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Fragen und Antworten

Eine Frage von Silke R.:

Meine Diagnose ist eine chronische Polyarthritis. Ich habe in dieser Woche meine 3. Remicade-Infusion bekommen (100 mg bei einem Körpergewicht von 58 kg, entsprechend 1.7 mg pro kg Körpergewicht). Zusätzlich erfolgt unverändert eine Therapie mit Methotrexat (5 mg pro Woche) und niedrig-dosiertem Cortison (5 mg pro Tag).

 

Seit gestern abend habe ich im linken Bein knieabwärts bis zum Knöchel Empfindungsstörungen.

 

Meine Ärztin hat mich zum Neurologen überwiesen mit der Diagnose: Parästhesien. Ich bekomme aber keinen schnellen Termin dort.

 

Meine Frage lautet:

 

Kann es unter Remicade zu solchen Nebenwirkungen kommen? Ich habe sowas noch nie vorher gehabt. Ich wäre Ihnen sehr dankbar für eine Antwort.

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 12.03.2004:

Was in Ihrem individuellen Fall genau vorliegt, können, wollen und dürfen wir aus der Ferne nicht beurteilen.

 

Allgemein kann man sagen, daß die bei Ihnen augenblicklich durchgeführte Therapie eher ungewöhnlich ist und zumindest nicht der üblichen Vorgehensweise entspricht – und im übrigen auch nicht entsprechend der in Deutschland gültigen Zulassung für Infliximab (Remicade) erfolgt, nach der die Therapie einer rheumatoiden Arthritis (chronischen Polyarthritis) mit Remicade in einer Dosierung von 3 mg pro kg Körpergewicht durchgeführt wird, also in einer etwa doppelt so hohen Dosierung wie in Ihrem Fall. Auch die Methotrexat-Dosis klingt mit 5 mg pro Woche in Tablettenform sehr niedrig.

 

Aus den klinischen Studien zu Infliximab wissen wir, daß bei einer Remicade-Therapie mit niedrigen Dosen das Risiko für bestimmte Nebenwirkungen höher ist als bei höheren Dosierungen, d.h. bei dieser Therapie gilt nicht in jeder Hinsicht die Regel, daß niedrigere Dosierungen automatisch auch mit weniger Nebenwirkungen einhergehen.

 

Ob dies auch für Parästhesien gilt, kann ich nicht sagen, da die bei Ihnen eingesetzte Dosis meines Wissens in den größeren klinischen Studien nicht verwendet wurde.

 

Unabhängig davon könnte es sich bei den von Ihnen geschilderten Symptomen tatsächlich um eine seltene neurologische Nebenwirkung von Infliximab handeln.

 

Um das genau beurteilen zu können, ist umgehend eine entsprechende neurologische Diagnostik notwendig. Da Parästhesien oft harmlos sind, hat Ihre Überweisung zum Neurologen dort wohl keine Alarmglocken klingeln lassen. Unter einer so hochwirksamen und in vielfacher Hinsicht „kitzeligen“ Therapie wie bei einer Therapie mit Remicade kann es sich beim Auftreten von Parästhesien schlimmstenfalls aber auch um die ersten Vorboten einer beginnenden schweren neurologischen Nebenwirkung handeln, z.B. einer sogenannten Demyelinisierung, wie sie sehr selten in der Folge einer Therapie mit TNF-alpha-Blockern auftritt.

 

Dabei kommt neben rein neurologischen Komplikationen auch die sehr seltene, aber dennoch zu berücksichtigende Möglichkeit einer sich anbahnenden Vaskulitis in Betracht, daneben die Möglichkeit anderer, durch Infliximab ausgelöster Autoimmunreaktionen.

 

Vermutlich und hoffentlich sind die bei Ihnen aufgetretenen Parästhesien ganz harmloser Natur und haben eine ganz andere Ursache als die Therapie mit Infliximab.

 

Die genannten möglichen Komplikationen einer Infliximab-Therapie müssen aber sicherheitshalber und sofort ausgeschlossen werden, damit man nichts übersieht und Sie nicht gefährdet werden. Sie sollten deshalb zusehen, daß es rasch zu der notwendigen neurologischen Diagnostik kommt.

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