 mg Sulfasalazin, das innert 4 Wochen auf 2g erhöht wird. Falls das nicht wirken sollte, werden laut den Aerzten TNF-Blocker in Betracht gezogen.

 

Ich habe gelesen, dass es praktisch sicher ist, dass Sulfasalazin zwar in den Gelenken wirken kann, jedoch nicht in der Wirbelsäule. Deshalb meine Frage: Gibt es überhaupt irgend ein Basismedikament, das die Entzündungen in der Wirbelsäule stoppen kann? Oder sind TNF-Blocker die einzige Möglichkeit?

 

Wenn ja, wäre es dann nicht sinnvoller, gleich möglichst früh eine aggressivere Therapie zu beginnen, da es ja oft heisst, dass so bessere Ergebnisse erzielt werden?

 

Und noch eine 2. Frage: Ich habe gehört, dass Basismedikamente bei denjenigen Personen erfolgreicher sein sollen, die weniger Cortison bekommen haben. Kennen Sie diese These? Gibt es Studien darüber, oder ist das nur eine Vermutung?

 

Besten Dank und freundliche Grüsse

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 10.06.2005:

Es ist zwar die gängige Meinung, daß Sulfasalazin nur auf die Gelenke, nicht jedoch auf die Wirbelsäulenmanifestationen einer Spondarthritis wirkt. Dies widerspricht aber der Erfahrung aus der täglichen rheumatologischen Praxis und auch den Ergebnissen von klinischen Studien, die aber entweder älter und relativ unbekannt sind oder die kaum einer zu kennen scheint.

Sie wissen, daß wir aus der Ferne keine Empfehlungen und Ratschläge zu einer individuellen Diagnose oder Therapie geben können, wollen und dürfen. Allgemein kann ich jedoch sagen, daß ich bei seronegativer Spondarthritis auch zunächst Sulfasalazin (über einen kurzen, befristeten Zeitraum von drei, maximal sechs Monaten) einsetze, bevor ich TNF-alpha-Blocker anwende. Dieser Zeitrahmen ist im übrigen so kurz, daß nach allen Daten, die man zur Progression einer Spondarthritis im Bereich der Wirbelsäule kennt, durch eine solche Behandlungsstrategie eine therapeutische Option kaum verpasst werden dürfte. Wobei man einschränkend sagen muß, daß durch den späteren Einsatz von TNF-alpha-Blockern u.U. die Phase von starken Schmerzen und funktioneller Beeinträchtigung verlängert wird. Andererseits wird Sulfasalazin von den meisten Patienten sehr gut vertragen und ist ein sehr sicheres, unproblematisches Medikament, so daß es für den Patienten in jedem Fall von Vorteil ist, wenn er therapeutisch darauf anspricht und nicht mit den zwar hochwirksamen, aber im Handling doch schwierigeren TNF-alpha-Blockern behandelt werden muß. In vielen Ländern spielen daneben auch Kostenargumente eine  Rolle, so daß allein schon von daher alles für einen befristeten Therapieversuch mit Sulfasalsazin und erst dann den Einsatz von TNF-alpha-Blockern spricht, wenn Sulfasalazin unwirksam oder nicht ausreichend wirksam sein sollte.

Zur zweiten Frage: Ich kenne diese Auffassung auch, kenne aber keine Studie, die dies empirisch absichert. Früher hatte ich auch den Eindruck, daß eine solche Vermutung stimmt. Heute denke ich darüber anders, da ich eine Reihe von Patienten kenne, bei denen Sulfasalazin sehr gut wirksam war und die zugleich Cortison bekamen.

 

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