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Fragen und Antworten

Eine Frage von Ingrid:

Bevor meine Rheumatologin mir Enbrel verordet, mußte ich einen Tuberkulosetest durchführen lassen, dieser ergab eine Reaktion von 11 mm. Daraufhin soll ich zusätzlich zu Enbrel 9 Monate lang ISOZID 100MG einnehmen. Ich habe einfach Angst vor den Nebenwirkungen dieses Präparates.

 

Ist die zusätzliche Einnahme wirklich erforderlich? Wenn die Leberwerte aufgrund dieses Medikamentes zu sehr steigen sollten, müßte ich dann wieder mit Enbrel aufhören? Was wären dann die Folgen? Die anderen Basismittel haben leider ungenügende Wirkung gezeigt.

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 3.08.2005:

Für uns Rheumatologen gelten für die Vorbeugung einer Tuberkulose-Infektion bzw. für die Vorbeugung einer Tuberkulose-Reaktivierung unter der Therapie mit TNF-alpha-Blockern die Empfehlungen des Paul-Ehrlich-Instituts und des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose. Sie geben in der derzeit gültigen Fassung vom Februar 2002 zur Diagnose und Prävention der latenten Tuberkulose bei Patienten vor Beginn der Behandlung mit einem TNF-alpha-Blocker die folgende Vorgehensweise vor, die sich im Text auf die Behandlung mit Remicade bezieht, die im Grundsatz aber identisch auch auf eine Behandlung mit Enbrel anzuwenden ist:

„ … Vor dem Start der Remicade-Behandlung wird eine vorbeugende (präventive) Therapie mit Isoniazid (INH) begonnen. Mit Remicade kann dann einen Monat später unter Fortführung der INH-Prophylaxe begonnen werden. Die INH-Prophylaxe sollte insgesamt über 9 Monate durchgeführt werden. …“

Enbrel hat im Vergleich zu Remicade ein niedrigeres Tuberkulose-Risiko. Deshalb  bekommen meine Patienten bei einem hochpositiven Tuberkulose-Test in der Regel primär auch kein Infliximab (Remicade), sondern Etanercept (Enbrel). Für den weiteren TNF-alpha-Inhibitor Adalimumab (Humira) gilt im übrigen die gleiche Problematik wie bei Infliximab. Dies hängt mit dem unterschiedlichen Wirkmechanismus der Substanzen zusammen. Infliximab und Adalimumab sind monoklonale TNF-Antikörper, Etanercept ist ein löslicher TNF-alpha-Rezeptor. Die beiden Antikörper können Granulome auflösen (und sind damit im übrigen auch bei granulomatösen Erkrankungen wie dem M. Crohn oder dem M. Wegener wirksam), während Etanercept als löslicher Rezeptor nicht dazu in der Lage ist (und damit bei M. Crohn und bei M. Wegener nachgewiesenermaßen auch nicht wirkt).

Trotz des niedrigeren Tuberkulose-Risikos unter einer Enbrel-Therapie kann aber bei einem hoch-positiven Tuberkulin-Test nicht auf eine INH-Prophylaxe verzichtet werden. Dies wäre eine fehlerhafte Behandlung und bedeutete für den behandelnden Arzt erhebliche haftungsrechtliche Risiken in dem Fall, daß bei Ihnen eine Tuberkulose ausbrechen würde.

Wenn Sie hinsichtlich einer INH-Prophylaxe Bedenken haben, werden Sie auf eine Behandlung mit Enbrel oder einem anderen TNF-alpha-Blocker verzichten müssen. Diese Entscheidung steht Ihnen natürlich vollkommen frei. Da allerdings das Risiko einer Leberwert-Erhöhung unter der relativ niedrig dosierten INH-Prophylaxe sehr niedrig ist, sehe ich keinen vernünftigen Grund, warum man nicht mit dieser Behandlung zunächst einmal ganz unvoreingenommen beginnen und den Verlauf engmaschig kontrollieren sollte. Nach der Wahrscheinlichkeit wird es ja überhaupt nicht zu einem Anstieg der Leberwerte kommen. Wenn doch, ist dieser prinzipiell unter Pausierung der Therapie rückbildungsfähig bzw. mit Unterbrechung von INH und Enbrel werden sich die Leberwerte aller Erfahrung nach wieder normalisieren. Wie es dann weitergeht, kann man immer noch neu entscheiden.

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