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Fragen und Antworten

Eine Frage von Christian W.:

Seit 3 Jahren (genau seit 40 Monaten) werde ich mit Enbrel in Kombination mit Methotrexat behandelt. Mit Enbrel ist bei mir eine sehr gute Wirkung eingetreten. Ich habe eine sehr schwere Verlaufsform der chronischen Polyarthritis. Nichts hatte vorher auch nur in irgendeiner Form gewirkt.

 

Seit ca. 1 1/2 Jahren habe ich nun immer häufiger Herzrhythmusstörungen und auch Vorhofflimmern. Ich bin auch schon mehrmals früh morgens umgefallen. Letztmalig im Juli. Keiner kann sich das erklären, und es wird auch nichts gefunden. Ich bin 52 Jahre alt. Herz und Lunge sind unauffällig, der Blutdruck ist normal (120/80), ich bin nicht übergewichtig, Nichtraucher, Nichttrinker. Kann das mit der Rheumabehandlung Enbrel/MTX in irgendeiner Form zusammenhängen?

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 1.09.2004:

Herzrhythmusstörungen können sehr viele unterschiedliche Ursachen haben. Häufigster Grund sind Durchblutungsstörungen des Herzens auf dem Boden einer koronaren Herzerkrankung, d.h. einer Verkalkung der Herzkranzgefäße, gefolgt von einer Verdickung des Herzmuskels und einer Erweiterung der Herzhöhlen bei Herzinsuffizienz (Pumpschwäche). Bei Vorhofflimmern ist eine häufige weitere Ursache eine Erweiterung des linken Vorhofs bei einem unzureichenden Klappenschluß der Klappe zwischen dem linken Vorhof und der linken Herzkammer (sogenannte Mitralinsuffizienz), daneben eine Überfunktion der Schilddrüse (Hyperthyreoidismus).

Bei jüngeren Menschen und bei fehlenden Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Bewegungsmangel muß beim Auftreten von Herzrhythmusstörungen immer auch an die Möglichkeit einer entzündlichen Ursache gedacht werden. Am häufigsten ist eine Virus-Myokarditis, d.h. eine viral bedingte Herzmuskelentzündung.

Bei Patienten mit einer entzündlich-rheumatischen oder immunologischen Systemerkrankung sollten bei Herzrhythmusstörungen zunächst die klassischen Ursachen abgeklärt werden. Wenn hier keine Erklärung gefunden wird, kommen spezielle Risikofaktoren und Komplikationen im Zusammenhang mit der rheumatischen Grunderkrankung in Betracht.

Von der rheumatoiden Arthritis wissen wir seit einigen Jahren, daß die Krankheit selber mit einem erhöhten Risiko für Erkrankungen des Herzens und der Gefäße einhergeht. Wahrscheinlich führt die ständige, anhaltende und hohe Entzündung über bislang noch nicht geklärte Mechanismen zu einer Arteriosklerose und auch zu einer Koronarsklerose (Arterienverkalkung und Verkalkung der Herzkranzgefäße). Ebenfalls möglich ist ein unmittelbarer Befall der Gefäße durch eine rheumatische Gefäßentzündung (Vaskulitis).

Ein weiterer spezieller Risikofaktor ist eine Cortison-Therapie, die in Abhängigkeit von der Dosis und der Therapiedauer zu einem Anstieg der Blutfettwerte führt, z.T. auch zu einer arteriellen Hypertonie (Bluthochdruck).

Bei sehr schweren Krankheitsverläufen einer rheumatoiden Arthritis mit einer über viele Jahre anhaltend hohen systemischen Entzündungsaktivität (ständig stark erhöhte Blutsenkung und / oder stark erhöhtes CRP = c-reaktives Protein) kann es zur Entwicklung einer sogenannten Amyloidose kommen. Dabei handelt es sich um eine Ablagerung von Eiweißstoffen im Gewebe mit einer Verdickung des Gewebes und mit Fehlfunktionen der Organe. Die Amyloidose befällt bei der rheumatoiden Arthritis in erster Linie die Nieren und den Herzmuskel und kann sich hier neben einer Pumpschwäche mit Herzrhythmusstörungen äußern.

Eine andere krankheitsbedingte Ursache von Herzrhythmusstörungen ist bei einer schweren rheumatoiden Arthritis eine rheumatische Entzündung des Herzmuskels (rheumatische Myokarditis).

Die bei der Therapie der rheumatoiden Arthritis eingesetzten Medikamente gehen üblicherweise nicht mit Herzrhythmusstörungen einher. Insbesondere für Methotrexat oder Enbrel sind Herzrhythmusstörungen nicht als geläufige Nebenwirkungen bekannt. Wenn unter einer solchen Kombinationstherapie Herzrhythmusstörungen auftreten, sollte zunächst an andere Ursachen gedacht werden. Wenn es sich um höhergradige Rhythmusstörungen handelt oder die Rhythmusstörungen von erheblichen klinischen Symptomen begleitet sind, z.B. auch Ohnmachtsanfällen, ist eine sogenannte invasive Diagnostik notwendig (Herzkatheter mit Darstellung der Herzkranzgefäße, sogenannte elektrophysiologische Untersuchungen und ggf. auch Entnahme einer Gewebsprobe mit feingeweblicher Untersuchung und Untersuchung auf virale Erreger).

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