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Fragen und Antworten

Eine Frage von N.N.:

Meine Frage betrifft eine mögliche Nebenwirkung vom Enbrel. Ich habe Vaskulitis (Skleritis) und bin in den letzten 18 Monaten 5 Mal in der Rheumaklinik *** (Aufenthalte zwischen 10 und 17 Tagen) gewesen.

 

Meine Medikamente fingen mit MTX und Cortison an. Es wurde ausprobiert, und die Dosen wurden höher eingestellt.

 

Zwischenzeitlich, da ich nie beschwerdefrei war, wurde Sandimmun optoral dazu gegeben. Leider blieb auch hier der Erfolg aus. Am 13.5.04 bekam ich zum ersten Mal Enbrel 25 mg. Für 3 Wochen sahen meine Medikamente wie folgt aus: Mo/Do 25 mg Enbrel; Di 25 mg MTX, Mi 25 mg Folsäure, tägl. Decortin H 20 mg morgens und 2,5 mg abends.

 

Decortin H wurde bzw. wird langsam abgebaut.

 

Bis zum 01.06.04 habe ich mich großartig gefühlt. Mir ging es sehr gut. Ich habe wieder angefangen, Sport zu machen, und hatte keinerlei Schmerzen. Am Morgen des 01.06. fing bei mir in beiden Beinen ein Taubheitsgefühl mit Schmerzen, eiskalten, blau angelaufenen Beinen an. Um es abzukürzen: am 02.06. bin ich in das Universitätsklinikum *** und wurde direkt noch in der Nacht an beiden Beinen notoperiert.

 

Diagnose: Embolektomie re. Leiste und Embolektomie li. Kniegelenksleiste.

 

Jetzt meine Frage: Alle Ärzte (in *** aus der Gefäßchirurgie und aus der Rheumaklinik und die Ärzte aus ***) stehen vor einem Rätsel und können sich nicht erklären, woher diese Verschlüsse kommen. Kann es trotz aller Vorsicht doch vom Enbrel kommen? Ich selber fühlte mich ja mit dem Enbrel sehr gut und würde auch gerne damit weiter machen, aber eine gewisse Angst habe ich auf jedem Fall.

 

Vielleicht noch einmal, in meiner ganzen Familie gab es bis zum jetzigem Zeitpunkt keine Thrombose oder ähnliche Venen- oder Arterienerkrankungen.

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 7.07.2004:

Aus der Ferne ist es natürlich extrem schwierig, Ihre Frage zu beantworten. Allgemein kann man sagen, daß sie in einer Institution behandelt werden, die eine sehr große Erfahrung in der Behandlung von Vaskulitis besitzt und daß man dort noch am ehesten etwas zu Ihrem sehr ungewöhnlichen Problem wird sagen können, nicht zuletzt auch zusätzlich deshalb, weil man dort die genauen Befunde und den gesamten Krankheitsverlauf in Ihrem individuellen Einzelfall kennt.

Von hier aus kann ich nur beitragen, daß ich mir von einem theoretischen Ansatz her keinen Mechanismus vorstellen kann, warum es unter einer Therapie mit Enbrel als unmittelbare Folge / direkte Nebenwirkung zu einer arteriellen Thrombose (um die es sich ja nach Ihrer Schilderung offensichtlich handelt) und einer nachfolgenden Embolisation kommen sollte.

Eine mögliche (allerdings sehr spekulative) Erklärung wäre ein mittelbarer Zusammenhang, nämlich in dieser Richtung, daß im Rahmen der Vaskulitis möglicherweise auch die Hauptschlagader (Aorta) betroffen war, sich hier schon bereits vorher auf dem Boden einer vaskulitischen Beteiligung dieses Gefäßes ein Thrombus auf der entzündlich geschädigten Gefäßwand gebildet hat und sich dieser dann unter der gesteigerten Hämodynamik im Rahmen der sportlichen Betätigung gelöst hat und zu der nachfolgenden Embolie geführt hat.

Von der Beschreibung der Symptome her, insbesondere auch wegen der Beidseitigkeit der Embolisation, denke ich, daß es sich möglicherweise um ein Leriche-Syndrom oder zumindest eine Variante dieses Krankheitsbildes gehandelt hat; dies stünde gut im Einklang mit der Überlegung, daß die Emboli primär aus der Aorta stammten und die primär notwendige Thrombose dort entstanden wäre / dort bestanden hätte.

Der Zusammenhang mit Enbrel wäre dann nur insofern gegeben, daß es Ihnen unter dieser Behandlung soviel besser ging, daß Sie überhaupt erst wieder zu einer intensiveren sportlichen Betätigung in der Lage waren. Ich kann allerdings von hier aus nicht beurteilen, ob dies überhaupt so war und diese Überlegung so stimmt, insbesondere ob es wirklich vor und unter der Therapie mit Enbrel so deutliche Unterschiede in der Leistung und eine entsprechende Leistungssteigerung unter Enbrel gab.

Wenn Enbrel, wie sie es beschrieben haben, gut gewirkt hat, spräche aus meine Einschätzung aus der Ferne nichts dagegen, diese Therapie wieder aufzunehmen, auch angesichts der zuvor unbefriedigenden Therapieergebnisse mit den vorausgehenden Behandlungen. Da sie nun ja auch mit Marcumar behandelt werden, ist unter der Marcumarbehandlung ohnehin das Risiko einer Thrombose niedrig. Allerdings wirkt Marcumar in erster Linie im venösen System und weniger / gar nicht im arteriellen System, so daß zu überlegen wäre, ob man im Verlauf u.U. mit einem sogenannten Thrombozytenaggregationshemmer wie niedrigdosiertem Aspirin vorbeugen sollte. Dies müssten allerdings Ihre Ärzte vor Ort in genauer Kenntnis Ihres Krankheitsbildes und der Befunde entscheiden.

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