Der CCP-Test: Ein IGeL, der Rheuma-Patienten weiterhilft

Der CCP-Test ist in umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen ausführlich geprüft worden. Hier ein Bild von der österreichischen Rheuma-Forscherin Fr. Dr. med. Valerie Nell von der Abteilung Rheumatologie der Universitätsklinik Wien, die ihre Ergebnisse zur CCP-Testung bei Patienten mit früher rheumatoider Arthritis auf dem Kongreß der US-amerikanischen Rheumatologen vorstellt (Bild: H.E. Langer/r-o)

Der CCP-Test sollte nicht mit dem fast gleichlautenden, aber völlig anderen CRP-Test verwechselt werden. Das CRP (c-reaktives Protein) ist ein Entzündungsmarker und mißt so ähnlich wie die BSG = Blutsenkung, wie hoch die Krankheitsaktivität einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung im Augenblick ist. Manchmal wird der CRP-Test auch als „Rheumawert“ bezeichnet. CRP ist aber auch bei anderen Entzündungen erhöht und hat damit eine ganz andere Aussage als der klassische Rheumafaktor oder der neue CCP-Test auf Antikörper gegen cyclische citrullinierte Peptide.

Leider gehört der neue CCP-Test zum gegenwärtigen Zeitpunkt (Stand April 2005) nicht (bzw. nicht mehr) zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Dies wurde erst kürzlich in einer Anfrage an die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) bestätigt (Abrechnungsrundschreiben NR. 5/2004 der KV Rheinhessen vom November 2004).

Neue Teste müssen zunächst in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen werden, bevor sie von Kassenärzten auf Kosten der GKV abgerechnet werden können.

Anders als bei der privaten Krankenversicherung (PKV) ist dabei innerhalb der Gebührenordnung der GKV keine Analogbewertung erlaubt, d.h. der CCP-Test darf nicht  zu Lasten der GKV unter einer anderen Abrechnungsziffer, z.B. als Rheumafaktor-Nachweis abgerechnet werden. Wenn dies geschieht, ist dies ungesetzlich und ein Straftatbestand (Betrugsdelikt). Wenn CCP auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet wird, ist dies für den betroffenen Arzt, wenn es entdeckt wird, nicht nur mit einem Strafverfahren verbunden, sondern führt auch zu einer Regreßforderung der Krankenkassen, da die Abrechnung dieses Testes nicht zulässig war. Da bei solchen Regreßforderungen in der Regel auf einen langen Abrechnungszeitraum und alle möglicherweise betroffenen Patienten hochgerechnet wird, ist neben der Strafe wegen des Betrugsdeliktes allein schon die Regreßforderung keine Kleinigkeit.

Auch die Krankenkasse ist im übrigen an diese Bestimmung gebunden, d.h. sie darf die Kostenübernahme für diesen Test nicht zusagen, da sie sich ansonsten auch strafbar machen würde und nach den Bestimmungen des GMG der Geschäftsführer der Krankenkasse persönlich dafür haften würde (d.h. auch regresspflichtig gemacht werden kann).

Abweichend von diesen Bestimmungen ist eine Kostenübernahme bei Versicherten der GKV möglich im Rahmen von Kostenerstattungsmodellen, wie sie im GMG nun ebenfalls neu vorgesehen sind. Dazu gibt es für die einzelnen Krankenkassen sehr unterschiedliche Ausführungsbestimmungen, denen im Prinzip aber allen gemeinsam ist, daß Kostenerstatttung entweder ganz oder gar nicht möglich ist, d.h. entweder für alle ambulanten Leistungen innerhalb z.B. eines Jahres, oder eben für keine dieser Leistungen und dann auch nicht für einen solchen einzigen Test.

Ausnahmen sind weiterhin möglich bei neuen Versorgungsmodellen, z.B. im Rahmen einer sogenannten integrierten Versorgung, für die es meines Wissens z.Z. in Deutschland für die Rheumatologie aber noch keine entsprechenden Verträge gibt.

Um es klarzustellen: Alles vorher Gesagte gilt nur für die ambulante Medizin innerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung. Wird ein CCP-Test im Rahmen einer stationären Behandlung (Krankenhausbehandlung) durchgeführt, z.B. im Zusammenhang mit der Abklärung einer unklaren, akut aufgetretenen entzündlichen Gelenkerkrankung, gehört er selbstverständlich auch bei Kassenpatienten zum Leistungsumfang der GKV und wird im Rahmen der Abrechnung der stationären Leistungen von den Krankenkassen erstattet.

Ebenfalls keine Probleme mit der Kostenübernahme gibt es, wenn ein CCP-Test im Rahmen einer Rehabilitationsmaßnahme, z.B. in einer Rheuma-Rehabilitationsklinik,  durchgeführt wird.
 
Dies ist schwierig zu verstehen, hängt aber mit dem außerordentlich komplizierten System der sozialen Sicherung in Deutschland zusammen und ist, wenn man es sehr einfach sagen will, auf die sogenannte strikte sektorale Trennung im Gesundheitssystem zurückzuführen, d.h. die ambulante kassenärztliche Medizin, die akutstationäre Medizin (Krankenhausbehandlung in Akutkrankenhäusern) und die Rehabilitation (ambulant oder in Reha-Kliniken, die im Regelfall in den Erstattungsbereich nicht der Krankenkassen, sondern der gesetzlichen Rentenversicherung fällt).

Die Entscheidung darüber, ob in der ambulanten, kassenärztlichen Medizin ein neues Behandlungsverfahren, eine neue Methode oder auch ein neuer diagnostischer Test, z.B. ein neuer Labortest, in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen wird, ist vom Gesetzgeber mit Inkrafttreten des GMG (Gesundheits-Modernisierungs-Gesetz) dem neu geschaffenen Gemeinsamen Bundesausschuß (GBA) übertragen worden (Nachfolger des früheren Bundesausschusses Krankenkassen und  Ärzte).

Der Gemeinsame Bundesausschuß ist aus Vertretern der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, d.h. Vertretern der Kassenärzte, der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) sowie einigen unabhängigen Mitgliedern zusammengesetzt, die von der Bundesregierung in den GBA berufen werden. Neu gegenüber dem alten Bundesausschuß Krankenkassen-Ärzte, einem Vorläufergremium des GBA, ist die Bestimmung, daß an den  Sitzungen des GBA auch Patientenvertreter teilnehmen. Diese sind allerdings nicht stimmberechtigt, stellen aber erstmals in diesem Gremium eine echte Öffentlichkeit dar, nachdem in der Vergangenheit die Sitzungen des früheren Bundesausschusses für die Öffentlichkeit nicht transparent waren.

Die Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschuß sind für alle Kassenärzte verbindlich, sofern dies vom Gesetzgeber für die Regelung bestimmter Aufgaben festgelegt ist. Dazu gehört die Definition des Leistungskataloges innerhalb der GKV, aber z.B. auch die Erstellung von Ausnahmekatalogen für die Erstattungsfähigkeit von Medikamenten, die grundsätzlich vom Gesetzgeber eigentlich ursprünglich von der Erstattung ausgenommen sind (Beispiel Medikamente wie Folsäure, die üblicherweise als Vitamin nicht auf Kosten der GKV, d.h. auf Kassenrezept, verordnet werden kann, nach der Festlegung des Gemeinsamen Bundesausschusses aber in die Ausnahmeregelung fällt und rezeptiert werden kann, wenn z.B. eine Methotrexat-Therapie erfolgt. Wir haben darüber u.a. am Beispiel der Folsäure-Substitution ausführlich in rheuma-online berichtet).

Der Gemeinsame Bundesausschuß bzw. das Vorgängergremium (Ausschuß Krankenkassen-Ärzte) hat über den CCP-Test beraten und entschieden, diese neue diagnostische Methode nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen. Mit Wirkung vom 1.1.2004 ist deshalb die Ziffer 4430 (als Abrechnungsziffer für den CCP-Test) aus dem EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab, Regelwerk für die ambulante kassenärztliche Abrechnung) herausgenommen worden. Da die Beschlüsse des alten Ausschusses Krankenkassen-Ärzte vom G-BA bis zu einer Neuberatung übernommen worden sind, ist diese Regelung unverändert gültig.

Die Entscheidung des G-BA bzw. des Ausschusses Krankenkassen-Ärzte ist für keinen rheumatologischen Experten fachlich nachvollziehbar. Dennoch ist sie derzeit das Maß der Dinge in der ambulanten Kassenmedizin.

Wenn ein Rheumatologe eine Diagnostik und Prognostik auf dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis durchführen will und bei seinen Patienten in diesem Zusammenhang auch einen CCP-Test für medizinisch sinnvoll oder erforderlich hält, kann er dies nur als sogenannte IGeL-Leistung anbieten („individuelle Gesundheits-Leistung“). IGeL-Leistungen sind ärztliche Leistungen, die medizinisch sinnvoll sind, die aber aus welchen Gründen auch immer von den gesetzlichen Krankenkassen nicht, noch nicht oder nicht mehr bezahlt werden. Nähere Informationen zu IGeL-Leistungen findet man u.a. auf der Homepage der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein.

Der CCP-Test ist zweifelsfrei ein hochseriöses diagnostisches Verfahren, dessen Wert völlig außer Frage steht. Der CCP-Test ist deshalb auch in meiner Praxis für GKV-Patienten eine IGeL-Leistung (im übrigen auch die einzige). Bei Privatpatienten gehört er zur etablierten Routinediagnostik im Rahmen der Abklärung und des sogenannten Gradings und Stagings einer rheumatoiden Arthritis. Selbstverständlich werden die Kosten für diesen Test von allen privaten Krankenversicherungen und entsprechenden anderen Kostenträgern wie Beihilfestellen etc. übernommen.

Auch wenn man es wollte, ist es leider auch nicht möglich, einen solchen Test umsonst, d.h. ohne Entgelt durchzuführen. Zum einen ist der Test wesentlich aufwendiger als ein „normaler“ Rheumafaktor-Test, zum anderen sind die Einkaufpreise für die Testkits sehr hoch.

Selbst wenn man davon einmal absehen würde, wäre ein solches Angebot für die Patienten rechtlich nicht zulässig, sondern verstöße gegen das Wettwerbsrecht (erfüllte den Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs).

Die von dem Rheumatologen genannte Vergütung von EUR 30,00 für den CCP-Test legt den gängigen Kostensatz nach der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte zugrunde (GOÄ), die bei allen privatärztlichen Leistungen und damit auch bei IGeL-Leistungen anzuwenden ist (eigentlich kommt man nach der GOÄ unter Ansatz gängiger Kostensätze für den CCP-Test auf einen Betrag von EUR 30,16. Da es sich um einen aufwendigen Test handelt, wäre nach der GOÄ auch ein erhöhter Steigerungsfaktor und ein Betrag von bis zu EUR 65,57 möglich und gerechtfertigt. Der Rheumatologe bietet den Test damit zu sehr fairen Konditionen an).

Leider gibt es heute unter den vorgegebenen gesetzlichen Rahmenbedingungen und Verordnungen keine andere Möglichkeit, als den Patienten der GKV den CCP-Test im ambulanten Bereich als IGeL-Leistung anzubieten. Dies ist alles andere als eine Geldschneiderei des behandelnden Rheumatologen, sondern das ernsthafte Bemühen eines verantwortlich tätigen und gewissenhaften Arztes, auch Patienten der GKV am medizinischen Fortschritt teilnehmen zu lassen. Zugleich ist die Tatsache, daß dies heute nur auf eine solche Weise gelingt, Ausdruck eines Gesundheitssystems, dessen Rationalität sich zunehmend auf Rationierung konzentriert.

Priv. Doz. Dr. med. H.E. Langer, 17. April 2005

Ich danke Herrn Dr. med. Thomas Karger aus Köln für die kritische Durchsicht dieser Stellungnahme und einige wertvolle Anregungen und Ergänzungen.


Weitere Informationen zum CCP-Test aus rheuma-online und ergänzende Links zum Thema:

IGeL-Leistungen sind sinnvolle ärztliche Leistungen, die von den gesetzlichen Krankenkassen nicht, noch nicht oder nicht mehr bezahlt werden

Ein aktueller Forumsbeitrag vom 15. April 2005 beschäftigt sich mit der Untersuchung auf Antikörper gegen cyclische citrullinierte Peptide (CCP-Test) und stellt zugleich die Frage, warum dieser Test nicht von der Krankenkasse bezahlt wird (CCP-Test sinnvoll?). Da das Thema schon als solches sehr interessant ist, haben wir dazu einen Kommentar geschrieben. Gleichzeitig greifen wir die dortige Diskussion auf, um einmal etwas Grundsätzliches zur Kostenübernahme von medizinischen und ärztlichen Leistungen durch die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und zur Bedeutung des Gemeinsamen Bundesausschusses darzustellen.

Im CCP-Test werden Antikörper gegen cyclische citrullinierte Peptide (CCP) bestimmt.

Der CCP-Test ist der modernste Test, der heute für die Routinediagnostik einer rheumatoiden Arthritis (RA, chronische Polyarthritis, cP) verfügbar ist. Er zeichnet sich durch eine höhere Spezifität aus als der klassische Rheumafaktor, d.h. er kann genauer als der Rheumafaktor zwischen einer „echten“ rheumatoiden Arthritis und anderen Gelenkerkrankungen unterscheiden, außerdem hat er eine recht gute Sensitivität, d.h. der Test ist bei einer relativ hohen Zahl von Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis positiv. Es ist ja eine bekannte Tatsache, daß es auch Patienten mit einer rheumatoiden Arthritis gibt, bei denen sich keine Rheumafaktoren im Blut nachweisen lassen („seronegative Arthritis“). Bei einem Teil dieser Patienten ist dagegen der CCP-Test positiv, so daß dadurch die Diagnosemöglichkeit einer rheumatoiden Arthritis verbessert wird.

Der CCP-Test ist aber nicht nur eine sehr wichtige Methode für die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis. Er hat zugleich auch eine Bedeutung für die Einschätzung der Prognose der Erkrankung und damit für die Behandlung.

Patienten mit einem positiven CCP-Test haben (statistisch) eine schlechtere Prognose und ein höheres Risiko für einen ungünstigeren Krankheitsverlauf, z.B. eine raschere Entwicklung von entzündlichen Gelenkveränderungen (Erosionen) sowie eine stärkere Erosivität als Patienten ohne CCP-Antikörper. Ein positiver CCP-Nachweis ist damit (neben anderen  Gesichtspunkten) ein sehr starkes Argument für den unverzüglichen Beginn einer wirksamen antirheumatischen Therapie (mit langwirksamen Antirheumatika, LWAR, „Basismedikamenten“, DMARDs = disease modifying antirheumatic drugs, krankheitsmodifizierenden Substanzen), und wenn man vor der Entscheidung steht, ein schwächer wirksames oder stärker wirksames langwirksames Antirheumatikum einzusetzen, ein ebenso starkes Argument, sich im Zweifelsfall für das stärker wirksame und vor allem auch das schneller wirksame DMARD zu entscheiden.

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