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Fokus-Theorie

Die Fokus-Theorie ist eine überholte Vorstellung über den Zusammenhang von Eiterherden im Körper und der Entstehung von rheumatischen Erkrankungen. Sie hängt eng mit dem früher häufigen rheumatischen Fieber zusammen und prägte in der frühen Nachkriegszeit die diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen bei der Behandlung rheumatischer Erkrankungen. Die Fokus-Theorie besagte, daß beim Auftreten von Gelenkentzündungen ein Eiterherd im Körper vorhanden sei, den man finden und sanieren müßte. Da das rheumatische Fieber durch Streptokokken (ein Bakterium) hervorgerufen wird, vermutete man auch für die anderen rheumatischen Erkrankungen eine Streptokokkenursache. Streptokokken finden sich mit hoher Verbreitung im Mund- und Rachenraum. Folglich schuldigte man verborgene Streptokokkeninfektionen in dieser Region (Rachenmandeln, Nasennebenhöhlen, Stirnhöhlen, Eiterherde an den Zahnwurzeln) als Rheumaursache an. Die Folge der Fokus-Theorie war, daß unzählige Zahnärzte und Hals-Nasen-Ohren-Ärzte mit der Fokussuche beschäftigt waren und Hunderte und Tausende von Rheumapatienten zwar ihre Mandeln und ihre Zähne verloren, ihr Rheuma allerdings nicht. Man weiß heute, daß Infektionen im Mund- und Rachenbereich nur in den seltensten Fällen die Ursache von Gelenkentzündungen sind und daß eine sorgfältige rheumatologische Diagnostik auf jeden Fall eine ganze Reihe anderer, viel häufigerer Ursachen abklären muß. Die Fokus-Theorie hat aber bis heute für viele Patienten noch eine große Attraktivität; auch in der nicht-wissenschaftlich abgesicherten Medizin hat sie aufgrund ihrer einfachen Struktur und ihres geschichtlichen Fundaments einen festen Platz.

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