Axiale Spondyloarthritiden (axSpA) – Theorie, Wirklichkeit und Perspektiven

Frühe axSpA: Krankheitsbild – Diagnose u. Fallbeispiele

Charakteristisch für eine axSpA sind entzündliche Veränderungen im gesamten Achsenskelett, der Sakroiliakalgelenke und der Wirbelsäule, im späteren Verlauf der Erkrankung kommen bei den meisten Patienten auch strukturelle Veränderungen mit charakteristischen Knochenneubildungen (Syndesmophyten) und Ankylosierungen dazu.

Die Diagnose einer Spondylarthritis ergibt sich aus der Anamnese, dem Vorhandensein von Rückenschmerzen, auch in Ruhe, insbesondere nachts und in den frühen Morgenstunden auftretend, gepaart mit einer Morgensteifigkeit von mehr als 30 Minuten, die sich unter Bewegung bessern, dem Befall der Sehnenansätze (Enthesitiden), der Arthritis, dem Vorliegen einer Psoriasis, den Laborparametern und der Bildgebung. Wenn sich bereits in der Familienanamnese Anhaltspunkte auf eine SpA ergeben, erhärtet das zusätzlich die Diagnose, auch wenn kein HLA-B 27- Merkmal vorliegt. Durch diese typischen Zeichen einer entzündlichen Wirbelsäulenerkrankung ist eine klare Abgrenzung zu mechanischen Rückenschmerzen möglich.

Die entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule beginnt zwischen dem 20. – 30. Lebensjahr, 80 % der Patienten haben ein positives HLA-B 27 Merkmal. Der entzündliche Rückenschmerz spricht gut auf NSAR an.

Zur gesicherten Diagnosestellung ist eine eindeutige Bildgebung mit Entzündungszeichen im MRT erforderlich, nur Patienten mit einer ISG- Entzündung entwickeln auch eine SpA mit röntgenologischen Zeichen. Wenn das erste MRT negativ ist, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass sich im MRT in 6 – 12 Monaten dann auch Veränderungen nachweisen lassen.

Der HLA-B 27- Marker muss nicht kontrolliert werden, der CRP- Wert ist immer erhöht.

Mit verschiedenen Funktionsscores lässt sich die Krankheitsaktivität im Verlauf messen. Der BASDAI- Score (Bath Ankylosing Spondylitis Diesease Activity Index) misst die Einschätzung des Patienten, mit dem BASFI Score (Bath Ankylosing Spondylitis Functional Index) lässt sich die körperliche Funktionalität feststellen.

Die ASAS Kriterien (Asessment of SpondyoArthritis international Society) berücksichtigen den Schmerz, die Ausprägung und die  Dauer der Morgensteifigkeit, die Funktionalität und den allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten, vor der Therapie und auch im Verlauf.

Es gibt keine Unterschiede zwischen einer röntgenologischen (r-)axSpA und einer nichtröntgenologischen (nr-)ax SpA. Ein erhöhtes CRP tritt seltener bei einer nr-axSpA auf, als bei der AS. Ein positives MRT liegt in unter 90 % vor, ein positiver HLA-B27 Marker unter 80 %.

Die MRT- Untersuchung ist heute die Standardmethode zur Erfassung einer entzündlichen Wirbelsäulenerkrankung, mit geeigneten Sequenzen können frühzeitig charakteristische entzündliche Läsionen dargestellt werden. Somit ist die MRT- Untersuchung Bestandteil der  neuen ASAS- Klassifikationskriterien.

Die Bildgebung mittels MRT entwickelt sich weiter, das Verfahren wird sensitiver. Beispielsweise durch die VIBE Sequenz (Volume Interpolated Breath- hold Examination), die eine kontrastmittelgestützte dynamische Untersuchung ermöglicht, die MRT- Untersuchung ist hier der CT- Untersuchung überlegen.

Fehlinterpretationen mit unspezifischen MRT- Läsionen, beispielsweise unspezifische Knochenmarksödeme bei Sportlern sind möglich, es gilt das MRT kritisch unter Berücksichtigung des klinischen Kontextes zu beurteilen.

Die ASAS- Kriterien sind keine Ausschlusskriterien für andere Erkrankungen, eine neue Evaluation dieser Kriterien wird gefordert.

Eine Verkürzung der Diagnosestellung konnte bereits erreicht werden, dauerte es 1999 noch mehr als 9 Jahre, bis die Diagnose gestellt werden konnte, so waren es 2015 nur noch 5,6 Jahre.

Bei vielen Neuerkrankungen, die nach dem 45. Lebensjahrgestellt wurden muss man sich fragen, ob die Diagnose stimmt, oder nicht.

Eine schnellere Diagnostik wird auch durch schnellere Termine gewährleistet, hier ist ein Programm für Hausärzte gefordert, diese bestimmen im Vorfeld den HLA-B 27 Marker und überweisen gezielt die Patienten zum Rheumatologen. Online Fragebögen haben sich hier leider nicht bewährt.

Die Therapie der nr-axSpA beschränkt sich auf nur wenige Therapieoptionen, die Einfluss auf den radiologischen Progress haben. Die Behandlung mit NSAR ist nur etwa zu 50 % hilfreich. Es stehen eine begrenzte Anzahl an TNF- Inhibitoren zur Verfügung, die zur Behandlung der nr-axSpA zugelassen sind, wenn die Therapie mit NSAR nicht ausreicht. Eine begleitende Behandlung mit Physiotherapie ist in den aktuellen Leitlinien vorgesehen. Weitere Medikamente, die die strukturellen Veränderungen aufhalten und so der radiologischen Progression vorbeugen sind erforderlich, um Patienten mit einer nr-axSpA eine effektive Behandlung anbieten zu können.

Strukturelle Progression bei axSpA: „Relevanz für die Praxis“

Die strukturelle Progression ist relevant für die axSpA.

An den Iliosakraggelenken (ISG):

Im Röntgen Nachweis einer ISG- Arthritis, CT- low-dose CT mit höherer Sensivität und Reliabilität, im MRT strukturelle Veränderungen wie Gelenkspaltveränderung, Ankylose.

An der Wirbelsäule:

x-ray: Knochenneubildungen, CT- low-dose: gutes Verfahren, MRT zum Nachweis von Syndesmophyten.

Die axSpA ist eine Erkrankung mit zwei Stadien:

Bei Befall der ISG: subjektive Gradeinteilung, Wechsel von einer nr-axSpA zur r-axSpA nach 2 Jahren. Therapie- Effekt: Es gibt kaum Unterschiede, die Therapie kann eine Progression durchaus aufhalten. BASFI und BASMI-Score: 0 – 4 Grade, entsprechen einem Punkt.

Bei Befall der Wirbelsäule: hier wird der mSASS- Score (modified Stoke Ankylosing Spinal Score) angewendet, 0 bedeutet keine Syndesmophyten, 1 bedeutet minimale Syndesmophyten, 2 bedeutet definitives Vorliegen von Syndesmophyten und 3 bedeutet das Vorliegen von bereits überbrückenden Syndesmophyten. Der Gesamtscore reicht von 0 – 72.

Manche Patienten entwickeln niemals Syndesmophyten, männliche Patienten mit einem positiven HLA-B 27 Merkmal entwickeln eher Sydesmophyten, als andere Patienten. Entzündung und Knochenneubildung laufen nicht immer parallel. Rauchen ist ein Risikofaktor, auch für die Bildung von Syndesmophyten. Es besteht ein Zusammenhang zwischen Krankheitsaktivität und Progress, Entzündung und Knochenneubildung sind voneinander abhängig und können zusammen ablaufen.

Therapie: Eine dauerhafte tägliche Einnahme von Coxiben führt zu einer Verlangsamung der Progression. Unter einer Therapie mit TNF- Inhibitoren zeigte sich nach zwei Jahren genauso viel radiologische Progression, wie in der Kontrollgruppe in der Studie.

Bei einer Behandlung mit Secukinumab sieht das anders aus: Hier zeigt sich nur in 20 % eine radiologische Progression – ist das ein Medikamenteneffekt, oder der natürliche Verlauf? Es stellt sich die Frage, ob ein IL-17 Blocker besser wirkt? Es laufen Studien mit IL-17 Inhibitoren versus dem TNF- Inhibitor Adalimumab, in zwei Jahre ist diese Studie zu Ende. Wenn die Entzündung sinkt, verringert sich auch der radiologische Progress, die akute Läsion wird weggehen. Ein fortgeschrittener, reifer Progress führt eher zu Knochenneubildungen und zu einem schwereren Verlauf. Die Wirbelsäule kann Knochenneubildungen bis zu einem gewissen Grad kompensieren, bis zu BASFI 4. 6 Syndesmophyten entsprechen einem BASFI- Punkt.

Fazit: Die strukturelle Progression spielt beim Langzeit- Outcome der axSpA eine große Rolle. Besonders an der Wirbelsäule sind strukturelle Veränderungen in Form von Syndesmophyten mit der vorangehenden Entzündung verbunden.

Eine hohe entzündliche Aktivität, belegt durch CRP und MRT, Rauchen, bereits vorhandene Schäden, das männliche Geschlecht und ein positives HLA-B 27 Merkmal sind Risikofaktoren für eine strukturelle Progression.

Eine frühe, konsequente und effektive Entzündungshemmung in der Wirbelsäule kann das Entstehen von Strukturschäden verhindern.

Head to head Studiendaten werden zeigen, ob eine IL- 17 Blockade auch im fortgeschrittenen Stadium die radiologische Progression hemmen kann.

Copyright © 1997-2024 rheuma-online
rheuma-online Österreich
 
Alle Texte und Beiträge in rheuma-online wurden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Irrtümer sind jedoch vorbehalten. Alle Angaben sind ohne Gewähr. Jegliche Haftungsansprüche, insbesondere auch solche, die sich aus den Angaben zu Krankheitsbildern, Diagnosen und Therapien ergeben könnten, sind ausgeschlossen.