Sie sind hier: rheuma-online » Archiv » Fragen und Antworten

Fragen und Antworten

Eine Frage von NN, 46 Jahre, aus Brandenburg:

Vor 12 Jahren bin ich an einer chronischen Polyarthritis (c.P.) erkrankt und mit Methotrexat (Mtx), zunächst i.m., dann p.o. bis 20 mg pro Woche behandelt worden. Die Behandlung wurde wegen Nebenwirkungen, insbesondere Übelkeit, Geschmacksstörungen und zunehmender Aversion beendet. Auch eine alleinig nicht ausreichende Therapie mit Arava wurde nach Kombination mit Mtx wegen der gleichen Nebenwirkungen beendet.

 

Im Februar 2002 wurde die Behandlung mit Enbrel 2 x 25mg pro Woche aufgenommen, die zunächst phantastisch wirkte. Wegen allerdings im April wieder zunehmender Beschwerden musste die Kortisondosis vorübergehend auf 25mg täglich erhöht werden. Die Mtx - Therapie wurde vor 2 Wochen mit zunächst 10 mg oral unter Folsäuresubstitution zur Wirkungsverstärkung von Enbrel wieder aufgenommen. Es sind noch 5 mg Kortison pro Tag notwendig. Die BSG hat sich schon deutlich gebessert.

 

Nach der Mtx-Einnahme am Abend traten vorübergehend ein schneller Puls, Unwohlsein und ein höhere Blutdruck auf ( 156/80, Puls 106 ). Am nächsten Tag wieder Besserung. Luftnot oder geschwollene Beine habe ich nicht.

 

Frage: Kann die zusätzliche Mtx Therapie zu der unter Enbrel beschriebenen Herzinsuffizienz führen – sind also beide Medikamente zusammen diesbezüglich gefährlicher?

Die Antwort gibt Dr. med. Georg Hübner, 13.11.2002:

Die zusätzliche Gabe von Mtx zu einer nicht mehr ausreichend wirksamen Behandlung mit Enbrel ist eine sowohl in Studien belegte als auch im praktischen Einsatz häufig geübte und bewährte Therapie.

 

In den amerikanischen „Beipackzetteln“, die Sie ja aktuell mit der Importware erhalten, wird auf eine erhöhte Vorsicht im Einsatz bei Patienten mit Herzinsuffizienz hingewiesen, da in zwei Studien zur Überprüfung der Wirkung von Etanercept in der Behandlung der Herzinsuffizienz keine positiven Ergebnisse erzielt wurden.

 

Sogenannte Post-marketing Berichte beschreiben eine Verschlechterung einer Herzschwäche unter Enbrel - Therapie. Unter Infliximab (Remicade) wurde in einer Studie eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz festgestellt.

 

Eine Kontraindikation bei Herzschwäche wurde bei Enbrel nicht ausgesprochen. Eine mittelgradige oder schwere Herzinsuffizienz gilt allerdings bei der Therapie mit dem TNF alpha – Antikörper Infliximab als Gegenanzeige.

 

Der behandelnde Facharzt ist also angehalten, bei beiden Therapien auf eine sich entwickelnde Herzschwäche zu achten und vor Aufnahme der Therapie eine gravierende Herzerkrankung zu erkennen und zu berücksichtigen.

 

Wichtig für den Patienten ist es, mögliche Anzeichen einer sich entwickelnden Herzschwäche kennen; ein schneller Puls kann ein Zeichen sein. Hinzu kommen Luftnot, zunächst nur unter Belastung, Ödeme („Wasser in den Beinen“), nächtlich vermehrtes Wasserlassen und evtl. asthmatische Beschwerden.

 

Allerdings muss man gerade bei hochaktiven Verlaufsformen einer c.P. vor Augen haben, dass Belastungsluftnot und eine gewisse Herzschwäche durch die entzündungsbedingte Blutarmut hervorgerufen werden kann und in sehr seltenen Fällen auch einmal ein Erguss im Herzbeutel zu einer Leistungseinschränkung des Herzens führen kann.

 

Auf dem diesjährigen amerikanischen Rheumatologenkongress im Oktober in New Orleans wurde ein interessanter Beitrag zu diesem Thema von einem Mitarbeiter der amerikanischen „Gesundheitsbehörde“ FDA veröffentlicht (Kwon, Abstr. 1538).

 

Es wurden seit der Zulassung von Infliximab und Etanercept 42 Fälle einer neu aufgetretenen und 9 Fälle einer zunehmenden Herzschwäche unter beiden Substanzen gemeldet. Bei der Hälfte der neu aufgetretenen Herzschwächen bestanden zuvor typische Risikofaktoren.

 

Der Zeitpunkt der Komplikation lag zwischen 24 Stunden und 24 Monaten nach Beginn der Therapie, median 3,5 Monate. Bei den 10 Patienten unter 50 Jahren mit neu aufgetretener Herzinsuffizienz hatten 7 keine typische Risikofaktoren. Bei allen wurde die Therapie beendet, 3 erholten sich komplett, 6 besserten sich mit üblichen Medikamenten und ein Patient verstarb.

 

Diese Berichte sprechen, so Dr. Kwon, für die Hypothese, dass TNF- alpha Blocker eine Herzinsuffizienz auslösen können. Spontane Berichte alleine reichten jedoch nicht, um Schlussfolgerungen über ursächliche Zusammenhänge zu ziehen.

 

Da in den USA mehrere hunderttausend Patienten mit Infliximab und Etanercept behandelt worden sind handelt es sich bei einer neu aufgetretenen Herzschwäche um ein sehr seltenes Ereignis.

 

Und nun zurück zur Frage:

 

Methotrexat beeinflusst die Pharmakokinetik von Enbrel nicht, so dass eine Zunahme oder Entstehung einer Herzinsuffizienz durch die Kombination der beiden Substanzen nicht wahrscheinlich ist. Bei den geringen Zahlen ist jegliche statistische Aussage wohl nicht möglich.

 

In o.g. Veröffentlichung wurde auf die Begleit- oder Kombinationstherapie der erkrankten Patienten nicht eingegangen, eine Auffälligkeit wäre sicher erwähnt worden.

 

Zu Ihrem speziellen Problem:

 

Sollten sich Unwohlsein und schneller Puls nach der Mtx - Einnahme wieder einstellen, teilen Sie das bitte Ihrem Rheumatologen mit. Die Möglichkeit einer Gabe von Mtx unter die Haut zur Verbesserung der Verträglichkeit hatten Sie ja schon mit Ihrem Arzt erwogen.

Copyright © 1997-2024 rheuma-online
rheuma-online Österreich
 
Alle Texte und Beiträge in rheuma-online wurden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Irrtümer sind jedoch vorbehalten. Alle Angaben sind ohne Gewähr. Jegliche Haftungsansprüche, insbesondere auch solche, die sich aus den Angaben zu Krankheitsbildern, Diagnosen und Therapien ergeben könnten, sind ausgeschlossen.