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Fragen und Antworten

Eine Frage von Carol R.:

Aufgrund einer Erkältung inkl. Bronchitis habe ich vor 14 Tagen Enbrel abgesetzt. Bisher hat sich mein rheumatologischer Zustand (M. Bechterew) ohne Enbrel nicht verschlechtert. Nun soll ich wieder mit Enbrel beginnen.

 

Ich wollte meine Enbrel-Spritzen auf einen 7-Tage-Rhythmus umstellen, da ich

keinerlei Medikamente mehr benötige und es mir ausgezeichnet geht. Mein

Rheumatologe lehnt dies ohne Begründung ab. Soll ich den 7-Tage-Rhythmus einfach probieren?

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 20.02.2005:

Die Antwort auf Ihre Frage haben wir im Expertenkreis schon mehrfach diskutiert und keine einheitliche und allgemeinverbindliche Antwort gefunden.

Von Seiten der Experten gibt es dazu folgende Positionen:

     

  1. Es gibt keine wissenschaftlichen Daten, insbesondere keine Daten aus klinischen Studien, die es ermöglichen, diese Frage auf der Grundlage empirischer Evidenz zu beantworten. Insbesondere gibt es keine Erkenntnisse dazu, ob sich die positiven Ergebnisse einer Enbrel-Therapie auf den Krankheitsverlauf (z.B. im Hinblick auf die funktionelle Kapazität oder auch auf die Röntgenprogression der Erkrankung, d.h. das im Röntgenbild sichtbare Fortschreiten der Erkrankung) auch erzielen lassen, wenn man bei der Enbrel-Therapie die in den klinischen Studien ermittelten Dosierungsempfehlungen unterschreitet.
  2. Es gibt die Beobachtung aus den ersten klinischen Studien, die zeitlich befristet waren und in denen es auch keine Extensionsphase gab, d.h. keine Fortführung der Enbrel-Therapie nach Abschluß des Studienzeitraums, daß es unter der Therapiepause zu einer Wiederkehr der Krankheitsaktivität und dabei z.T. zu schweren Schubsituationen kam, die dann therapeutisch nur sehr schwer zu beherrschen waren. Solche Beobachtungen gibt es auch bei Patienten, bei denen eine Enbrel-Therapie aus den unterschiedlichsten Gründen (Infektionskomplikation, aber auch Operation, z.B. geplanter rheumachirurgischer Eingriff) für einen längeren Zeitraum unterbrochen wurde. Es ist zwar nicht möglich, diese Erfahrungen mit dem vollständigen Absetzen von Enbrel auf die Situation bei einer Dosisreduktion zu übertragen. Allerdings mahnen diese Beobachtungen doch zur Vorsicht, wenn es um das Abweichen von den gängigen Therapiestandards und Dosierungsempfehlungen geht.
  3. Andererseits gibt es eine nicht geringe Zahl von Patienten, die durch die Enbrel-Therapie vollkommen beschwerdefrei wurden und bei denen diese vollständige Remission unter laufender Therapie über einen längeren Zeitraum besteht. Hier stellt sich in der Tat die Frage, warum bei solchen Patienten die Enbrel-Therapie vollkommen starr und ohne Berücksichtigung des individuellen Verlaufs rein nach einem aus klinischen Studien vorgegebenen Schema erfolgen soll und ob es nicht gerechtfertigt ist, bei solchen sehr günstigen Krankheitsverläufen eine vorsichtige Dosisreduktion vorzunehmen.
  4. Konsens bestand dahingehend, daß angesichts der erfreulichen Behandlungserfolge einer Enbrel-Therapie nun dringend Daten zu der Frage notwendig sind, wie eine solche Therapie nach Erreichen einer kompletten Remission weitergeführt werden sollte, und daß entsprechende systematische klinische Studien notwendig sind.

Im praktischen rheumatologischen Behandlungsalltag gehe ich selber so vor, daß ich bei Patienten mit einer kompletten Remission unter Enbrel zunächst den Verlauf beobachte und gut dokumentiere und dann zusammen mit den Patienten über eine mögliche Dosisreduktion von Enbrel nachdenke, wenn die Remission stabil und über einen längeren Zeitraum (mindestens Monate) angehalten hat. Dann gehen wir auch im ersten Schritt nicht sofort auf eine Verlängerung der Injektionsintervalle auf 7 Tage über (was einer Halbierung der Dosis entsprechen würde), sondern verlängern die Intervalle zunächst sehr vorsichtig (anfangs alle 4 Tage, dann im Wechsel alle 4 bzw. 5 Tage, dann alle 5 Tage etc. und schauen, ob sich die Remission darunter auch stabil halten läßt. Nach der bisherigen Erfahrung haben wir bei diesem sehr vorsichtigen Reduzieren der Enbrel-Dosis zumindest Schubsituationen nicht gesehen. Ob wir mit diesem Vorgehen allerdings auch im Hinblick auf die Röntgenprogression eine anhaltende und komplette Krankheitskontrolle sicherstellen, kann gegenwärtig noch nicht beurteilt werden.

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