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Fragen und Antworten

Eine Frage von Gerhard A.:

Ich werde wegen einer chronischen Polyarthritis seit nunmehr über 5 Jahren mit Remicade behandelt (in Verbindung mit 15 mg Methotrexat/Woche). Die Dosis liegt derzeit bei 300 mg alle 6-8 Wochen (entspricht bei einem Gewicht von 50 kg einer Dosierung von etwas mehr als 6 mg pro kg Körpergewicht). Die Wirkung von Remicade war anfangs gut. Jetzt meine ich, daß praktisch überhaupt keine Wirkung mehr vorhanden ist.

 

Wenn Remicade in seiner Wirkung nachläßt, welche Medikation kommt als Folgetherapie in Betracht? Wie unterscheiden sich z.B. Enbrel und Arava in ihrer Wirkungsweise? Und kann man von Remicade ohne weiteres auf ein anderes Präparat umsteigen? Ich bin sehr daran interessiert zu erfahren, auf welches Medikament üblicherweise nach Remicade umgestiegen wird.

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 27.02.2005:

Wenn Remicade in seiner Wirkung nachläßt, welche Medikation kommt als Folgetherapie in Betracht?

Wenn eine Therapie mit Remicade nicht mehr oder nicht mehr ausreichend wirkt, ist der Wechsel auf eine andere Substanz aus der Gruppe der TNF-alpha-Blocker möglich. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten, die auch mit unterschiedlichen Wirkprinzipien verbunden sind. Infliximab, der Wirkstoff von Remicade, ist ein monoklonaler Antikörper. Damit ist Remicade vom Wirkprinzip vergleichbar mit einem anderen monoklonalen Antikörper mit dem Wirkstoff Adalimumab (Markenname Humira). Humira unterscheidet sich von Remicade dadurch, daß der Antikörper human ist, d.h. in seiner Zusammensetzung keine Fremdeiweiße enthält. Remicade beinhaltet dagegen produktionstechnisch einen Mausanteil und wird deshalb auch ein chimärischer Antikörper genannt (nach den Chimären, Fabelwesen aus der griechischen Antike, die halb Mensch, halb Tier waren). Gegen den Mausanteil in Remicade kann der menschliche Organismus nun seinerseits Antikörper entwickeln, die humane antichimäre Antikörper (HACA) genannt werden. Diese HACA setzen sich auf den in Remicade enthaltenen TNF-alpha-Antikörper und machen ihn auf diese Weise unwirksam. Bei vielen Patienten ist der Wirkverlust von Remicade durch eine HACA-Bildung erklärbar. Da in Humira keine Mausanteile enthalten sind, kann diese Substanz auf eine ähnliche Weise wie Remicade wirken, ohne daß der Wirkstoff durch die HACA ausgeschaltet wird.

Enbrel verfolgt bei der TNF-alpha-Blockade ein anderes Konstrukt. Dabei handelt es sich um einen löslichen Rezeptor für natürliches TNF-alpha. TNF-alpha wird bei der Therapie mit Enbrel deshalb nicht durch einen Antikörper blockiert, sondern dadurch in seiner  Wirkung ausgeschaltet, daß der lösliche Rezeptor das TNF-alpha quasi wie ein TNF-alpha-Abfangjäger im Gewebe bindet und auf diese Weise verhindert, daß der Botenstoff seinen Zielort auf der Entzündungszelle erreicht und dort eine Entzündungsreaktion auslöst. Da die sogenannte Affinität (die Bindungsbereitschaft) von TNF-alpha zu diesem medikamentös verabreichten Rezeptor etwa 100 mal größer ist als zu dem Rezeptor auf der Zielzelle, kann durch Enbrel TNF-alpha wirksam in seiner Wirkung blockiert werden.

Wenn es sich bei dem Wirkverlust von Remicade nicht um einen HACA-abhängigen Mechanismus handelt, sondern um einen, wie auch immer zu erklärenden Wirkverlust des monoklonalen Antikörpers, ist ein Wechsel auf das andere Konstrukt von Enbrel sinnvoll. Ansonsten zeigen klinische Beobachtungen und die TNF-alpha-Register, daß es grundsätzlich möglich ist, von dem einen auf den anderen TNF-alpha-Blocker zu wechseln und dadurch erneut eine Wirkung zu erzielen.

Wie unterscheiden sich z.B. Enbrel und Arava in ihrer Wirkungsweise?

Enbrel ist ein biotechnologisches Medikament („Biological“) aus der Gruppe der TNF-alpha-Blocker. Arava ist dagegen ein konventionelles langwirksames Antirheumatikum (LWAR, DMARD = disease modifying antirheumatic drug, krankheitsmodifizierendes Medikament). Der Wirkmechanismus von Enbrel ist die Blockade von TNF-alpha. Arava greift dagegen in einen anderen Mechanismus der Entzündungsentstehung und Entzündungsausbreitung ein, indem es die Vermehrung von Entzündungszellen vermindert (das genaue Wirkprinzip zielt auf eine Verringerung von sogenannten aktivierten T-Lymphozyten).

Kann man von Remicade ohne weiteres auf ein anderes Präparat umsteigen?

Im Grundsatz ist ein Wechsel von Remicade auf einen anderen TNF-alpha-Blocker oder auch auf ein konventionelles DMARD problemlos möglich. Ob man beim Wechsel von Remicade auf einen anderen TNF-alpha-Blocker eine kurze Pause von 2-4-6 Wochen einlegen sollte, um ein Abklingen der Wirkstoffkonzentration von Remicade abzuwarten, muß im konkreten Einzelfall in Abhängigkeit von den vorliegenden Rahmenbedingungen
Individuell entschieden werden.

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