TEMPO-Studie

Wirksamkeit, Wirkungseintritt und längerfristige Wirksamkeit von Etanercept als Kombinationstherapie mit Methotrexat (MTX) versus Monotherapie von Etanercept oder MTX bei rheumatoider Arthritis (RA) mit langer Erkrankungsdauer: TEMPO Studie (Trial of Etanercept and Methotrexat with Radiographic Patient Outcomes)

In diese große, multizentrische Doppelblindstudie (92 Zentren in Europa und Asien, Klareskog et al 2004) wurden insgesamt 682 Patienten aus 92 Zentren mit aktiver RA aufgenommen, die für eine MTX-Therapie geeignet waren, jedoch bereits auf >=1 DMARD unzureichend angesprochen hatten. 682 Patienten mit aktiver rheumatoider Arthritis wurden randomisiert auf 2x25mg Etanercept pro Woche, orales MTX bis zu 20 mg/Woche oder auf die Kombination eingestellt (Abb. 1)

Abb. 1: TEMPO - Studie Design und Dosierungen

Primärer klinischer Endpunkt nach 24 Wochen war der ACR-N-AUC, primärer radiologischer Endpunkt die Änderung des Sharp-Scores nach 52 Wochen in Vergleich zum Ausgangspunkt.

Nach einem Jahr erwies sich die Kombination aus Etanercept plus MTX den Monotherapien gegenüber deutlich überlegen (Abb. 2 und 3).

Abb. 2: Mittlerer Verlauf des primären Endpunkts, ACR-N

Nach einem Jahr hatten 85% der Patienten in der Kombinations-Gruppe ein Ansprechen gemäß ACR20, 69% gemäß ACR50 und 43% gemäß ACR70 erreicht (Abb. 3)

Abb. 3: Mittlerer Verlauf des ACR-Ansprechens nach 52 Wochen

Die prozentualen Anteile der Patienten, die in Woche 52 eine klinische Remission (DAS 44 <1,6) erreichten, betrugen 14 %, 18 % bzw. 37 % für die MTX- und Etanercept-Monotherapie bzw. die Kombination. Eine klinische Remission war definiert durch einen DAS-Wert von < 1,6 Einheiten. Mit 37 % erreichten mehr als doppelt so viele Patienten, die Etanercept + MTX erhielten, eine klinische Remission als die Patienten, die die MTX-Monotherapie erhielten.

Anlässlich des EULAR-Kongresses 2007 wurde eine weitere Analyse der TEMPO-Studie vorgestellt. Desireé van der Heijde und Kollegen untersuchten den Effekt von Etanercept, MTX und der Kombination beider Medikamente auf den DAS (Disease Activity Score) und eine Remission (DAS < 1,6), ausgewertet mit einer multivariaten Langzeitanalyse über drei Jahre. Die Kombinationstherapie reduzierte die Krankheitsaktivität (DAS) in einem signifikant größeren Ausmaß als beide Monotherapien allein. Darüber hinaus bestand bei den Patienten unter der Kombinationstherapie eine 2,5fach größere Wahrscheinlichkeit, in eine Remission zu kommen, als unter der jeweiligen Monotherapie.

Die Auswertung des primären radiologischen Endpunkts nach 52 Wochen erbrachte erstaunlicherweise eine negative Veränderung für die Kombination von Etanercept plus MTX gegenüber den Ausgangswerten, d.h. es zeigte sich ein Hinweis auf Heilungstendenzen unter der Kombinationstherapie (Abb. 4).

Abb. 4: Veränderung des Gesamt Sharp-Scores nach 52 Wochen im Vergleich zum Ausgangswert: Heilungstendenzen im Röntgenbild unter der Etanercept-MTX-Kombinationstherapie

Die Kombination von Etanercept und MTX führte zu einer Reduktion des Sharp-Scores im Vergleich zum Ausgangswert, was über das Anhalten der Gelenkdestruktion hinaus eine Besserung der Gelenkdestruktion bei einigen Patienten bedeuten würde.

Diese Beobachtung wurde in einer weiteren Analyse der Einjahresdaten der TEMPO-Studie von van der Heijde et al. weiter untersucht. Von 11.159 Einzelgelenken, die von zwei Spezialisten verblindet je zweimal nach dem van der Heijde-Sharp-Score ausgewertet worden waren, wiesen 557 Gelenke einen Wiederaufbau der Erosionen auf. Diese Besserung der Erosionen trat fast ausschließlich in geschädigten Gelenken auf, bei denen es unter der Therapie zu einem Abklingen der lokalen entzündlichen Aktivität gekommen war, d.h. solchen Gelenke, die im Verlauf entweder eine Besserung der Schwellung oder keine Schwellung mehr zeigten.

In der TEMPO-Studie wurde neben den Aktivitätsparametern der RA auch die Funktionsbeeinträchtigung als Surrogat-Parameter für Lebensqualität ausgewertet (gemessen mit dem Health Assessment Questionnaire HAQ). Alle in diese Studie einbezogenen Patienten wiesen zu Beginn ein hohen Mittelwert für den HAQ von 1,7 auf (obere Grenze: 2,0). Bei den Patienten in der Kombinationsgruppe konnte dieser Wert um 54% von 1,8 auf 0,8 reduziert werden - eine erhebliche Verbesserung der funktionellen Kapazität und damit auch der Lebensqualität für die Patienten (Abb. 5).

 

Abb. 5: Verlauf des HAQs über ein Jahr

Nach 12 Monaten wurde die Studie weitere zwei Jahre doppelblind weitergeführt, in denen die Patienten die gleiche Therapie erhielten wie zuvor. 71% der Patienten in der Kombinationsgruppe nahmen weiter an der Studie teil im Vergleich zu 61% im Etanercept-Arm und 52% in der MTX-Gruppe.

In Übereinstimmung mit den Ergebnissen nach einem Jahr erwies sich die Kombination Etanercept + MTX gegenüber den beiden Monotherapien auch nach zwei Jahren als signifikant überlegen bezüglich einer Reduktion der Krankheitsaktivität. Dies zeigt sich insbesondere anhand der signifikanten Verbesserung des DAS 44 bzw. der Anteile der Patienten mit klinischen Remissionen. Nach zwei Jahren erreichten 41 % der Patienten, die Etanercept + MTX erhielten, eine klinische Remission (DAS 44 < 1,6).

Die Überlegenheit der Kombinationstherapie von Etanercept plus MTX gegenüber den Monotherapien sah man auch bei den ACR-Ansprechraten, in der Abbildung 6 hier gezeigt am Bespiel der Ansprechraten nach ACR50:

Abb. 6: TEMPO-Studie: ACR50 Ansprechraten im Verlauf von 2 Jahren.

Die prozentualen Anteile der Patienten, die nach zwei Jahren eine klinische Remission (DAS 44 < 1,6) erreichten, betrugen 15,8 %, 23,3 % bzw. 40,7 % für die MTX- und Etanercept-Monotherapie bzw. die Kombination.

Die TEMPO-Studie wurde in gleichbleibendem Design ein drittes Jahr fortgesetzt. Der Anteil an Patienten, der eine klinische Remission erreichte, war auch nach drei Jahren auf gleichem Niveau wie nach einem und zwei Jahren (Abb. 7).

 

Abb. 7: Klinische Remission nach einem, zwei und drei Jahren

Die radiologischen Ergebnisse bestätigten ebenfalls die anhaltende, überlegene Wirksamkeit der Kombination. Die Reduktion des Sharp-Scores unter der Kombination von Etanercept und MTX blieb nach drei Jahren erhalten, d.h. die Patienten erfuhren ein andauerndes Anhalten der Gelenkdestruktion bzw. eine Besserung der Gelenkdestruktion (Abb. 8).

 

Abb. 8: Verlauf des Gesamt-Sharp-Scores über drei Jahre

Etanercept wurde allgemein sowohl in der Monotherapie als auch in der Kombinationstherapie mit MTX gut vertragen. Nach zwei Jahren kam es zu keinem merklichen Anstieg der Toxizität oder der Infektionsraten. Im Kombinationstherapiearm brachen deutlich weniger Patienten die Therapie aufgrund von unerwünschten Ereignissen ab als in den beiden Armen mit MTX- bzw. Etanercept -Monotherapie (4 % vs. 14 % bzw. 13 %; p < 0,05).

Im Verlauf von 3 Jahren wurde Etanercept sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit MTX weiterhin gut vertragen. Im dritten Jahr traten keine unerwarteten unerwünschten Ereignisse auf. Therapieabbruchraten aufgrund unerwünschter Ereignisse waren in allen drei Gruppen nicht signifikant unterschiedlich

Im Anschluss an die offene Verlängerungsphase der TEMPO-Studie nach drei Jahren wurde eine weitere einjährige offene Extensions–Studie (TEMPO-4) durchgeführt, in die 227 Patienten aufgenommen wurden. Von 210 dieser Patienten lagen Röntgenbilder vom Studienbeginn vor. Alle Patienten hatten die vorangegangene dreijährige TEMPO-Studie abgeschlossen, in der sie entweder eine Monotherapie mit Etanercept, mit MTX oder eine Kombinationstherapie mit beiden Medikamenten bekommen hatten.

Im vierten Therapiejahr wurden nun alle Patienten mit der Kombination behandelt, d. h. die Patienten unter vorangegangener Monotherapie erhielten zusätzlich Etanercept oder MTX, bzw. die Patienten mit der Kombination behielten das Therapieregime bei.

Die Patienten, die bereits drei Jahre mit der Kombination behandelt worden waren, wiesen zu Beginn von TEMPO-4 eine niedrige Krankheitsaktivität auf, während die beiden Monotherapie-Kollektive noch an einer moderat aktiven RA litten.

Nach Abschluss des vierten Studienjahres wurde für alle drei Studienarme eine geringe Krankheitsaktivität ermittelt. Eine Remission wurde bei 36,8 bis 50% dieser Patienten festgestellt. Hierbei profitierten die Patienten, die zuvor mit MTX als Monotherapie behandelt worden waren, am meisten, indem der DAS und die radiologische Progression signifikant reduziert werden konnten. In allen drei Studienarmen wurde zum Ende von TEMPO-4 ein Aufhalten der radiologischen Progression gesehen (modifizierter Gesamt-Sharp-Score <=0,5).

Zusammenfassung der TEMPO-Studie

  • Die Kombinationstherapie Etanercept + MTX erweist sich auch nach 4 Jahren als signifikant überlegen bezüglich einer Reduktion der Krankheitsaktivität
  • Etanercept + MTX führten zu signifikant höheren, anhaltenden ACR-Ansprechraten als eine der beiden Substanzen allein
  • Etanercept + MTX bewirkten eine langfristige signifikante Verbesserung der im HAQ gemessenen Funktionskapazität
  • Die Monotherapie mit Etanercept war besser wirksam als eine MTX-Monotherapie
  • Etanercept wurde sowohl als Einzelsubstanz als auch in Kombination mit MTX allgemein gut vertragen
  • Nach zwei Jahren erreichten 41 % der Patienten, die Etanercept + MTX erhielten, eine klinische Remission (DAS 44 < 1,6)
  • 49 % der Patienten in der Gruppe mit Etanercept + MTX erfüllten die ACR 70-Kriterien für ein sehr gutes klinisches Ansprechen
  • Bei den Patienten in der Gruppe mit Etanercept + MTX kam es zu einer im HAQ erfassten funktionellen Verbesserung von durchschnittlich 56%
  • Nach vier Jahren lag die Remissionsrate (DAS 44 < 1,6) in der Kombinationsgruppe bei 50%
  • Bei Patienten mit der Kombinationstherapie von Etanercept und MTX wurde die radiologische Progression unabhängig vom klinischen Ansprechen und der Konzentration der Entzündungsparameter verhindert
Copyright © 1997-2024 rheuma-online
rheuma-online Österreich
 
Alle Texte und Beiträge in rheuma-online wurden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Irrtümer sind jedoch vorbehalten. Alle Angaben sind ohne Gewähr. Jegliche Haftungsansprüche, insbesondere auch solche, die sich aus den Angaben zu Krankheitsbildern, Diagnosen und Therapien ergeben könnten, sind ausgeschlossen.