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Fragen und Antworten

Eine Frage von Sp.:

Ich bin 26 Jahre alt, habe seit 6 Jahren Morbus Bechterew:

- ISG-Arthritis Grad 3 beidseits

- Beginnende Wirbelvorderkantenabflachung vor allem in der HWS

Ich habe schon Cortison-Injektionen (CT-gesteuert) ohne Erfolg hinter mir und alles andere, was man bei MB noch so probieren kann.

 

Letztes Jahr habe ich mit Enbrel angefangen, aber jeweils nach 3 Spritzen, also 1.5 Wochen mußte ich immer abbrechen wegen bakterieller Infektionen. Nach dem 5. Versuch (5 Infektionen) habe ich dann schwere Unverträglichkeitsreaktionen schon nach einer bis drei Spritzen entwickelt (allerdings hatte ich nach diesen 3 Spritzen schon eine Symptomlinderung von 20%). Seit 5 Monaten bekomme ich jetzt Remicade in den Schritten 02;04;05;05;05 Wochen in einer Dosis von 5mg/kg Körpergewicht. Von den ersten vier Infusionen habe ich gar nichts gemerkt außer einem Kribbeln. Jetzt nach der 5. war es eine Woche besser. Was soll Ich jetzt machen? Kennen Sie Fälle, die mit Remicade auch so ein Spätzünder waren? Kann es jetzt nach der sechsten Infusion noch zu einer Wirkungssteigerung kommen? Laut Hersteller zählt man ja schon zu den Therapieblindgängern, wenn man 3 Wochen nach der dritten Infusion keinen Effekt erzielt.

 

Den Wechsel von Remicade zu Humira hält der behandelnde Oberarzt auch nicht für sinnvoll, da von einem Medikament mit gleichem Wirkmechanismus keine deutliche Wirkungssteigerung zu erwarten ist (was Ich nicht ganz verstehe, Enbrel wirkte ja ganz gut, so weit man das nach 1.5 Wochen beurteilen kann).

 

Nach welcher Einnahmedauer erreicht man bei Enbrel und Humira den Wirkungszenith?

 

Ein Oberarzt von einem anderen Krankenhaus wollte dann Humira ausprobieren, aber wenn das noch schlechter wirkt, kann ich wohl auch nicht ohne weiteres zu Remicade zurück. So flexibel sind oder können meine behandelnden Ärzte leider nicht sein, was bei meinem rationalen Verstand schon irgendwie auf Widerstand stößt.

 

Der Arzt meinte, ich könnte irgendwann vielleicht mal MabThera off label, oder

so ähnlich, kriegen, aber leider sei das noch zu neu und deswegen noch zu

riskant.

 

Hat jemand mit Morbus B. damit schon mal Erfahrungen gemacht, und wenn ja, bei welchem Arzt?

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 29.07.2005:

Wie Sie wissen, können, wollen und dürfen wir über das Internet keine Ratschläge und Empfehlungen zu einer individuellen Diagnose oder Therapie geben.

Allgemein kann man sagen, daß man bei der Therapie entzündlich-rheumatischer Erkrankungen die Behandlung nur dann umstellen sollte, wenn man sicher beurteilen kann, daß sie nicht erfolgversprechend ist. In einem solchen Fall sollte man dann allerdings auch nicht zu lange eine einer unwirksamen oder unzureichend wirksamen Behandlungsstrategie festhalten.

Im Fall von Infliximab (Remicade) wirkt die Substanz nicht bei allen Patienten gleich und insbesondere nicht bei allen Patienten gleich schnell. So kann es durchaus sein, daß bei einigen Patienten schon nach der ersten oder zweiten Infusion eine deutliche Wirkung eintritt, bei anderen dagegen erst im Verlauf von etwa 3 Monaten. Wenn bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Wirkung zu verzeichnen ist, macht eine  Fortsetzung der Behandlung im Regelfall keinen Sinn. Auch dies kann aber nur in Kenntnis aller Krankheits- und Behandlungsdaten und des genauen Befundes und Krankheits- und Behandlungsverlaufs entschieden werden.

Wenn der eine TNF-alpha-Blocker nicht oder nicht ausreichend wirkt, muß dies nicht unbedingt bedeuten, daß dies auch bei einem anderen so ist. So wissen wir aus einer Reihe von Studien, daß Enbrel wirken kann, wenn zuvor Remicade nicht gewirkt hat, oder umgekehrt. Humira ist noch nicht so lange in der breiten Anwendung, so daß wir hier noch nicht über so umfangreiche Erfahrungen verfügen wie bei den anderen Substanzen. Die ersten Daten zeigen aber hier, daß Ähnliches wie für die Enbrel und Remicade gilt.

Humira ist allerdings derzeit noch nicht für die Therapie des M. Bechterew offiziell zugelassen, so daß es Schwierigkeiten mit der Kostenübernahme durch die Krankenkasse geben könnte. Da Sie allerdings privat krankenversichert sind, bestehen in Ihrem Fall andere und günstigere rechtliche Rahmenbedingungen als bei der gesetzlichen Krankenversicherung, die die Kosten einer solche Behandlung aus rechtlichen Gründen in der Regel nicht übernehmen darf, auch wenn sie wollte.

MabThera wurde bislang bei der Behandlung von rheumatischen Erkrankungen nur in Einzelfällen und in kleinen klinischen Studien eingesetzt. Dabei zeigte sich eine gute Wirksamkeit bei der rheumatoiden Arthritis. Meines Wissens gibt es bislang noch überhaupt keine Erfahrungen mit dem Einsatz von MabThera bei der Behandlung eines M. Bechterew.

Persönlich verfüge ich über eine Einzelfallbeobachtung bei einem Bechterew-Patienten, der zunächst gut auf Remicade angesprochen hatte und dann diese Behandung aber wegen zunehmender Nebenwirkungen nicht weiter bekommen konnte. Da die (private) Krankenversicherung aus Gründen, die mir bis heute nicht verständlich sind, eine Therapie mit dem IL-1-Blocker Anakinra  (Handelsname Kineret) bevorzugte, habe ich ihn mit einem sehr guten Ergebnis mit dieser Substanz behandelt. Die Therapie wird nun mit anhaltender Wirksamkeit und bei guter Verträglichkeit etwas mehr als 3 Jahre durchgeführt. Der guten Ordnung halber muß man ergänzen, daß parallel dazu wöchentlich 15 mg Methotrexat gegeben werden.

Wenn insofern bei Ihnen TNF-alpha-Blocker aus welchen Gründen auch immer nicht oder nicht mehr gegeben werden können oder sollen, wäre ein solcher Therapieversuch u.U. eine weitere mögliche Alternative.

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