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Fragen und Antworten

Eine Frage von Karin D.:

Wegen einer seronegativen Spondarthritis werde ich mit Remicade und Methotrexat behandelt. Kann ich unter dieser Kombinationstherapie ein Kind auf die Welt setzen? Durch meinen Rheumatologen erhielt ich folgende Antwort: Vor einer geplanten Schwangerschaft muss das Mtx auf jeden Fall für 6 Monate nicht mehr eingenommen werden. Die Infusion mit Remicade muss hingegen erst bei einer festgestellten Schwangerschaft abgesetzt werden.

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 31.12.2003:

Wie Sie es schon angesprochen haben, beinhaltet Ihre Frage zwei Teilaspekte, nämlich einerseits die Frage nach einer Schwangerschaft unter Methotrexat und andererseits die Frage nach einer Schwangerschaft unter Infliximab (Remicade).

 

Zur Frage einer Schwangerschaft unter Methotrexat habe ich einen umfangreicheren Beitrag in rheuma-online verfasst (www.rheuma-online.de); ich zitiere daraus den Abschnitt zu Mtx (http://rheuma-online.de/fua/?id=52):

 

Spezielle Aspekte zur Methotrexat-Therapie und Schwangerschaft

 

Bei Methotrexat werden als Sicherheitsabstand zwischen Empfängnis und der letzten Einnahme von Mtx Zeiten von 3 bis 6 Monaten angegeben. Da es keinen rationalen Grund für einen Zeitraum von 6 Monaten gibt, berate ich selber meine Patientinnen dahingehend, dass die Empfängnisverhütung 3 Monate nach Beendigung der Methotrexat-Therapie beendet werden und entsprechend die Planung einer Schwangerschaft 3 Monate nach Ende der Mtx-Therapie begonnen werden kann.

 

Da Methotrexat ein Folsäure-Antagonist ist, d.h. ein Gegenspieler des Vitamins Folsäure, und da ein möglicher Mechanismus für die Schädigung des ungeborenen Kindes unter einer laufenden Methotrexat-Therapie ein Folsäuremangel sein könnte, empfehle ich auf jeden Fall vor einer geplanten Schwangerschaft eine ausreichende Versorgung mit Folsäure. Praktisch sieht das so aus, dass ich meinen Patientinnen zeitgleich mit dem Absetzen der Mtx-Therapie die tägliche Einnahme von Folsäure empfehle. Dies ist im Hinblick auf die geplante Schwangerschaft auch unabhängig von einer Mtx-Behandlung eine sinnvolle Maßnahme, da ein ausreichendes Folsäuredepot im Körper ohnehin für eine anstehende Schwangerschaft gut ist.

 

Auch wenn es unter einer laufenden Methotrexat-Therapie oder unmittelbar im Anschluß an das Absetzen von Methotrexat auf keinen Fall zu einer Schwangerschaft kommen sollte, ist die Gefahr von möglichen kindlichen Missbildungen in einem solchen Fall offenbar niedriger als bislang angenommen.

 

So gibt es eine Mitteilung über vier versehentlich unter einer Methotrexat-Therapie eingetretenen Schwangerschaften (Ostensen et al. 2000). Die Patientinnen hatten im Durchschnitt über 4 Jahre vor Eintritt der Schwangerschaft Methotrexat in einer wöchentlichen Dosis zwischen 5 und 15 mg eingenommen und diese Therapie im ersten Trimester, d.h. innerhalb der ersten drei Schwangerschaftsmonate fortgesetzt (für eine Woche bis 6 Wochen). Eine Patientin erlitt in der 6. Woche ein Fehlgeburt, alle drei anderen Schwangerschaften verliefen unkompliziert. Alle drei Kinder waren gesund. Bei einem Kind wurde eine Chromosomenanalyse durchgeführt, die ein unauffälliges Ergebnis erbrachte.

 

Zur Frage einer Schwangerschaft unter der Therapie mit TNF-alpha-blockierenden Substanzen liegen bislang nur wenige Daten vor. Deshalb gibt es auch noch keine allgemeingültigen Empfehlungen. Aus Gründen der Produkthaftung formulieren alle Hersteller von TNF-alpha-hemmenden Substanzen in ihrer Produktinformation (Beipackzettel), daß unter der Behandlung mit diesen Substanzen keine Schwangerschaft auftreten darf.

 

In der wissenschaftliche Literatur finden sich erste Daten zum Ausgang einer Schwangerschaft unter der Therapie mit TNF-alpha-Blockern. Die entsprechenden wichtigsten Ergebnisse habe ich am 25. April 2003 in einem Beitrag für die rheuma-news von rheuma-online zusammengefasst (http://rheuma-online.de/news/?id=82).

 

Die Passage über die TNF-alpha-Blocker zitiere ich ebenfalls:

 

 

Ein aktueller Report in der Februarausgabe des angesehenen Journal of Rheumatology fasst die bislang umfangreichsten Erfahrungen zu einer Schwangerschaft unter einer langwirksamen antirheumatischen Therapie der rheumatoiden Arthritis mit Methotrexat (z.B. Lantarel) zusammen und beinhaltet außerdem erste Daten zu Schwangerschaften unter Leflunomid (Arava), Etanercept (Enbrel) und Infliximab (Remicade).

 

 

TNF-Blocker und Schwangerschaft

 

Die TNF-alpha-Blocker werden zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Hinblick auf das Risiko für eine Schwangerschaft von der FDA in die Klasse B eingestuft. Dies bedeutet, dass es aus Tierexperimenten keine Hinweise auf eine Schädigung für das Kind im Mutterleib oder für ein Missbildungsrisiko gibt, aber andererseits ausreichende Daten von Schwangerschaften beim Menschen nicht vorliegen.

 

Aus der bisherigen Literatur sind keine Schwangerschaftsverläufe unter einer Therapie mit Etanercept (Enbrel) bekannt; für Infliximab (Remicade) lag bislang ein Abstract vor.

 

Darin wird über 50 Schwangerschaften unter Infliximab berichtet. Bei 2 Geburten kam es zu Komplikationen; in einem Fall zu einer Frühgeburt in der 23. Woche; bei dem zweiten Kind bestand eine schwere Herzmissbildung (Fallot´sche Tetralogie). Insgesamt gab es aber im Vergleich zu einer nationalen Kohorte von gesunden Frauen keine Abweichungen.

 

Bei der vorliegenden Umfrage waren die US-amerikanischen Rheumatologen wegen der nur spärlichen Datenlage in der Beurteilung des Schwangerschaftsrisikos unter einer Therapie mit TNF-alpha-Blockern relativ unsicher. Etwa die Hälfte der Befragten konnten keine definitive Antwort geben, ob unter der Therapie mit TNF-alpha-Blockern eine Schwangerschaft kontraindiziert sei oder nicht. Deshalb empfahl etwas mehr als ein Drittel (im Fall von Enbrel) bis knapp die Hälfte (im Fall von Infliximab) der Rheumatologen ihren Patientinnen auch unter dieser Therapie eine sichere Schwangerschaftsverhütung (Etanercept: 38,6%; Infliximab: 46,5%)

 

In der Befragung wurden 15 Schwangerschaften unter Etanercept und 2 Schwangerschaften unter Infliximab berichtet. Bei 6 Schwangerschaften unter einer Monotherapie mit Etanercept (d.h. ohne Kombination mit Methotrexat) war zum Zeitpunkt der Befragung der Ausgang bekannt. In allen Fällen kam es zur Geburt gesunder Kinder, die auch jeweils zum Termin geboren wurden. Bei den 2 unter Infliximab eingetretenen Schwangerschaften kam es in einem Fall zum Termin zur Geburt eines gesunden Kindes, in dem anderen Fall ist der Ausgang der Schwangerschaft nicht bekannt.

 

Literatur:

 

Chakravarty EF, Sanchez-Yamamoto D, Bush TM. The use of disease modifying antirheumatic drugs in women with rheumatoid arthritis of childbearing age: a survey of practice patterns and pregnancy outcomes. J Rheumatol 2003 Feb; 30(2):241-6

 

 

Zusammenfassende Beurteilung

 

Derzeit gibt es keine gesicherten Empfehlungen, wie man im Fall von Infliximab verfahren soll. Ich kenne Aussagen von führenden Rheumatologen, die auf internationalen Kongressen, zuletzt auf dem EULAR-Kongress der europäischen Rheumatologen im Juni 2003 in Lissabon und im Oktober 2003 auf dem ACR-Kongress der US-amerikanischen Rheumatologen in die Richtung gehen, in Einzelfällen eine Therapie mit TNF-alpha-Blockern während der Schwangerschaft sogar fortzusetzen, wenn dies wegen der Krankheitsaktivität bei der Mutter zwingend notwendig ist. Dagegen stehen Auffassungen, auch im Fall der TNF-alpha-Blocker die Therapie vor der Schwangerschaft zu unterbrechen und einen Sicherheitsabstand bis zur Empfängnis einzuhalten, der von Präparat zu Präparat wegen der unterschiedlichen Halbwertszeiten unterschiedlich ist. Da Etanercept (Enbrel) die kürzeste Halbwertszeit hat, ist hier das Intervall kürzer (im Prinzip ist Enbrel nach spätestens 1-2 Wochen nicht mehr im Körper, d.h. ein Sicherheitsabstand von 6-8-12 Wochen ist hier sicherlich absolut ausreichend). Bei Infliximab ist die Halbwertszeit am längsten; möglicherweise ist hier ein Sicherheitsabstand von 3-6 Monaten notwendig, wenn man sicher gehen will, daß die Substanz ganz abgebaut ist.

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