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Fragen und Antworten

Eine Frage von ein Bechterew-Patient:

Meine Frage ist folgende: Ich werde wegen einer seronegativen Spondarthritis seit Ende Juli 2004 mit Enbrel behandelt, die Wirkung setzte relativ schnell und gut ein. Jetzt vor ein paar Tagen, nach 2 Bienenstichen, bekam ich leider Gottes einen Megaschub. Meine Frage wäre dahingehend, besteht zwischen diesen Insektenstichen ein

Zusammenhang, oder liegt es einfach nur daran, daß das Enbrel nicht mehr wirkt? Was kann man dagegen machen, die Behandlung abbrechen oder eventuell zusätzlich MTX geben? Ich muss dazu sagen, daß meine Rheumatologin mir derzeit 2 Infusionen je 250 mg Cortison verabreicht hat und die Cortisontabletten von vorher 10 mg auf 60 mg hochgesetzt hat.

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 3.09.2004:

Aus der Ferne dürfen, können und wollen wir keine Empfehlungen oder Ratschläge zu einer individuellen Diagnose oder Therapie geben.

Allgemein kann man jedoch sagen, daß es eine ganz ungewöhnliche Beobachtung wäre, daß Enbrel bei einer ankylosierenden Spondarthritis (M. Bechterew) zunächst (erwartungsgemäß) gut wirkt und diese gute und rasch eingetretene Wirkung innerhalb von etwas mehr als einem Monat nicht nur nachlässt, sondern sogar in einen Megaschub umschlägt.

Wenn es bei meinen Patienten in einer vergleichbaren Situation, d.h. unter einer gut wirksamen Enbrel-Therapie, plötzlich zu einem starken Anstieg der Krankheitsaktivität kommt, d.h. es so aussieht, als ob Enbrel nicht mehr wirkt, suche ich immer nach einer anderen Ursache. Wenn man dann genau nachschaut und nachfragt und nachforscht und gezielt untersucht, findet man sehr häufig einen Auslöser für den Schub. In der Regel handelt es sich dann um vorher abgelaufene Infekte mit sogenannten arthritogenen Erregern, d.h. Bakterien, die eine Arthritis auslösen oder verstärken können. Zunehmend beobachte ich dabei, daß man bei dieser Suche auch an virale Infekte denken muß. Dies ist insbesondere bei der Psoriasis-Arthritis der Fall, bei der Schubsituationen ganz offensichtlich auch durch Infektionen ausgelöst werden können, die sonst nicht zu einer Arthritis führen oder eine Arthritis verstärken.

Im geschilderten Fall drängt sich der Gedanke an einen Zusammenhang zwischen den Insektenstichen und der anschließend eingetretenen Schubsituation auf. Dabei stellt sich die Frage, was das für Insektenstiche waren und über welchen Mechanismus dann wohl eine solche Schubauslösung gelaufen sein könnte.

Wie man im weiteren therapeutisch genau verfahren sollte, hängt sehr davon ab, was da eigentlich genau passiert ist. Wenn es mehr in Richtung einer allergischen Reaktion geht (z.B. wenn die Insektenstiche Bienenstiche oder Wespenstiche o.ä. waren), würde ich zunächst das Ergebnis der Cortisonbehandlung abwarten, die Enbrel-Therapie unverändert fortsetzen und den weiteren Verlauf beobachten. Vermutlich wird sich dann die Schubsituation rasch beenden lassen; anschließend ist zu hoffen, daß Enbrel genauso gut wirkt, wie es sich vorher gezeigt hatte.

Anders ist es, wenn es sich bei der beschriebenen Schubauslösung nicht um eine allergische Reaktion handelt, sondern um einen anderen Mechanismus, beispielsweise eine durch die Insektenstiche übertragene Infektion oder eine von diesen Insektenstichen ausgehende Infektion. Für eine klassische Infektexacerbation einer Spondarthritis, d.h. eine Schubauslösung durch die vorhergehende Infektion, ist mir der Zeitraum von 2 Tagen aber fast zu kurz. Üblicherweise beginnt in einer solchen Situation der Schub erst einige Tage später, etwa nach einem freien Intervall von 7 Tagen bis 3 Wochen (das Immunsystem braucht für diese Reaktion sozusagen etwas Zeit).

Denken sollte man auch an einen Zeckenbiß und eine Borreliose, wobei mir der zeitliche Abstand dafür auch sehr kurz vorkommt.

Zusammenfassend handelt es sich wahrscheinlich / am ehesten um eine Reaktion auf irgendeinen Giftstoff (ein „Toxin“), das über den Insektenstich in den Körper gelangt ist (am wahrscheinlichsten das Insektengift selber).

Wage kann ich mich daran erinnern, daß ich irgendwo schon einmal eine Einzelfallbeschreibung gelesen habe, wo es nach einem Insektenstich zur Auslösung einer Schubsituation gekommen ist; ich kann es aber nicht beschwören. Sicher bin ich mir hinsichtlich eines Abstracts auf einem internationalen Rheumatologen-Kongreß, auf dem spanische Kollegen über eine sogenannte Bienenzüchter-Arthritis als Reaktion auf die vielen, wiederholten Bienenstiche bei einem Imker berichtet haben. Ich bilde mir ein, daß ich das damals so ungewöhnlich fand, daß ich darüber sogar eine kurze Notiz in den damaligen Kongreß-News von rheuma-online geschrieben habe.

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