Was sind die Behandlungseffekte im einzelnen, und wann tritt der Behandlungseffekt ein?

Die Anregung von Kreislauf und Stoffwechsel stimulieren die allgemeinen Körperfunktionen; das starke Schwitzen erhöht nicht nur die Ausscheidung von Flüssigkeit und darin gelösten Stoffen über die Haut, sondern übt auch einen Reiz auf die Regulation des „autonomen“ Nervensystems aus, d.h. den Teil des Nervensystems, der durch unser Bewusstsein und unseren Willen zwar nicht beeinflusst werden kann, dafür aber im Hintergrund selbsttätig für eine Vielzahl von Körperfunktionen zuständig ist und dort auch für eine ganze Reihe von Störungen und entsprechenden Fehlfunktionen und Mißempfindungen bis hin zu manifesten Erkrankungen verantwortlich ist.

Ein wesentlicher Effekt ist die nachfolgende allgemeine Tiefenentspannung nach der Reizbelastung des autonomen Nervensystems und der Stimulation der unterschiedlichen Körperfunktionen und Organsysteme. Diese Wirkung stellt sich insbesondere dann ein, wenn dem Aufenthalt im Heilstollen eine ausreichende Nachruhe im Stollenkurhaus folgt und im unmittelbaren Anschluß an den Aufenthalt im Therapiebereich und die Nachruhe stärkere körperliche Belastungen vermieden werden. Der Zusammenhang zwischen körperlicher Reizbelastung und neuroendokrinen Antworten (Regulation von Steuerungsvorgängen, die im Gehirn die Stimmung beinflussen) ist vermutlich ein zusätzlicher Faktor für die positiven psychischen Auswirkungen des Heilstollenkur und das verbesserte allgemeine Wohlbefinden.

Schwieriger zu erklären sind die Langzeitwirkungen der Heilstollenkur. Empirisch, d.h. aus den mittlerweile jahrzehntelangen Erfahrungen mit der Gasteiner Heilstollenbehandlung, kennen Ärzte wie Patienten die Beobachtung, dass es etwa 3-4 Monate nach der Kurmaßnahme zu einer lang anhaltenden Abnahme der Schmerzen und einer allgemeinen Verbesserung des Befindens kommt. Dieser Effekt hält je nach Patient und Krankheitsbild über viele Monate an, bis sich dann langsam wieder zunehmende Beschwerden einstellen und die Patienten dann regelrecht auf die Wiederholung der Kur nach einem Jahr warten.

Seit langem wird vermutet, dass die milde Radontherapie in Verbindung mit den speziellen klimatischen Bedingungen im Heilstollen für diese längerfristigen Effekte der Heilstollenbehandlung verantwortlich zeichnet. Allerdings konnten bislang die genauen molekularen Mechanismen dieser Therapie noch nicht nachvollzogen werden. Diskutiert wurden solche eher unklaren Konzepte wie eine „immunologische Umstellung“ in der Folge der Kur, Reiz-Reaktionskonzepte oder vergleichbare Vorstellungen.

Interessant sind die Ergebnisse ganz aktueller Untersuchungen zum Einfluß der Radon-inhalation im Rahmen der Heilstollenkur auf körpereigene Botenstoffe, sogenannte Zytokine, die bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen für die Auslösung oder auch die Beendigung von Entzündungsvorgängen im Körper verantwortlich sind. So konnte gezeigt werden, dass es bereits unmittelbar nach der Aufnahme des Radon-Gases in den Körper zu einer Aktivierung von Zellmechanismen mit einer Freisetzung von TGF-beta kommt. Diese körpereigene Substanz gehört zu den entzündungshemmenden Zytokinen und spielt eine Rolle bei der Regulation entzündlicher Prozesse. Ob die Langzeitwirkungen der Heilstollen-Kur durch solche Mechanismen vermittelt werden, muß aber noch weiter abgesichert werden.

Die ersten Therapieeffekte sind bereits unmittelbar während des Aufenthaltes im Stollen zu verspüren und gehen vor allem auf die Hyperthermie und die hohe Luftfeuchtigkeit zurück. Die spezifischen Effekte des Radons treten erst mit einer zeitlichen Verzögerung von 2-3 Monaten auf. Bildnachweis: Gasteiner Heilstollen.

Bei rheumatischen Erkrankungen ist der wichtigste Effekt einer Heilstollenkur die Abnahme der Schmerzen, die Verbesserung der Beweglichkeit und der funktionellen Kapazität und insgesamt eine Verbesserung des Allgemeinbefindens.

Bereits unmittelbar während des Aufenthaltes im Therapiebereich des Stollens verspürt man die positiven Einflüsse der milden Hyperthermie und der hohen Luftfeuchtigkeit. Die Muskulatur entspannt sich, schmerzhafte Verkrampfungen und Verhärtungen lösen sich. In der Folge führt die Schmerzlinderung zu einer Zunahme des Bewegungsspielraums und zu einer Abnahme von Bewegungseinschränkungen. Diese Therapieeffekte lassen sich durch flankierende Behandlungsmaßnahmen, insbesondere durch die Kombination mit einer Bewegungstherapie und gezielte krankengymnastische Behandlungen, noch wesentlich steigern.

 

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