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Osteoporose durch Cortison – wie kann das verhindert werden?

Cortisonpräparate werden sehr häufig und mit guter Wirkung bei entzündlichen Erkrankungen eingesetzt, aber bei längerfristiger Anwendung droht Knochenabbau mit erhöhtem Frakturrisiko. Obwohl bereits etliche Arbeitsgruppen Prophylaxe-Programme gegen diese schädliche Cortison-Wirkung erarbeitet haben, müssen die Empfehlungen immer wieder überdacht und neuen Erkenntnissen angepasst werden.

Kategorie: Osteoporose, Rheumatoide Arthritis
(Sonntag, 12.03.2006, Dipl.oec.troph. Elke Gurschke)

Die ersten osteoporotischen Veränderungen fallen meist im Bereich der Rippen und der Lendenwirbelsäule auf, es können aber grundsätzlich alle Knochen betroffen sein.

Die Knochendichtemessung (Knochendichte = BMD = bone mineral densitiy) ist das zur Zeit aussagekräftigste Instrument zur Feststellung einer Abnahme der Festigkeit der Knochen. Besonders sinnvoll ist der Einsatz dieser Messung vor oder kurz nach dem Beginn einer Cortisonbehandlung, um den Ausgangswert festzuhalten. Wiederholte Messungen zeigen dann einen eventuellen Verlust, der behandelt werden muss und auch ein Behandlungserfolg kann so am besten bewertet werden.

Es konnte bisher nicht bestätigt werden, dass bei Patienten mit Cortisontherapie ein anderer BMD-Grenzwert (also die Grenze, ab der mit einer Fraktur zu rechnen ist) für das Frakturrisiko beachtet werden muss, als bei der durch die Wechseljahre ausgelösten Osteoporose.

Die Abnahme der Knochensubstanz durch eine Cortisontherapie hat keinen festen Wert, sondern variiert je nach Dosierung und behandelter Erkrankung und ist wahrscheinlich auch von genetischen Faktoren abhängig. Das Frakturrisiko steigt auf jeden Fall mit der Dauer der Anwendung. Bereits im ersten Jahr der Cortisonbehandlung kann der BMD-Wert um bis zu 10% fallen. Im Zusammenhang mit der Therapie können auch Änderungen bei einigen Labor-Messwerten auftreten, sie sind aber nicht aussagekräftig genug, um wirklich ein Frakturrisiko anzuzeigen.

<h1 class="">Wer wird behandelt?</h1>

Ein besonderes Osteoporose-Risiko besteht bei folgenden Voraussetzungen:

  • Vorheriger Knochenbruch ohne besonders starke Einwirkung von außen
  • Frauen nach den Wechseljahren
  • Männer über 50 Jahre
  • Niedriges Körpergewicht
  • Erkrankungen, die den Knochen schädigen können, z.B. RA
  • Hohe Cortisondosen
  • Lang andauernde Cortisontherapie
  • Geringe Calciumzufuhr
  • Bewegungsmangel
  • Familiäre Häufung von Osteoporose

<h1 class="">Wann wird behandelt?</h1>

Durch die Gefahr des besonders hohen Knochenmasseverlustes in den ersten 12 Monaten der Cortisontherapie, ist eine prophylaktische Behandlung mit entsprechenden Präparaten direkt bei Therapiebeginn sinnvoll, also wenn noch keine Schädigung der Knochen erfolgt ist.

Aber auch bei Patienten, bei denen durch langfristige Cortisontherapie von einem Knochenmasseverlust ausgegangen werden muss, sollte sowohl eine Behandlung der bereits bestehenden Schäden, als auch eine Vorbeugung vor weiteren Knochenmasseverlusten erfolgen. Hier gilt die Prämisse: Es ist nie zu früh, aber auch nie zu spät, die Osteoporose zu behandeln.

<h1 class="">Wie wird behandelt?</h1>

Immer die niedrigst mögliche Dosierung wählen, da das Frakturrisiko auch hiervon abhängt. So lösen Tagesdosierungen unter 5 mg Prednison-Äquivalent (also Prednison, z.B. Decortin oder ein anderes Cortisonpräparat, das dann entsprechend seiner Wirkstärke umgerechnet wird) nur sehr geringen Knochenmasseverlust aus, während Einnahmen von über 10 mg/Tag schon eine deutliche Reduzierung des BMD-Wertes zur Folge haben. Dosierungen zwischen 5 und 10 mg/Tag können je nach Patient mehr oder weniger starke Schäden bewirken, so dass hier regelmäßig kontrolliert werden muss.

Eine zusätzliche Gabe von Präparaten, die den Knochenmasseverlust vermindern oder verhüten, ist grundsätzlich bei lang andauernder Cortisontherapie angezeigt. Dazu gehören:

<h1 class="">Womit wird behandelt?</h1>

1. Bisphosphonate

Diese Präparategruppe wird momentan bevorzugt zur Verhütung von Knochenmasseverlusten eingesetzt, die durch Cortisontherapie ausgelöst wurden. Die Wirksamkeit dieses Einsatzbereiches wurde in vielen Studien bestätigt. Während in den ersten Untersuchungen zu diesem Thema orales Pamidronat (z.B. Aredia) verwendet wurde, gibt es aktuelle Ergebnisse zu allen üblicherweise eingesetzten Bisphosphonaten: Alendronat (z.B. Fosamax), Risedronat (z.B. Actonel), Pamidronat zur Infusion (z.B. Aredia) und Etidronat (z.B. Didronel).

In einer Studie mit 477 Patienten zur Wirksamkeit von Alendronat wurden Tagesdosen von 5 und 10 mg mit einer Kontrollgruppe verglichen, die Calcium und Vitamin D erhielt. Bei Patienten, die weniger als 4 Monate Cortison eingenommen hatten, lagen die BMD-Wert-Änderungen im Lendenwirbelbereich bei +3,0% für Alendronat gegenüber –1,0% in der Kontrollgruppe. Nach 12 Monaten ergab die Alendronat-Gruppe einen Wert von +2,8%, aber auch in der Kontrollgruppe wurden +0,2% gemessen. Die Verabreichung von Calcium und Vitamin D scheint also zumindest einen weiteren BMD-Verlust zu verhindern, auch wenn zu Beginn der Cortisontherapie zunächst ein gewisser Rückgang gemessen wurde. Auch wenn sich in dieser Studie die Alendronat-Dosierung von 5 mg/Tag grundsätzlich als wirksam erwiesen hat, sollte vorsichtshalber die Therapie mit 10 mg/Tag bzw. der 70 mg-Dosierung 1x/Woche gewählt werden, wenn eine Hoch-Dosis-Cortisontherapie begonnen wird.

Eine Studie zu Risedronat mit insgesamt 518 Patienten bewies die Wirksamkeit einer Verabreichung von 5 mg/Tag (BMD: +0,6%) gegenüber der alleinigen Calciumgabe von 500 mg/Tag (BMD: -2,8%) bei beginnender Cortisontherapie im Verlauf von 12 Monaten. Bei Patienten, die bereits länger Cortison bekommen hatten, blieben die BMD-Werte in der Calcium/Vitamin D-Gruppe konstant, während unter Risedronat ein Zuwachs von 2,9% im Lendenwirbelbereich gemessen wurde.

In allen Studien zu Alendronat, Risedronat und Etidronat wurde eine deutliche Senkung des Frakturrisikos der Wirbelkörper bei Frauen nach den Wechseljahren (postmenopausal) erreicht. Bei Frauen vor den Wechseljahren (premenopausal) wurden derartige Brüche gänzlich verhindert.

2. Calcium und Vitamin D

Durch umfangreiche Studien wurde festgestellt, dass sich die Gabe von Calcium nicht zur Vorbeugung vor Knochenmasseverlusten bei Patienten eignet, die gerade mit der Cortisontherapie beginnen.
Calcium, oft zusammen mit Vitamin D, wurde in vielen Studien zur Osteoporoseprophylaxe und –therapie als Kontrollmedikation eingesetzt.

Eine Untersuchung, die Calcium+Vitamin D gegen Placebo (also unwirksame Scheinmedikation) getestet hat, kam zu dem Ergebnis, dass es im Verlauf von 3 Jahren zu deutlichen Verlusten der Knochenmasse kam – und zwar in beiden Gruppen. Die Unterschiede waren zu gering (also: nicht signifikant), als dass daraus ein Vorteil für die Gabe von Calcium und Vitamin D zu ersehen gewesen wäre.

Bei langfristiger Einnahme niedriger Cortisondosen scheint allerdings ein gewisser protektiver (schützender) Effekt vor weiteren BMD-Verlusten zu existieren. Eine Studie in den USA zeigte nämlich, dass bei 96 Patienten mit rheumatoider Arthritis ein Zuwachs der Knochenmasse durch die Gabe von 1000 mg Calcium/Tag und 500 i.E. Vitamin D/Tag erzeugt werden konnte.

Bei der Verwendung von Vitamin D wird zwischen dem ursprünglichen Vitamin und seinen im Körper aktiven Umbauprodukten unterschieden. Erst in Leber und Niere kommt es nämlich zur Aktivierung des aus der Nahrung aufgenommenen oder in der Haut durch UV-Strahlung gebildeten Vitamin D, hauptsächlich in die aktive Form Calcitriol. Aber hat Calcitriol einen größeren Nutzen zur Osteoporosevorbeugung?

In einer Untersuchung hierzu wurden 195 Patienten entweder mit Vitamin D, Calcitriol oder Alendronat behandelt. Nach 2 Jahren Behandlungsdauer waren nur in der Alendronat-Gruppe keine neuen Wirbelkörperbrüche aufgetreten. Zwar haben aktive Metaboliten von Vitamin D einen gewissen protektiven Effekt, aber die Bisphosphonate können wesentlicher besser vor Osteoporose schützen. Beim Einsatz von Calcitriol sollte aber zur Vermeidung einer Hypercalcämie, also eines zu hohen Calcium-Spiegels im Blut, auf zusätzliche Zufuhr von Calcium verzichtet werden, es sei denn, die Calcium-Zufuhr über die Nahrung ist sehr gering.

3. Weitere Möglichkeiten

Der Nutzen einer Hormonersatztherapie kann bisher schlecht beurteilt werden, da nur wenige Daten zur Verfügung stehen. Da mit dieser Therapie speziell bei älteren postmenopausalen Frauen auch Risiken verbunden sind, sollte eher zu den Bisphosphonaten gegriffen werden. In einer Studie zur Hormontherapie bei Männern (sie erhielten 250 mg Testosteron/Monat) wurde ein 5%-iger Anstieg der BMD im Verlauf von 12 Monaten gemessen.

Den Einfluss von Calcitonin können die Ärzte wegen sehr unterschiedlicher Studienergebnisse bisher nicht abschließend beurteilen.

Parathormon (PTH) zeigte in einer Studie gute Zuwächse bei den BMD-Werten, wobei auch nach Absetzen des Hormons der günstige Einfluss bestehen blieb. Allerdings war die Patientengruppe sehr klein, so dass die Ärzte nicht feststellen konnten, ob auch die Zahl der neu auftretenden Wirbelbrüche reduziert wurde.

<h1 class="" dir="ltr">Zusammenfassung</h1>

Die erste Wahl zur Verhütung von Osteoporose, die durch Cortisontherapie hervorgerufen wird, ist der Einsatz eines oralen Bisphosphonates, wie Alendronat (z.B. Fosamax) oder Risedronat(z.B. Actonel). Wenn die orale Verabreichung nicht vertragen wird, kann eine parenterale Form gewählt oder ein aktiver Vitamin D-Metabolit gegeben werden.

Um den Knochenmasseverlust speziell zu Beginn der Cortisontherapie zu verhindern, ist die alleinige Gabe von Calcium ungeeignet. Calcium zusammen mit Vitamin D kann aber zur ergänzenden Therapie während einer langfristigen Einnahme von Cortisonpräparaten verabreicht werden. Kommt ein aktiver Vitamin D-Metabolit zum Einsatz, muss eine mögliche Hypercalcämie beachtet und nur in Mangelfällen Calcium zusätzlich gegeben werden.

Testosteron-Therapie kann bei Männern hilfreich sein, wenn ein Mangel dieses Hormons durch geringe Eigenproduktion vorliegt.

Während einer länger andauernden Therapie mit Cortison muss der BMD-Wert durch eine Knochendichtemessung im Auge behalten werden, damit rechtzeitig ein Bisphosphonat oder auch Parathormon eingesetzt wird, bevor es zu Wirbelkörperbrüchen kommt.

<h1 class="" dir="ltr">Literatur</h1>

Sambrook PN. How to prevent steroid induced osteoporosis. Ann Rheum Dis. 2005 Feb;64(2):176-8.

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