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Fragen und Antworten

Eine Frage von B.S.:

Ich muss mich einer Op -grauer Star- dringendst unterziehen. Der Augenarzt will operieren, sonst nichts. Der Rheuma-Doc sieht es locker sportlich, ich könnte Enbrel nehmen oder auch nicht, ich sei der mündige Patient. Jetzt muss ich mich halt sachkundig machen. Da ich alleine lebe, möchte ich jedes Risiko vermeiden.

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 12.03.2004:

Im Hinblick auf das Vorgehen bei geplanten operativen Eingriffen gibt es für die Therapie mit Enbrel keine allgemeinverbindlichen Empfehlungen, da es dazu auch noch zu wenig Erfahrungswerte gibt.

 

Generell kann man sagen, daß es sehr von der Art des Eingriffs und der individuellen Situation im Einzelfall abhängt, ob die Therapie mit Enbrel vor der Operation unterbrochen / ausgesetzt werden sollte oder ob die Behandlung unverändert fortgeführt werden kann. Eine Rolle spielt dabei u.a. auch die Grunderkrankung, wegen derer die Therapie mit Enbrel durchgeführt wird, die aktuelle Krankheitsaktivität und die Krankheitsaktivität in der Vergangenheit, die Art des therapeutischen Ansprechens auf Enbrel (schnell oder nur zögerlich) und auch das Alter des Patienten und Begleiterkrankungen sowie mögliche Komplikationen im bisherigen Krankheitsverlauf.

 

Hintergrund der Frage, ob vor der Operation eine Therapiepause mit Enbrel gemacht werden sollte sind vor allem zwei Aspekte:

 

- zum einen die Frage, ob die Fortführung der Therapie mit Enbrel einen Einfluß auf die Wundheilung hat

 

- zum anderen die Frage, ob bei einer Fortführung der Therapie mit Enbrel perioperativ und postoperativ, d.h. während und nach der Operation, mit einem erhöhten Infektionsrisiko zu rechnen ist.

 

- Dieses erhöhte Infektionsrisiko kann sich einerseits unmittelbar auf das Operationsgebiet beziehen, d.h. Infektionen im Bereich der Operationswunde / im Bereich der Naht, zum anderen aber auch auf nicht unmittelbar betroffene Organe wie die Lunge oder die Harnwege, die aber mittelbar im Zusammenhang mit der Operation auch eine Rolle spielen (die Lunge insbesondere dann, wenn eine Intubationsnarkose durchgeführt wird, d.h. eine Narkose mit Beatmung, speziell auch, wenn es sich um längere operative Eingriffe mit entsprechend längeren Narkosezeiten und u.U. sogar Nachbeatmungen und postoperativen Überwachungen auf der Intensivstation handelt).

 

Im Fall der Operation eines grauen Stars handelt es sich um einen vergleichsweise unkomplizierten Eingriff mit einem allgemein sehr niedrigen Infektionsrisiko und einem allgemein relativ niedrigen Risiko hinsichtlich Wundheilungsstörungen. Unter diesem Gesichtspunkt ist es in der Tat möglich, die Therapie mit Enbrel unverändert fortzuführen, wenn dies aus rheumatologischer Sicht sinnvoll ist. Dabei sollte man allerdings das Timing der Operation und / oder der Enbrel-Injektionen so wählen, daß die Enbrel-Injektion nicht gerade auf den Operationstag fällt.

 

Eine mögliche Problematik im Zusammenhang mit der Operation eines Grauen Stars mit Einsetzen einer neuen Linse oder einer Hornhaut-Transplantation ist eine entzündliche Reaktion als Reaktion auf das Implantat oder Transplantat. Theoretisch ist von der Enbrel-Therapie als einer entzündungshemmenden Therapie zu erwarten, daß diese Behandlung das Risiko für solche entzündlichen Reaktionen im Bereich der Hornhaut reduziert. Allerdings gibt es dazu meines Wissens bislang keine systematischen Untersuchungen oder Fallberichte etc. Allerdings wäre dies ein Argument dafür, die Enbrel-Therapie unverändert fortzusetzen.

 

Ich übernehme diese Überlegung von den Stellungnahmen einer ganzen Reihe von Augenärzten zur Frage der Fortsetzung einer Methotrexat-Therapie im Zusammenhang mit der Operation eines Grauen Stars. Hier wird von den Operateuren oft so argumentiert wie oben, nämlich daß sie annehmen, daß es unter der Fortsetzung der Methotrexat-Therapie möglicherweise in einem geringeren Maße zu der beschriebenen entzündlichen Reaktion im Auge kommt.

 

 

Eine weitere Frage im Zusammenhang mit einer Enbrel-Therapie und Operationen behandelt die Frage zu Etanercept vom 17. Februar 2004: Therapiepause von Etanercept vor Operationen?

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