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Fragen und Antworten

Eine Frage von Michael H.:

Zunächst einmal von meiner Seite viel Lob und Anerkennung für rheuma-online im Internet! Ohne diese Fülle von sehr gut recherchierbaren Informationen hätte ich heute nicht annähernd den Wissensstand zu meiner Krankheit, den ich heute habe!

Dennoch bleibt bei mir momentan die eine oder andere durchaus entscheidende Frage offen, weshalb ich mich entschlossen habe, diese Email zu schreiben und um eine Antwort zu bitten. Ich denke, daß diese Fragen durchaus auch von allgemeinem Interesse sind und nicht nur spezifisch für meine Situation von Bedeutung sind.

Zunächst eine Beschreibung meiner Person und den bisher vorliegenden

Diagnosen:

Ich bin männlich und 40 Jahre alt.

Im Januar 2003 bekam ich eine akute Darmentzündung, die als Divertikulitis diagnostiziert wurde und mit einer Antibiotikatherapie vollständig ausheilte. Eine Darmspiegelung zeigte anschließend keinerlei weitere Auffälligkeiten.

Vorher und seitdem waren bzw. sind keinerlei Entzündungen dieser Art

aufgetreten.

Im März 2003 bekam ich dann plötzlich heftige Schmerzen und Schwellungen an der rechten Großzehe. Mein Orthopäde vermutete wegen der vorhergehenden Divertikulitis eine reaktive Arthritis. Er konnte die Beschwerden mit Cortisoninjektionen und 25-75mg Vioxx täglich gut lindern; ein langsames Absetzen von Vioxx führte aber zu einem heftigen Rückfall und der Ausweitung auf weitere Zehengrundgelenke des rechten Fußes, auf das rechte Kniegelenk (Bakerzyste) sowie auf einige Grundgelenke der rechten Hand (Daumen und ein Mittelfinger).

Die durchgeführte Blutuntersuchung war unauffällig (RF negativ, HLA-B27 negativ, CRP 5 mg/l, BSG 2 mm n.W.).

Mein Orthopäde empfahl mir dann im Juni 2003 den Besuch bei einem

internistischen Rheumatologen. Meine Blutwerte waren mittlerweile etwas schlechter (CRP 6,6 mg/l, BSG 16 mm n.W., RF und HLA-B27 weiterhin negativ, ANA, ENA, ANCA negativ) und meine Gelenkschmerzen insbesondere morgens sehr deutlich ausgeprägt. Außerdem waren nun auch Sehnen (insbesondere an der rechten Hand) betroffen.

Der internistische Rheumatologe entdeckte bei mir ein Perianalekzem im Sinne einer Psoriasis, welches ich bisher nicht bemerkt hatte. Er diagnostizierte daher eine atypische chronische Polyarthritis Stadium I mit Verdacht auf Psoriasisarthritis und leitete sofort eine langwirksame Therapie (Basistherapie) mit Sulfasalazin (Azufildine RA; klassische, langsame Steigerung von 500 mg auf 2 g täglich) ein. Begleitend bekam ich 15 mg Cortison (Prednison) täglich, welches langsam wöchentlich bis auf 5 mg (Cortisondauertherapie) reduziert wurde sowie 25 mg Vioxx. Dies ist heute immer noch meine aktuelle Medikation.

Unter dieser Therapie (begleitet von noch jeweils einer lokalen Cortisoninjektion im rechten Vorfuß sowie in der rechten Hand) haben sich nach einiger Zeit (ca. 2-3 Monate) meine Beschwerden deutlich gebessert und die Blutwerte ebenfalls (CRP 1,1 mg/l, BSG 2 mm n.W.).

Anfang Oktober bekam ich jedoch einen erneuten Schub, bei dem sich die mittlere Zehe meines rechten Fußes seitlich abspreizte und dann leicht krallenförmig nach unten bog. Der Schub konnte durch eine kurzfristige Erhöhung der Cortisondosis auf 15 mg täglich und anschließendem Ausschleichen auf 5 mg gestoppt werden; meine Zehe hat heute immer noch diese Form, wirkt leicht geschwollen und ist aber ansonsten schmerzfrei.

Seit zwei Wochen verspüre ich nun wieder ein langsames, aber stetiges Ansteigen meiner Beschwerden. Morgens sind nun erstmals auch bisher nicht befallene Gelenke (z.B. weitere Fingergrund- und mittelgelenke der rechten Hand, aber nun auch an der linken Hand) schmerzhaft, wobei die Schmerzen an den neu befallenden Gelenken schnell vergehen.

Tageweise stagniert die Verschlechterung jedoch auch bzw. geht manchmal sogar wieder ein wenig zurück.

Nun meine Fragen:

1. Ich befinde mich im 6. Monat der langwirksamen Therapie mit 2 g Sulfasalazin täglich, habe jedoch aufgrund der von mir beschriebenen Situation nicht das Gefühl, daß meine Erkrankung ausreichend kontrolliert ist bzw. daß ich auf dem Weg in eine Remission bin. Bin ich zu ungeduldig?

Wann sollte man an der Wirksamkeit von Sulfasalazin zweifeln und eine Modifikation der Therapie anstreben, damit keine Chancen verpaßt werden ("Hit hard and early!")?

2. Wenn nun eine Modifikation der Therapie erforderlich wäre, wie sollte diese sinnvollerweise aussehen? Kann eine Erhöhung auf 3g Sulfasalazin täglich noch den erwünschten Erfolg bringen?

Sollte man Sulfasalazin ganz absetzen und auf ein anderes Medikament wechseln (und dabei die durchaus vorhandene Wirksamkeit von Sulfasalazin aufs Spiel setzen, da ja bei einer eventuellen Wiederaufnahme der Sulfasalazingabe die Wirksamkeit nicht mehr garantiert ist)?

Oder sollte man die ja durchaus vorhandene Wirkung von Sulfasalazin durch ein weiteres Medikament unterstützen (Kombinationstherapie)?

Mein internistischer Rheumatologe findet leider keine Zeit zum Gespräch mit mir über solche Fragestellungen; momentan setzt er die Behandlung unverändert fort.

Ich erhoffe mir nun von Ihnen einige Hinweise, die es mir eventuell ermöglichen, die Behandlung, falls notwendig bzw. sinnvoll, entsprechend zu korrigieren.

Vielen Dank im voraus für Ihre Unterstützung!

 

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 20.12.2003:

Sie werden verstehen, daß aus medizinischen und auch aus rechtlichen Gründen eine individuelle Beratung von Patienten, die man nicht selber untersucht hat, nicht möglich ist.

Allgemein kann man sagen, daß die Wirksamkeit von Sulfasalazin bei der Psoriasis-Arthritis in der Regel nach 3 Monaten, spätestens nach 6 Monaten beurteilt werden kann. Ist es innerhalb dieses Zeitraums nicht zu einer ausreichenden (für mich heißt das vom Anspruch her, kompletten oder weitgehend kompletten) Remission gekommen, muß die langwirksame antirheumatische Therapie modifiziert werden.

Nach meiner Erfahrung bringt die Steigerung von 2 g auf 3 g Sulfasalazin bei der rheumatoiden Arthritis oder Psoriasis-Arthritis in manchen Fällen noch einen geringen zusätzlichen Effekt, in der Regel aber auch überproportional mehr an möglichen Unverträglichkeiten oder Nebenwirkungen.

Eleganter ist bei teilweisem, aber nicht ausreichendem Ansprechen sicher eine Kombinationstherapie, vorzugsweise mit Methotrexat oder sogar in Analogie zur Dreier-Kombination bei der rheumatoiden Arthritis mit Mtx und Chloroquin bzw. Hydroxychloroquin (z.B. Resochin oder Quensyl; O´Dell-Schema).

Alternativ kommt ein kompletter Wechsel auf eine Mtx-Monotherapie in Frage. Dies muß von der individuellen Situation, d.h. dem individuellen Befund, dem Krankheitsstadium, der Krankheitsschwere und der aktuellen Krankheitsaktivität sowie dem bisherigen Behandlungsverlauf abhängig gemacht werden.

Für weitere Informationen: Ganz aktuell, d.h. teilweise mit Datum der letzten Tage sind einige sehr interessante Beiträge zur Psoriasis-Arthritis und zur aktuellen Therapie sowohl in rheuma-online als auch in TIZ erschienen: www.tiz-info.de .

Dort finden Sie neben der Darstellung des Krankheitsbildes sehr detaillierte Infos zur Therapie dieses Krankheitsbildes mit den verschiedenen Substanzen, die wichtigsten Ergebnisse aus klinischen Studien und einige Kommentare zu den Vor- und Nachteilen der einzelnen Medikamente.

Keywords: Psoriasis-Arthritis * Sulfasalazin * Unwirksamkeit * partielle Remission * Kombinationstherapie * Methotrexat * Lantarel * Chloroquin * Hydroxychloroquin * Resochin * Quensyl * hit hard and early

 

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