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Fragen und Antworten

Eine Frage von Simone P.:

Ich nehme täglich 6 mg Methylprednisolon ein, das heißt morgens 4 mg und abends 2 mg. Funktioniert wunderbar. Habe im November schon mal wieder ausprobiert, ob auch 4 mg Methylpred reichen ( 2 / - / 2 ). Hat aber nicht länger als ca. 5 Tage geklappt, weil die Schmerzen und Schwellungen dermaßen zunahmen, dass es nicht auszuhalten war. Sicher war teils auch das unbeständige Herbst/Winterwetter schuld daran.

Mein Hausarzt meinte, Cortison ist nicht gleich Cortison. Und 6 mg Methylprednisolon entsprechen nicht gleich 6 mg Prednisolon. Stimmt das??? Liege ich mit meinem 6 mg Tagessatz Methylprednisolon im Low-Dose-Bereich oder nicht????

Wenn nicht, wie komme ich dahin?

Die 4mg Tablette kann man einmal gut teilen = 2mg, aber beim weiteren Zerteilen zerbröselt sie.

Eine größere Cortison-Menge alle zwei Monate (eine Art Cortison-Stoß) wäre vielleicht gesünder, oder???

Wenn ja, dann mit wieviel mg und in welchen Schritten wieder runter?

Oder 3 Spritzen Depot-Synacthen?

 

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 1.01.1970:

Cortison ist in der Tat nicht gleich Cortison. Das erste als Medikament hergestellte und therapeutisch eingesetzte Cortison war Prednison (Handelsname Decortin, Merck Darmstadt). In der Folge hoffte man, durch chemische Veränderungen der Substanz einerseits die Wirksamkeit zu steigern und andererseits die Nebenwirkungen zu verringern. Dies gelang z.T. auch wirklich, indem man versuchte, den Anteil der sogenannten mineralcorticoiden Wirkung zu reduzieren und die entzündungshemmende Komponente zu verstärken. Letztendlich zeigte sich aber, dass bei allen Weiterentwicklungen des Prednisons bzw. des kurz darauf ebenfalls von Merck Darmstadt synthetisierten Prednisolons (Decortin H) ein enger Zusammenhang zwischen Wirkung und Nebenwirkungen bestand, d.h. mit Zunahme der Wirksamkeit kam es praktisch parallel zu einer Zunahme der Nebenwirkungen.

In der Konsequenz bedeutet das, dass es heute zahlreiche verschiedene Cortisonpräparate gibt, die unterschiedliche Mengen Cortison mit unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung enthalten. Dabei sind 5 mg Methylprednisolon wirksamer als 5 mg Prednisolon, führen aber auch um den Anteil, den sie wirksamer sind, zu mehr cortisontypischen Nebenwirkungen.

Deshalb wurde der Begriff „Prednisolon-Äquivalent“ geprägt, mit dem versucht wird, die Wirksamkeit und die Nebenwirkungswahrscheinlichkeit der unterschiedlichen Cortisonpräparate vergleichbar zu machen.

Die nachfolgenden Angaben verwenden die Zahlen des deutschen „Cortison-Papstes“ Prof. Dr. med. Hanns Kaiser (Praxis der Cortisontherapie, Urban & Schwarzenberg, 4.Auflage 1996, S. 32). Sie sind weitgehend akzeptiert, auch wenn einige Hersteller aus verständlichen Gründen z.T. anderer Meinung sind.

Danach entsprechen 5 mg Prednisolon (z.B. Decortin H) annähernd:

4 mg Methylprednisolon (z.B. Urbason, Aventis)

5 mg Fluocortolon (z.B. Ultralan oral, Schering Asche Chiesi)

2,5-5 mg Cloprednol (z.B. Syntestan, Roche)

6 mg Prednyliden (z.B. Decortilen, Merck)

6-9 mg Deflazacort (Calcort, GALENpharma)

4 mg Triamcinolon (Delphicort, Riemser, Volon, Dermapharm)

0,75 Dexamethason (Fortecortin, Merck)

Im konkreten Fall bedeutet das, dass 4 mg Methylprednisolon so wirksam sind wie 5 mg Prednisolon, andererseits im Hinblick auf die Nebenwirkungen eben aber auch das Nebenwirkungsrisiko von 5 mg Prednisolon haben. 20% weniger Methylprednisolon-Dosis (rein zahlenmäßig) heißt damit nicht 20% weniger Nebenwirkungen, sondern genauso viel oder so wenig Nebenwirkungen wie die rein zahlenmäßig um 20% höhere Prednisolon-Dosis.

Wenn man davon ausgeht, dass man bei einer Prednisolondosis von 5 mg von einer low-dose-Therapie spricht, wären umgerechnet die halbwegs sicheren Dosisbereiche für die anderen Präparate bei den oben angegebenen Dosierungen.

Oder, um Ihre Frage zu beantworten: Mit 6 mg Methylprednisolon pro Tag liegen sie 50% über dem low-dose-Bereich.

Die wesentliche Möglichkeit, die benötigte Cortisonmenge zu senken, liegt nicht in unterschiedlichen Einnahmestrategien, z.B. in Form von sogenannten Stoßtherapien. Alles in allem kommt man meistens bei solchen Strategien auf dieselbe Menge oder manchmal sogar noch auf höhere kumulative Dosen, wenn man es über die Zeit einmal zusammenrechnet.

Ebenso ist die Gabe von Hormonen, die die körpereigene Cortisonausschüttung verstärken, wie z.B. mit adrenocorticotropem Hormon (ACTH, Handelsname Synacten), keine sinnvolle Alternative, sondern eher sogar noch ungünstiger als die gezielte medikamentöse Gabe. Zum einen ist die Cortisonmenge mit der ACTH-Gabe nicht so gut steuerbar, zum anderen kommt es durch die Verabreichung von Synacten nicht nur zu einer Ausschüttung der entzündungshemmenden Cortisonanteile, sondern auch zu einer verstärkten Ausschüttung der Mineralcorticoide und damit zu einer stärkeren Störung des körpereigenen Mineralhaushaltes als unter der Gabe von Prednisolon oder anderen synthetischen Cortisonpräparaten mit gezielter entzündungshemmender Wirkung.

Wenn sich wegen zu hoher Krankheitsaktivität die Cortisonmenge nicht verringern lässt, muß die langwirksame antirheumatische Therapie (LWAR-Therapie, DMARD-Therapie; DMARD´s = disease modifying antirheumatic drugs = krankheitsmodifizierende Medikamente) intensiviert werden, entweder durch Hinzunahme einer weiteren Substanz im Sinne einer Kombinationstherapie oder durch einen Wechsel des Präparates.

19.01.2003

Keywords: Cortison * Prednison * Decortin * Prednisolon * Decortin H * Methylprednisolon * Urbason * Fluocortolon * Ultralan oral * Cloprednol * Syntestan * Prednyliden * Decortilen *

Deflazacort * Calcort * Triamcinolon * Delphicort * Volon * Dexamethason * Fortecortin * Cortison-Äquivalenzdosen * Prednisolon-Äquivalent

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