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Fragen und Antworten

Eine Frage von Barbara K.:

Mir wurde bei einem Krankenhausaufenthalt gesagt, dass das Felty-Syndrom auch Herz u. Lunge angreift, aber ich finde nirgends Informationen darüber, inwiefern und wie schwer?

 

Hätte auch gerne Informationen über eine durchschnittliche Lebenserwartung nach Feststellen des Felty-Syndroms. Stimmt es, dass diese nicht mehr sehr groß ist?

 

Stimmt es, dass die Lebensqualität immer mehr, nach jedem Schub, abnimmt?

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 27.08.2004:

Das Felty-Syndrom ist eine Sonderform der rheumatoiden Arthritis (chronischen Polyarthritis). Es ist definiert durch die Symptomkonstellation:

- chronische Polyarthritis
- Leukopenie (niedrige Zahl von weißen Blutkörperchen im Blutbild) und
- Splenomegalie (vergrößerte Milz).

Das Felty-Syndrom tritt in der Regel erst nach einem längeren Verlauf einer chronischen Polyarthritis auf und wird vor allem bei schwer verlaufenden Krankheitsbildern beobachtet.

Oft findet sich neben den oben genannten drei Hauptsymptomen auch eine Hepatomegalie (vergrößerte Leber). Bei schweren Verläufen eines Felty-Syndroms entwickeln sich außerdem große Geschwüre an den Unterschenkeln (ulcus cruris bzw. in der Mehrzahl ulcera cruris = offene Beine). Sie haben nichts mit den offenen Beinen gemeinsam, wie man sie z.B. nach früher durchgemachten Venenentzündungen findet (nach Thrombosen der tiefen Beinvenen = postthrombotische ulcera cruris). Allerdings werden sie oft damit verwechselt und dann (in der Regel erfolglos) wie solche behandelt. Die offenen Beine beim Felty-Syndrom haben ihre Ursache in einer rheumatischen Entzündung von Gefäßen (Vaskulitis; sogenannte vaskulitische Ulcera). Sie gehen nur durch eine Intensivierung der antirheumatischen Therapie zurück, z.B. durch Cortison und eine Intensivierung der langwirksamen antirheumatischen Therapie (früher sogenannte „Basistherapie“).

Das Problem bei einer solchen Behandlung ist, daß sich viele Ärzte wegen der geringen Zahl der weißen Blutkörperchen im Blutbild scheuen, Cortison oder auch Methotrexat und Immunsuppressiva (Medikamente, die die zu starke Reaktion des Immunsystems verringern) zu geben, da sie eine berechtigte Sorge wegen einer Infektionsgefahr haben.

Da die Leukopenie beim Felty-Syndrom aber eine immunologische Ursache hat, kommt man aber oft um eine Intensivierung der Immunsuppression nicht herum.

Schwerverlaufende rheumatoide Arthritiden können mit einer sogenannten extraartikulären Organbeteiligung einhergehen, d.h. einer Beteiligung von inneren Organen. Beim Felty-Syndrom ist dies typischerweise die Beteiligung von Milz, Leber und Blutbildungssystem sowie eine Vaskulitis. Eine Beteiligung von Herz und Lunge ist prinzipiell auch möglich, gehört aber nicht zu den klassischen Organbeteiligungen bei einem Felty-Syndrom.

Das Felty-Syndrom tritt in der Regel nur bei Patienten mit einer schwerer verlaufenden rheumatoiden Arthritis auf und hat damit eine schlechtere Prognose als milde Verlaufsformen einer rheumatoiden Arthritis. Ich persönlich kenne keine Daten dazu, ob und in welchem Ausmaß ein Felty-Syndrom die durchschnittliche Lebenserwartung verkürzt. Möglicherweise gibt es dazu auch überhaupt keine verlässlichen Zahlen, da das Felty-Syndrom relativ selten ist und damit Daten aus größeren, aussagefähigen Statistiken vermutlich gar nicht zur Verfügung stehen dürften.

Nach einer allgemeinen klinischen Erfahrung ist es nicht auszuschließen, daß ein Felty-Syndrom mit einer erhöhten Sterblichkeitsrate einhergeht. Genauso kann aber umgekehrt aus der Erfahrung mit anderen, schwer verlaufenden rheumatoiden Arthritiden geschlossen werden, daß das Risiko einer erhöhten Sterblichkeitsrate durch eine wirksame Therapie reduziert oder sogar ganz beseitigt werden kann. Deshalb kommt es gerade und auch bei einem Felty-Syndrom sicherlich darauf an, die Erkrankung durch eine gute langwirksame antirheumatische Therapie ausreichend zu kontrollieren.

Die Lebensqualität kann bei Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis und damit auch bei einem Felty-Syndrom nach einem Schub abnehmen. Dies muß aber nicht ein Dauerzustand sein und bleiben. Entscheidend ist, einen Schub möglichst schnell durch geeignete therapeutische Maßnahmen zu beherrschen und nach Abklingen der akuten Phase ohne Zeitverzug mit Rehabilitationsmaßnahmen zu beginnen. Dies bedeutet,  so schnell wie möglich dafür zu sorgen, daß u.U. im Schub verlorengegangene Funktionen und Fähigkeiten durch Training und andere Hilfestellungen sowie Behandlungsmaßnahmen wiedergewonnen werden.

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