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Fragen und Antworten

Eine Frage von Elke B.:

Bei mir wurde im Jahre 2001 durch einen Rheumatologen eine Psoriatische Spondylarthropathie festgestellt. Allerdings ohne Rheumawert. Psoriasis an und in der Gesäßfalte mit stark nässendem und juckendem Ausschlag hin bis zum Bluten. Außerdem sind der linke Ellenbogen betroffen sowie alle Fingergelenke und Zehengelenke. Oft auch Schmerzen im Oberkiefer.

Mein Problem ist, daß die Rheumaklinik in … sagt, daß die Diagnose falsch wäre und ich mich besser in psychologische Behandlung begeben sollte.

Ich habe aber morgens immer geschwollene Hände und bei Belastung Probleme, etwas festzuhalten. Ich kann nicht lange sitzen und liegen sowie auf einer Stelle stehen. Beim Gehen wird es dann besser. Nachts ist es manchmal ganz besonders schlimm. Liege dann lange wach und bin dann, wenn ich aufstehen soll, wie gerädert. Immer bin ich auch müde.

Medikamente nehme ich zur Zeit einmal die Woche Lantarel 10 mg und Beofenac.

Leider kann ich nicht mehr einnehmen oder auch Stärkeres, da ich eine Medikamentenallergie habe.

Ich bin einfach ratlos und total verunsichert. Mein behandelnder Rheumatologe vor Ort und der Hautarzt sind aber nach wie vor der Meinung, daß die gestellte Diagnose richtig ist. Im Jahre 2001 wurden auch schon mal beide ISG Gelenke verödet, ohne Erfolg. Zudem muss ich sagen, daß meine Mutter schwerste Schuppenflechte hatte und auch an einer Gelenkbeteiligung litt.

Arbeiten kann ich einfach nicht mehr, weil ich mich, abgesehen von den Schmerzen, auch nicht dazu in der Lage fühle. Dies sieht die BfA aber ganz anders und lehnte den Rentenantrag auf Grund der Aussage der Rheumaklinik ab.

Bilde ich mir die Schmerzen ein? Ich weiß einfach nicht mehr weiter. Gibt es neue Medikamente, die ich evtl. nehmen könnte?

Oder haben Sie einen anderen Therapievorschlag?

 

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 1.01.1970:

Antwort: Wir können und dürfen aus der Ferne keine Hinweise zu einer individuellen Diagnose oder Therapie geben.

Allgemein kann man allerdings sagen, dass die Psoriasisarthritis zu den Krankheitsbildern gehört, bei denen oft große diagnostische Schwierigkeiten bestehen. Oft wird eine Psoriasisarthritis überhaupt nicht oder erst nach einem sehr langen Zeitraum diagnostiziert.

Dies gilt auch und vielleicht sogar in noch stärkerem Maße für die Psoriasis-Spondarthritis, die durch die führende Beteiligung der Wirbelsäule und der Kreuzdarmgelenke gekennzeichnet ist, die aber auch mit einer Gelenkbeteiligung und weiteren Manifestationen im Bereich des Bewegungssystems (Sehnenscheidenentzündungen, Schmerzen im Bereich von Sehnenansätzen etc.) einhergehen kann. Da diese Erkrankung typischerweise bei vielen Patienten nicht mit den charakteristischen Veränderungen bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie einer erhöhten Blutsenkung (BSG) oder einem erhöhten c-reaktiven Protein einhergeht, wird das Vorliegen einer entzündlichen Erkrankung verneint und die Diagnose einer Psoriasis-Spondarthritis nicht gestellt, obwohl ansonsten die klassischen Symptome und Befunde für diese Erkrankung vorliegen.

Häufige Fehldiagnosen gerade zu Beginn einer Psoriasis-Spondarthritis sind beispielsweise der Bandscheibenvorfall oder andere „orthopädische“ Diagnosen. Es gibt leider eine große Zahl von Patienten, die an einer Psoriasis-Spondarthritis unter der Vorstellung eines bandscheibenbedingten Problems operiert wurden und nach der Operation nicht nur nicht schmerzfrei waren, sondern in der Folge der Operation noch zusätzliche Probleme entwickelten, da sich ein sogenanntes Postdiskotomie-Syndrom entwickelte. Das Risiko für ein solches Postdiskotomie-Syndrom ist bei der Psoriasisarthritis erhöht, da die Erkrankung zu einer erhöhten Vernarbungstendenz neigt und damit ein die Entstehung eines Postdiskotomie-Syndroms begünstigt.

Eine weitere diagnostische Fehleinschätzung bei der Psoriasisarthritis und Psoriasis-Spondarthritis ist die Annahme, dass ein Fibromyalgie-Syndrom vorliegt. Diese Annahme ist deshalb auch sehr leicht möglich, da es Überlappungen zwischen den Symptomen bei der Psoriasisarthritis und der Psoriasis-Spondarthritis und dem Fibromyalgie-Syndrom gibt und gleichzeitig das Fibromyalgie-Syndrom dadurch gekennzeichnet ist, dass bei ihm keine entzündlichen Veränderungen bei den Blutuntersuchungen nachweisbar sind.

Außerdem kann sich parallel zu einer Psoriasisarthritis / Psoriasis-Spondarthritis oder im weiteren Verlauf eine sekundäre Fibromyalgie entwickeln, wahrscheinlich in der Folge des anhaltenden, unzureichend behandelten Schmerzes und einer zunehmenden Schmerz-Chronifizierung.

Die Überlappung mit einem Fibromyalgie-Syndrom auf der einen Seite und das mögliche Fehlen von Entzündungszeichen im Blut trotz bestehender lokaler entzündlicher Aktivität auf der anderen Seite macht manchmal die Beurteilung sehr schwierig, ob die Symptome eines Patienten aktuell von der Psoriasisarthritis herrühren und dann auch entsprechend behandelt werden müssen, oder ob die vorliegenden Beschwerden auf eine andere, nicht-entzündliche Ursache zurückzuführen sind und damit auch ganz anders behandelt werden müssen.

Von einer internistisch-rheumatologisch geführten Rheumaklinik sollte man erwarten, dass sie in der Lage ist, in einem solchen Fall eine richtige diagnostische Einschätzung vorzunehmen. Allerdings kann es auch hier passieren, dass sich die Situation bei der Momentaufnahme des stationären Aufenthaltes anders darstellt als bei der Betrachtung des Krankheitsbildes und der durchgeführten therapeutischen Maßnahmen über einen längeren Zeitraum. Insofern ist eine unterschiedliche Einschätzungen durch die Rheumaklinik und den behandelnden Rheumatologen vor Ort durchaus denkbar und erklärbar.

Schwellungen von Gelenken, Ruheschmerz und Nachtschmerz, der sich unter Bewegung bessert, eine morgendliche Betonung der Beschwerden und eine ausgeprägte Morgensteifigkeit sprechen in Verbindung mit dem Vorliegen einer Schuppenflechte für die Diagnose einer Psoriasisarthritis, auch wenn im Blut keine Entzündungszeichen vorliegen und keine entzündlichen Veränderungen im Röntgenbild nachzuweisen sind. Wenn Gelenke geschwollen sind und schmerzen und gleichzeitig eine Psoriasis besteht, sollte man solange von einer Psoriasisarthritis ausgehen, bis das Gegenteil bewiesen ist.

Die Diagnose einer Psoriasisarthritis hängt im übrigen nicht davon ab, ob aktuell oder in der Vergangenheit bei dem Betroffenen eine Psoriasis an der Haut vorliegt oder vorlag.

Da bei einem kleineren Teil der Patienten die Erkrankung am Bewegungssystem beginnt, d.h. die Arthritis oder die Wirbelsäulenbeteiligung der Haut-Psoriasis vorausgeht, darf die Diagnose einer Psoriasisarthritis auch dann vermutet werden, wenn die typischen Symptome und Befunde vorliegen und bei einem Verwandten ersten Grades eine Psoriasis besteht.

Die Beteiligung der Ileosakralgelenke („Sakroileitis“) gehört auch in das Krankheitsbild der Psoriasisarthritis. Da dann das sogenannte Achsenskelett betroffen ist, liegt eine Unterform der Psoriasisarthritis vor, die man Psoriasis-Spondarthritis nennt.

Abgesichert werden kann eine solche Verdachtsdiagnose durch den Nachweis genetischer Risikomarker wie HLA B27 im Fall einer Wirbelsäulenbeteiligung (Psoriasis-Spondarthritis) oder von HLA DR 4 bei peripherer Gelenkbeteiligung. Ein negativer Befund schließt eine Psoriasisarthritis / Psoriasis-Spondarthritis nicht aus. Ein positiver Nachweis sowohl bei dem Betroffenen als auch einem nahen Verwandten (z.B. Vater oder Mutter, Kinder) mit definitiver Psoriasisarthritis macht die Diagnose einer Psoriasisarthritis dann aber auch beim Fehlen von Hautmanifestationen sehr wahrscheinlich.

Hinsichtlich der Therapie:

Mit der Einführung der modernen Medikamente stehen heute eine ganze Reihe von wirksamen Therapieverfahren zur Verfügung. Dies betrifft sowohl die Wirbelsäulenbeteiligung einschließlich der Iliosakralgelenke als auch die peripheren Gelenke.

Grundsätzlich gilt bei der Therapie, dass jede aktive Psoriasisarthritis mit einer langwirksamen antirheumatischen und krankheitsmodifizierenden medikamentösen Therapie behandelt werden sollte. Von der allgemeinen Therapiestrategie kann man sich an dem Vorgehen wie bei der rheumatoiden Arthritis orientieren. Hierzu gibt es beim TNF-alpha-Informationszentrum umfangreiche Informationen, zum einen auf der Homepage, zum anderen auch in Form von Broschüren und weiteren Print-Materialien.

Flankiert wird die krankheitsmodifizierende Medikation ggf. durch die symptomatische Behandlung mit cortisonfreien Entzündungshemmern („nicht-steroidale Antirheumatika“, NSAR) und unter Umständen bei hoher Krankheitsaktivität auch mit Cortison.

Als langwirksame Antirheumatika für die Therapie der Psoriasisarthritis sind in Deutschland derzeit folgende Substanzen zugelassen:

· intramuskulär verabreichtes Gold (Natriumaurothiomalat, Handelsname Tauredon)

· Methotrexat (z.B. Lantarel)

Ganz aktuell, d.h. seit Dezember 2002, steht außerdem mit dem „Biological“ Etanercept (Enbrel) das erste krankheitskontrollierende Medikament zur Behandlung der Psoriasisarthritis zur Verfügung.

Enbrel ist in Deutschland für die Therapie der aktiven Psoriasisarthritis zugelassen, bei der die konventionelle langwirksame antirheumatische Therapie nicht ausreichend wirkt oder aus anderen Gründen (inbesondere Gegenanzeigen („Kontraindikationen“) oder Nebenwirkungen) nicht gegeben werden kann. Die Entscheidung zum Beginn einer Enbrel-Therapie sollte von einem internistischen Rheumatologen getroffen werden; er sollte auch die Therapie durchführen bzw. überwachen.

Enbrel ist bei Psoriasis-Arthritis hochwirksam mit Ansprechraten hinsichtlich der Gelenksymptome bei weit über 50% der Patienten. Bei dem größten Teil der Patienten kommt es auch zu einer deutlichen Besserung der Hautmanifestationen der Psoriasis.

Die Erfahrungen mit Enbrel decken sich im wesentlichen mit denen bei der Therapie der rheumatoiden Arthritis. Für weitergehende Informationen zu Enbrel (insbesondere auch zur Verträglichkeit oder zu möglichen Nebenwirkungen) empfiehlt sich deshalb die Lektüre der entsprechenden Seiten auf der TIZ-Homepage (www.tiz-info.de). Weiterhin empfehlenswert ist die TIZ-Broschüre zu Etanercept, die online über das entsprechende Formular auf der TIZ-Homepage angefordert werden kann.

Da Enbrel ein relativ teures Medikament ist, verlangen die Kostenträger (Krankenkassen, Beihilfestellen), dass vor dem Einsatz dieses Präparates preiswertere zur Verfügung stehende Alternativen angewendet wurden. Bei Ihnen wurde in dieser Richtung ein Therapieversuch mit Methotrexat bereits gemacht und erwies sich als nicht ausreichend wirksam. Damit wäre eine wichtige Voraussetzung für die Enbrel-Therapie erfüllt.

Allerdings ist die Dosis mit 10 mg / Woche relativ niedrig. Deshalb sollte zunächst die Dosis erhöht werden, ggf. auch ein Wechsel von der oralen Form (Tablettenform) auf die parenterale Gabe in Form von Spritzen (intravenös, intramuskulär, subkutan) erfolgen. Der Wechsel von der oralen Verabreichungsform auf die Spritzenform ist insbesondere bei unzureichender Wirksamkeit empfehlenswert, da Methotrexat als Tablette bei einem Teil der Patienten nur in sehr geringem Maße resorbiert wird, d.h. über den Magen-Darmtrakt in den Körper aufgenommen wird. Ein günstiger Nebeneffekt der Methotrexat-Spritzen ist in vielen Fällen die bessere Verträglichkeit, d.h. man erzielt durch die Spritzen eine höhere Wirkung bei gleichzeitig guter oder sogar besserer Verträglichkeit.

Methotrexat ist in der Regel gut wirksam bei der peripheren Gelenkbeteiligung („Psoriasisarthritis“). Hinsichtlich der Wirbelsäulenbeteiligung (Psoriasis-Spondarthritis) ist die Bewertung unterschiedlich. Die Literatur nennt für die Wirbelsäulenbeteiligung eine eher geringere oder z.T. sogar eine fehlende Wirksamkeit von Methotrexat. Die eigenen Erfahrungen mit dem Einsatz von Methotrexat auch bei der Psoriasis-Spondarthritis sprechen allerdings dagegen. Danach lässt sich mit Methotrexat eine z.T. sogar excellente Wirkung auf den entzündlichen Rückenschmerz und die klinischen Symptome einer Sakroileitis erzielen, d.h. die entzündliche Beteiligung der Kreuz-Darmbein-Gelenke.

Wenn Methotrexat auch bei ausreichend hoher Dosierung und genügend langer Durchführung der Therapie, d.h. mindestens über 2-3 Monate, bei der Psoriasis-Spondarthritis teilweise, aber nicht ausreichend wirkt, sollte eine Kombinationstherapie erwogen werden, vorzugsweise mit Sulfasalazin. Bei völliger Unwirksamkeit sollte auf eine andere konventionelle langwirksame Therapie oder auf die Therapie mit TNF-alpha-Blockern gewechselt werden.

Außerhalb der offiziellen Zulassung („off-label“) liegen bei der Behandlung der Psoriasisarthritis mit konventionellen langwirksamen Antirheumatika Erfahrungen aus klinischen Studien oder aus der praktischen Anwendung für folgende Substanzen vor:

· Sulfasalazin (z.B. Azulfidine RA, Pleon RA)

· Azathioprin (z.B. Imurek)

· Ciclosporin (Sandimmun, Sandimmun optoral); Sandimmun ist in Deutschland offiziell zugelassen für die Therapie der schweren Haut-Psoriasis

· Leflunomid (Arava)

Umfangreiche Studiendaten liegen aus dieser Medikamentengruppe insbesondere für Leflunomid vor. Die Ergebnisse der TOPAR-Studie belegen dabei eine gute Wirksamkeit von Arava bei Psoriasisarthritis. Es ist zu erwarten, das Arava in absehbarer Zeit auf der Grundlage dieser Studien auch offiziell für die Therapie der Psoriasisarthritis zugelassen werden wird.

Aus der Gruppe der biologischen Medikamente zeigen Studiendaten auch für Infliximab (Remicade) eine Wirksamkeit bei der Psoriasisarthritis.

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