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Fragen und Antworten

Eine Frage von Ina:

Bei mir wurde im Sommer 2000 eine entzündlich rheumatische Erkrankung

festgestellt, die damals noch nicht eindeutig zuzuordnen war.

 

Ein Jahr später wurde dann die Diagnose einer undifferenzierten

Spondarthritis mit peripherer Gelenkbeteiligung gestellt, die mit NSAR

behandelt wurde.

 

Mitte 2002 wurde die Entzündungen schlimmer, eine Cortisonbehandlung mit bis zu 40mg Cortison wurde eingeleitet.

 

Im Januar 2003 begann man in einer Rheumaklinik die Therapie mit

Sulfasalazin.

 

Da häufig eine Cortisonerhöhung auf 20 mg nötig war, suchte ich im Sommer

2003 einen intern. Rheumatologen auf, der mich auf MTX 15mg als Spritze einstellte. Das Sulfasalazin wurde zunächst ausgeschlichen.

 

Die Diagnose wurde von ihm bestätigt, da inzwischen aber eine Psoriasis vulgaris aufgetreten ist, ginge die Krankheit wohl in Richtung Psoriasisarthritis.

 

Mindestens alle 1-1,5 Monate kamen so starke Schübe, daß wieder mit Cortison in höheren Dosen behandelt werden mußte. Zwischenzeitlich konnte die Dosis auf 7,5 mg reduziert werden, allerdings nicht weiter. Im Oktober wurde dann das MTX auf 20mg erhöht und mit dem Sulfasalazin (4x 500mg) kombiniert. Die Schübe nahmen zunächst ab, allerdings gingen nicht alle Entzündungen zurück (sowohl WS, ISG, als auch an peripheren Gelenken).

 

Nach einem schweren Schub im Dezember, der bis Ende Januar anhielt und nur mit 30mg Cortison gestoppt werden konnte, begann der Rheumatologe eine 3er-Kombination aus MTX (weiterhin 20mg als Spritze), Sulfasalazin (2g) und 250 mg Resochin. Ein erneuter Schub folgte dann Ende Februar, der nach einem Monat auch wieder mit 30mg Cortison unterdrückt wurde.

 

Danach erfolgte ein stationärer Aufenthalt in der Rheumaklinik, da die

mittlere Cortisondosis bei 15 mg Cortison im letzten halben Jahr lag. Da das Cortison aber bei 20 mg über 4 Wochen gelassen wurde (beim Reduzieren zuhause traten heftige Entzündungen und Fieber auf), waren in der Rheumaklinik nur wenige Entzündungen zu sehen. 6 Zehengrundgelenke und 2 Fingergrundgelenke wurden mit Cortison behandelt und das Cortison wurde auf 7,5 mg reduziert. Weiterhin bestanden mehrere Sehnenansatzentzündungen.

 

1,5 Wochen nach der Entlassung trat wieder ein heftiger Schub ein, der

jetzt, nach 4 Wochen, wieder mit 20 mg Cortison behandelt werden mußte.

 

Der Rheumatologe meinte nun, daß die Kombinationstherapie zwar nicht

ausreichen würde, er aber eine andere Basistherapie nicht einleiten könnte, da es nur als Off-Label-Verordnung möglich wäre, was ihm ein zu großes Risiko wäre. Er würde allerdings generell sagen, daß unter dieser Konstellation eine andere Basistherapien nicht erfolgsversprechender wäre, da die Entzündungen auf Dauer zu resistent gewesen wären. Eine Therapie mit TNF-Alpha-Blockern könne er aber auch nicht durchführen, da sein Budget zu knapp bemessen wäre und zudem meine Entzündungswerte (unter der laufenden Dauercortisontherapie) nur latent bis gar nicht erhöht wären. Vorher waren die Entzündungswerte mäßig erhöht (BSG bei 15-20/30-40, CRP bei 0,5).

 

Somit wäre ich austherapiert, könnte gelegentlich gerne zur

Cortisoninjektion kommen, mehr wäre leider nicht möglich.

 

Bin zur Zeit Studentin im 5. Semester, mußte mich aber aus gesundheitlichen Gründen über 2 Semester beurlauben lassen, die restlichen Semester war max. das halbe Studienpensum möglich.

 

Durch die dauernden Schmerzen und die Entzündungen bin ich eigentlich

dauernd kraftlos und müde. Nur die stärkeren Schmerzmittel (200mg

Indometacin und 300-400mg Tramal) machen es noch halbwegs erträglich.

 

Gibt es denn keine Chance, trotz zur Zeit niedriger Entzündungwerte bei ansonsten starken Entzündungen an den Gelenken eine geeignete Therapie einzuleiten?

 

Welche Möglichkeiten würde es sonst noch geben, außer laufend Cortison zu injizieren?

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 18.07.2004:

Ihre Schilderung ist beschämend für das Land, in dem wir leben, sein Gesundheitssystem, die Politiker, die dieses Gesundheitssystem zu verantworten haben, die Krankenkassen und die Funktionäre in den Kassenärztlichen Vereinigungen, die als Selbstverwaltung die staatlichen Vorgaben so ausgestaltet haben, wie sie sich für Sie und die mitbetroffenen Rheumapatientinnen und Patienten nun darstellen und nicht zuletzt auch für die Ärzte, die sie behandeln, wobei ich ihren Ärzten nicht zu nahe treten möchte, da ich aus eigener täglicher Anschauung weiß, unter welchem Druck sie wegen des staatlich verordneten Budgets und der damit verbundenen Sanktionen stehen.

Aus der Ferne ist es für uns bekanntlich nicht möglich, Ratschläge oder Empfehlungen für eine individuelle Diagnose oder Therapie zu geben.

Allgemein kann man aber sagen, daß nach Ihrer Schilderung unter medizinischen Gesichtspunkten eine Therapie mit einem TNF-alpha-Blocker unzweifelhaft indiziert ist. Die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie nennen dazu folgende Voraussetzungen:

1.gesicherte Diagnose einer rheumatoiden Arthritis, einer polyartikulären Form der juvenilen chronischen Arthritis, einer ankylosierende Spondylitis oder Psoriasis-Arthropathie: dies wäre in ihrem Fall durch die Diagnose einer Psoriasis-Arthropathie erfüllt

2. trotz entsprechender Behandlung aktive Erkrankung, d.h. Versagen zumindest zweier konventioneller Basistherapeutika, eines davon Methotrexat; die Therapie hiermit sollte allein oder in Kombination in adäquater Dosis über einen ausreichend langen Zeitraum (in der Regel insgesamt 6 Monate) erfolgt sein: Auch diese Bedingung ist nach ihrer Schilderung erfüllt. Sie haben ihren aktuellen eDAS-Wert mit 5.3 ermittelt, damit liegt sogar eine hochaktive Erkrankung vor, und dies selbst unter einer 3-fach-Kombinationstherapie und einer relativ hohen und auf Dauer viel zu hohen Dosis Cortison. Daß unter der laufenden Cortison-Dosis von derzeit 20 mg Cortison im Blut keine BSG- und/oder CRP-Erhöhung nachzuweisen ist, ist nicht erstaunlich, spricht aber in keinem Fall für eine niedrige Krankheitsaktivität. Außerdem sind bei der Psoriasis-Arthritis die BSG und / oder das CRP auch bei einer hohen Krankheitsaktivität nicht so hoch wie beispielsweise bei der rheumatoiden Arthritis. Ihr aktueller eHAQ-Wert liegt bei 1,75, damit besteht neben der hohen Krankheitsaktivität auch eine erhebliche Einschränkung der funktionellen Kapazität. Auch mit diesem Wert steht unzweifelhaft fest, daß bei Ihnen eine schwere Erkrankungsform vorliegt.

3. kontinuierliche Mitbetreuung und Dokumentation unter Verwendung validierter Messinstrumente (z.B. Disease Activitiy Score (DAS), HAQ oder FFbH, visuelle Analogskalen, BASDAI, serologische Entzündungsparameter) durch einen internistischen Rheumatologen oder eine internistisch-rheumatologische Abteilung bzw. einen rheumatologisch qualifizierten Pädiater: Dieses sollte sich darstellen lassen. Da Sie bei einem internistischen (?) Rheumatologen in Behandlung sind, ist auch diese Bedingung erfüllt.

Für die Therapie der aktiven Psoriasis-Arthritis ist in Deutschland der TNF-alpha-Blocker Etanercept (Enbrel) offiziell zugelassen, so daß es sich bei dieser Therapie auch nicht um einen sogenannten Off-label-use handelt, also eine Anwendung außerhalb der gültigen Zulassung (die bei Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, aber doch sehr strengen Beschränkungen unterworfen ist).

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