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Fragen und Antworten

Eine Frage von Heike S.:

Leider ist mein Lupus ins Gehirn gesprungen, er sitzt hochparietal im Marklager links, was durch das CT bestätigt ist. Das brachte mir vor 4 Wochen einen leichten Schlaganfall (alle Ausfallerscheinungen bildeten sich innerhalb von 24 Std. zurück).

Muß ich nun mit weiteren Schlägen rechnen oder sogar mit Epilepsie???

Und wie soll ich nun auf diese bösen Kopfschmerzen reagieren ( ich will aber nicht zu sehr in mich reinhorchen)? Aber Angst davor, wie es weitergeht, habe ich auch.

Die Therapie ist von Arava und Quensyl umgestellt auf Stoßtherapie Endoxan alle 3 Wochen und Quensyl.

 

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 1.01.1970:

Für eine Gehirnbeteiligung bei einem systemischen Lupus erythematodes gibt es zwei Hauptursachen, an die man in erster Linie denken sollte. Die eine Ursache ist eine Vaskulitis im Rahmen des Lupus, d.h. eine entzündliche Gefäßerkrankung. Die andere Ursache ist ein sogenanntes Antiphospholipid-Syndrom (APS). Dabei kommt es ebenfalls im Rahmen des Lupus, aber durch einen anderen Mechanismus, durch bestimmte Autoimmunphänomene zum Auftreten von Antikörpern wie beispielsweise Cardiolipin-Antikörpern, die in der Folge zu Störungen im Gerinnungssystem führen. Ein etwas anderes Autoimmunphänomen bei Lupus, das ebenfalls zu Gerinnungsstörungen führt, ist das Auftreten des sogenannten Lupus-Antikoagulans.

Die Therapie von Gehinrbeteiligungen richtet sich zum einen auf die Kontrolle der Krankheitsaktivität. Da es sich bei der Gehirnbeteiligung um eine ernstzunehmende Manifestation des Lupus handelt, setzt man bei der Therapie auch „aggressivere“ Medikamente ein. Ein sehr wirkungsvolles Medikament aus dieser Gruppe ist Cyclophosphamid (Endoxan), das zwar bei langfristiger Gabe nicht ganz unproblematisch ist und das auch bei kurzfristiger Gabe mehr mögliche Nebenwirkungen haben kann als beispielsweise Antimalariamittel wie Quensyl oder wie Leflunomid (Arava), das aber in vielen Fällen zu einer raschen und wirksamen Kontrolle des Lupus auch bei schweren Organmanifestationen führt.

Wissenschaftlich ist derzeit noch nicht endgültig entschieden, welche Art der Endoxangabe in der Akutsituation besser ist. Von der Behandlung der nekrotisierenden Vaskulitiden, z.B. dem M. Wegener, wissen wir, dass Endoxan zur Remissionsinduktion, d.h. zur Einleitung einer Heilung, wirksamer ist, wenn es anfangs täglich und in Tablettenform gegeben wird. Der Nachteil der täglichen Endoxangabe ist allerdings, dass dabei eine höhere Gesamtmenge an Endoxan erforderlich ist, die man gerade bei jungen Menschen nach Möglichkeit vermeiden möchte. Deshalb wird nach Eintritt der Remission dann in der Regel auf die sogenannte Bolustherapie umgestellt, bei der Endoxan in einer höheren Dosierung als Infusion im Abstand von drei bis vier Wochen gegeben wird. Es ist gegenwärtig Gegenstand der Diskussion, ob man in bestimmten Situationen auch schon bei Beginn der Endoxan-Therapie die Bolustherapie einsetzen sollte. Ob dies bei der Gehirnbeteiligung eines systemischen Lupus erythematodes ausreicht und gleich wirksam wie die tägliche Endoxan-Gabe ist, ist nach meiner Kenntnis durch entsprechende klinische Studien nicht belegt.

Zum anderen richtet sich die Behandlung gerade bei Gehirnbeteiligungen und Symptomen sowie Befunden, die auf Schlaganfälle oder Vorstufen dazu hindeuten, auf eine Verbesserung der Gehirndurchblutung bzw. eine Vorbeugung von Gefäßverschlüssen durch eine vermehrte Gerinnungsneigung des Blutes. Oft wird eine solche Therapie flankierend auch bei Vaskulitis gegeben. Absolut notwendig ist sie, wenn der Schlaganfall oder eine Vorstufe davon durch ein Antiphospholipid-Syndrom hervorgerufen wurde. In einem solchen Fall ist eine Therapie mit Medikamenten, die der verstärkten Neigung zur Bildung von Blutgerinnseln entgegenwirken, zwingend notwendig.

Mit Hilfe der heutigen modernen Behandlungsmöglichkeiten ist die Prognose selbst schwerer Organbeteiligungen bei Lupus ganz erheblich besser geworden. Natürlich besteht immer Grund zur Sorge, wenn es bei Lupus zum Auftreten von solchen Komplikationen kommt, aber es besteht kein Grund zur Angst. Durch eine gute Therapie lassen sich in den meisten Fällen schwerwiegende Folgen vermeiden.

Das Risiko von Rückfällen bzw. erneuten Symptomen / erneuten Schlaganfällen hängt davon ab, wie rasch die zugrundeliegende Ursache erkannt und wie schnell sie wirksam behandelt wird. Wenn die Ursache entzündlich ist, d.h. durch einen Lupus-Schub hervorgerufen wurde, gelingt dabei die Krankheitskontrolle am schnellsten durch Cortison. Mit Cortison wird in der Akutphase der Zeitraum überbrückt, bis die eigentlichen remissionsinduzierenden Substanzen wie beispielsweise Endoxan greifen. Dasselbe gilt für das Auftreten von Schlaganfällen im Rahmen eines Antiphospholipid-Syndroms. Hier kommt es entscheidend ebenfalls darauf an, wie schnell die Diagnose gestellt wird und in diesem Falle eine „blutverdünnende“ Therapie eingeleitet wird.

Eine Epilepsie kann bei Lupus im Zusammenhang mit einer Gehirnbeteiligung vorkommen. Glücklicherweise ist diese Komplikation aber relativ selten. Ob ein epileptischer Anfall bei Lupus ein einmaliges Ereignis bleibt oder ob es zu einer dauerhaften Erhöhung der Krampfbereitschaft kommt, hängt stark davon ab, warum die Epilepsie aufgetreten ist. Wenn es gelingt, durch entsprechende therapeutische Maßnahmen die Ursache der Epilepsie zu beseitigen, ist das Risiko gering, dass der Patient auf Dauer epileptische Anfälle zu befürchten hat.

Kopfschmerzen im Rahmen einer Gehirnbeteiligung des Lupus können in der Tat sehr böse sein. Auch hier ist es wichtig, die genaue Diagnose zu kennen und entsprechend symptomatisch zu behandeln. Wichtig ist am Rande, dass es bei schlaganfallartigen Situationen zu starken Erhöhungen des Blutdrucks kommen kann, die zum einen mit heftigen Kopfschmerzen einhergehen können und die zum anderen für das Gehirn nicht gut sind. Eine engmaschige Überwachung des Blutdrucks und ggf. gute medikamentöse Einstellung ist deshalb eine sehr wichtige flankierende Maßnahme.

Insgesamt gesehen gehört das Auftreten einer Gehirnbeteiligung bei Lupus zu den dringlich behandlungsbedürftigen Situationen, um den Begriff der Notfallsituation zu vermeiden. In jedem Fall gehört eine solche Organmanifestation zu den Lupus-Komplikationen, bei denen ich persönlich – von wenigen speziellen Ausnahmen einmal abgesehen, in der Regel eine notfallmäßige stationäre Einweisung und intensive Überwachung und Therapie in einer spezialisierten Abteilung oder Klinik für notwendig halte.

 

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