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Fragen und Antworten

Remicade-Therapie und Zeugungswunsch

Frage aus der Kategorie: Fragen an die Experten
Eine Frage von einem jungen Rheumapatienten:

Ich bin 22 Jahre alt und leide seit meinem 13. Lebensjahr an einer chronischen Polyarthritis. Seit 2 Jahren werde mit Remicade behandelt. Darunter geht es mir supergut (meine eDAS- und eHAQ-Auswertung: Wert eDAS: 3,3; Wert eHAQ: 0. Habe letzte Woche meine Remicade bekommen, und dadurch gehts mir so gut. Remicade bekomme ich alle 8 Wochen mit einer Dosis von 300 mg (entspricht bei einem Gewicht von 80 kg einer Dosis von 3.75 mg/kg Körpergewicht).

Zu meiner Frage:

Ich habe gelesen daß unter Remicade die Spermien beeinflußt werden (Beweglichkeit, Lebensdauer usw.). Stimmt das??

Möchte mit meiner Freundin ein Baby. Sind die Spermien dann auf Dauer geschädigt, oder nur unter der Behandlung??

Wie lange sollte man nach der letzten Remicade-Infusion warten, bis man mit dem Zeugen beginnt?

Und was gibts zwischendurch für Schmerzmittel für schlechtere Zeiten?

Die Antwort gibt Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 28.03.2005:

Wir haben in rheuma-online über die Studie einer finnischen Arbeitsgruppe berichtet, in der der Einfluß von TNF-alpha und einer TNF-alpha-Blockade mit Infliximab (Remicade) auf die Überlebenszeit von Spermien untersucht wurde. Ich füge diesen Artikel im nachfolgenden an:

Einfluß von TNF-alpha auf die Spermienqualität

 

Weitere Artikel:

TNF-alpha und INF-gamma beeinflussen die männliche Fruchtbarkeit.

 

Ähnliche Anfragen an TIZ zu diesem Thema:

Gegenwärtig erhalte ich eine ganze Reihe von Anfragen zur Therapie mit TNF-alpha-Blockern und dem Thema Kinderwunsch, Schwangerschaft und auch Zeugungsfähigkeit beim Mann. Nachfolgend auch dazu die wichtigsten Antworten.

Einfluss von Anti-TNF-Alpha- Medikamenten auf die Spermienqualität bzw. männliche Zeugungsfähigkeit

Zu Ihren Fragen im einzelnen:

Sind die Spermien dann auf Dauer geschädigt, oder nur unter der Behandlung??

Die Spermien gehören zu den Zellen im Körper mit der höchsten Umsatzrate, d.h. es werden ständig neue Spermien produziert, die nach einer gewissen Zeit programmiert absterben (s.o.). Bei der Frage, ob die Spermien durch äußere Einflüsse, z.B. unter anderem auch durch Medikamente, geschädigt sind, muß man eine mögliche Schädigung während des „Produktionsprozesses“ an sich, d.h. bei der Zellteilung, von einer Schädigung der Keimzellen unterscheiden, d.h. einer Art „Master-Spermie“ oder „Master-CD“, von der die Spermien bei der nachfolgenden „Serienproduktion“ kopiert werden.

Wenn die Keimzelle nicht geschädigt ist, sondern nur Störungen bei dem Kopierprozeß auftreten (was der Normalfall bei möglichen Medikamentennebenwirkungen ist), ist die Spermienproduktion ab dem Augenblick wieder normal, in dem der störende / schädigende Einfluß ausgeschaltet ist. Allerdings befinden sich zu diesem Zeitpunkt noch Spermien im Körper, die vorher produziert worden sind, so daß ein Zeitraum von ca. 3 Monaten anzusetzen ist, bis sich nur noch neu produzierte Spermien in den Samenkanälchen befinden.

Wie lange sollte man nach der letzten Remicade-Infusion warten, bis man mit dem Zeugen beginnt?

Die Spermien werden in einem ersten Schritt als Spermien-Vorstufen im Hoden produziert und reifen dann im Nebenhoden zu den eigentlichen, befruchtungsfähigen Spermien. Die Reifungszeit der Spermien beträgt ca. 74 Tage. Zählt man eine mittlere Passagezeit durch den Nebenhoden von ca. 2 Wochen dazu, ergibt sich ein Zeitraum von ca. 3 Monaten vom Start der Spermienproduktion bis zu dem Zeitpunkt, an dem das letzte Spermium aus dieser „Charge“ den Körper durch einen Samenerguß verlassen hat oder durch Einleitung eines natürlichen Zelltodes abgestorben ist.

Infliximab (Remicade) hat eine relativ lange biologische Halbwertszeit, d.h. die Substanz verbleibt nach der Infusion relativ lange im Körper (was der Grund dafür ist, daß im Verlauf der Therapie die Abstände zwischen den einzelnen Infusionen in der Regel 8 Wochen betragen). Wenn man einen Einfluß von Infliximab auf die Spermienproduktion ausschalten will, ist ein Sicherheitsabstand von mindestens 3 Monaten notwendig. Zählt man die 3 Monate hinzu, die man für die Entwicklung der Spermien und die Passagezeit im Nebenhoden ansetzen muß, kommt man zu einem Zeitraum von insgesamt 6 Monaten, den man im Fall von Infliximab (Remicade) als Sicherheitsabstand kalkulieren kann.

Ein wichtiger Gesichtspunkt: Remicade wird bei der Therapie einer chronischen Polyarthritis (rheumatoiden Arthritis) standardmäßig in Kombination mit Methotrexat verabreicht. Da Methotrexat einen Einfluß auf die Zellteilung hat, sind hier wesentlich größere und auch eher ungünstige Einflüsse auf die Entwicklung der Spermien anzunehmen als im Fall von Infliximab. Bei der Frage einer Familienplanung ist es deshalb zwingend notwendig, unbedingt auch Methotrexat abzusetzen. Die Halbwertszeit von Methotrexat ist kürzer als die von Infliximab, so daß Methotrexat etwa noch 1-2 Monate länger gegeben werden kann. Die offiziellen Empfehlungen sehen aber auch für die Methotrexat-Therapie einen Sicherheitsabstand von 6 Monaten bis zur Zeugung vor.

Links zum Thema Spermienproduktion:

http://www.familienplanung.de/kinderwunsch/daten/1_02.htm

http://www.childless.de/wie1.htm

http://info.multimedica.de/public/html/gufischer/...

http://www.bioscientist.de/Seiten/Fertilisation.html

http://spermiogenese.exsudo.de/

Und was gibts zwischendurch für Schmerzmittel für schlechtere Zeiten?

Grundsätzlich kommen die üblichen symptomatisch wirkenden Medikamente in Frage, d.h. reine Schmerzmittel und cortisonfreie Entzündungshemmer, daneben auch (niedrig-dosiertes) Cortison.

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