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Hallux valgus

Das Krankheitsbild

Fehlstellung im Großzehengrundgelenk, bei der der Großzeh in Richtung der kleinen Zehen steht. Oft kommt es gleichzeitig zu einer Vorwölbung (Ballenbildung) auf der Fußinnenseite, d.h. zum anderen Fuß hin. Wegen der Fehlstellung und der damit verbundenen Fehlbelastung entwickelt sich bei einem länger bestehenden Hallux valgus oft eine Arthrose im Großzehengrundgelenk. Sie macht sich vor allem durch Schmerzen beim Abrollen über den Vorfuß bemerkbar. Außerdem kann es zu begleitenden entzündlichen Schüben kommen („aktivierte Arthrose“), die mit einer Rötung und Überwärmung und Ruheschmerzen, manchmal sogar mit Nachtschmerzen einhergehen können. Unangenehm sind vor allem bei stärker ausgeprägten Fehlstellungen und stärkerer Ballenbildung die häufig damit verbundenen Druckstellen im Schuh. Durch die ständige Druckbelastung kommt es oft zu einer Schleimbeutelbildung im Bereich der Druckstelle, die vom Körper eigentlich ganz gut „gedacht“ ist, da er mit dem Schleimbeutel den Knochen vor der Druckbelastung schützen will. Im Ergebnis kommt es dadurch an dieser Stelle aber zu einer noch stärkeren Volumenvermehrung im Schuh, so dass die Druckbelastung eher noch größer wird. Außerdem kann es auch zu Entzündungen dieses Schleimbeutels kommen (Bursitis), die dann noch zusätzliche Probleme bereitet.

Neben dem angeborenen Hallux valgus unterscheidet man eine erworbene Hallux-valgus-Fehlstellung. Ursache ist zum einen eine Arthrose im Großzehengrundgelenk (aus anderer Ursache als vom Hallux valgus selbst), bei der es je nach Ausmaß und Verlauf auch zu einer Hallux-Bildung kommen kann. Im Bereich der Rheumatologie bedeutsam ist die Entstehung eines Hallux valgus in der Folge von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, vor allem der chronischen Polyarthritis (rheumatoiden Arthritis), der Psoriasisarthritis und von seronegativen Spondarthritiden (Spondylarthropathien). Der Hallux bildet sich bei diesen Erkrankungen in der Folge einer chronischen Gelenkentzündung und der damit verbundenden fortschreitenden Veränderung an Knorpel und Knochen.

Verwechslungsmöglichkeiten bestehen zwischen einem entzündlichen Hallux valgus auf dem Boden einer Arthrose und primär entzündlichen Gelenkerkrankungen, die das Großzehengrundgelenk betreffen.

Das Großzehengrundgelenk ist eine typische Stelle, an der sich der erste Gichtanfall äußern kann. Die Schmerzen bei einem Gichtanfall sind aber sehr viel heftiger als bei einer aktivierten Arthrose und kommen auch viel plötzlicher. Abzugrenzen von einem akuten Gichtanfall sind weiterhin akute Gelenkentzündungen des Großzehengrundgelenks im Rahmen einer Psoriasisarthritis, einer infektreaktiven Arthritis oder von seronegativen Spondarthritiden. Solche Gelenkattacken nennt man pseudoguttöse Attacken, da sie einem akuten Gichtanfall sehr ähnlich sind. Allerdings sind solche pseudoguttösen Attacken auch nicht so heftig und so plötzlich wie ein akuter Gichtanfall, aber stärker als die Entzündung bei einer aktivierten Arthrose. Vor allem bei Frauen ist „differentialdiagnostisch“ eine nicht sehr bekannte, wahrscheinlich aber gar nicht so seltene andere Kristallablagerungskrankheit (Kristallarthropathie) abzugrenzen, nämlich eine akute Arthritis bei Hydroxyapatitablagerungen.

Im Verlauf kommt es bei einem Hallux valgus und bei fortschreitender Arthrose im Großzehengrundgelenk häufig zu einem Hallux rigidus, d.h. einer zunehmenden Versteifung mit daraus resultierenden weiteren Problemen, vor allem beim Gehen und Laufen, da das Abrollen im Vorfuß ganz wesentlich über das Großzehengelenk erfolgt.

Therapie

Die Therapie eines Hallux valgus ist abhängig vom Ausmaß der Achsabweichung, der Grunderkrankung, dem Stadium der begleitenden Arthrose und der aktuell im Vordergrund stehenden Symptome und Probleme.

Bei ausgeprägten Fehlstellungen sollte bereits sehr früh, d.h. unmittelbar in der Kindheit, auf eine Normalisierung der Achsabweichung hingearbeitet werden. Falls dabei „konservative“ Methoden (nicht-operative Maßnahmen) nicht ausreichen, muss über eine operative Korrektur nachgedacht werden. Eine frühzeitige Korrektur des Hallux ist vor allem darauf ausgerichtet, die Entstehung der oft zwangsläufig später entstehenden Arthrose und aller damit verbundenen Folgeprobleme zu verhindern.

Ist es bereits zu einer Arthrose und daraus resultierenden Beschwerden gekommen, werden je nach Befund „konservative“, nicht-operative Maßnahmen oder Operationen eingesetzt. Die konservative Therapie des Hallux valgus umfasst den Versuch einer Korrektur der Fehlstellung, z.B. mit einer Hallux-valgus-Spange, symptomatische Maßnahmen wie lokale (örtliche) Anwendungen von Wärme oder Kälte (bei Entzündungen in erster Linie Kälte) oder die medikamentöse Therapie mit cortisonfreien Entzündungshemmern und Schmerzmitteln (Analgetika). Wichtig ist eine gute Einlagenversorgung. Je nach Einschränkung der Beweglichkeit ist darüber hinaus auch eine Unterstützung des Abrollvorgangs im Vorfuß wichtig. Dies geschieht vorzugsweise durch eine kleine Abrollhilfe („Abrollsohle“) unter dem Schuh, wobei bei der entsprechenden „orthopädischen Zurichtung des Konfektionsschuhs“ (so heißt die entsprechende Verordnung auf dem Rezept) der entsprechende kleine Höhenausgleich beim Schuabsatz nicht vergessen werden darf. Bei ausgeprägteren, immer wiederkehrenden Entzündungen im Rahmen einer aktivierten Arthrose ist eine intraartikuläre Injektion von Cortison oft gut wirksam (Cortisonspritze direkt ins Gelenk). Bei einer unzureichenden, d.h. nicht lange anhaltenden Wirkung einer solchen Cortisonspritze ist eine Verödung der entzündeten Gelenkinnenhaut mit einem radioaktiven Mittel (Radiosynoviorthese) zu überlegen.

Bei einer entzündlich-rheumatischen Ursache ist gleichzeitig eine ausreichende Kontrolle der Grunderkrankung wichtig. Dazu kommen in erster Linie sogenannte langwirksame Antirheumatika zum Einsatz. Gerade bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, bei der eine langwirksame antirheumatische Therapie zwar insgesamt gut gegriffen hat, bei der aber einzelne Gelenke noch isolierte Entzündungen aufweisen, ist dort eine Radiosynoviorthese oft eine ergänzende sinnvolle Maßnahme.

Vor allem bei ausgeprägteren Einsteifungen des Großzehengrundgelenks (Hallux rigidus) werden operative Eingriffe notwendig. Auf die derzeit prinzipiell möglichen 3 Operationsverfahren wird unter dem Stichwort Hallux rigidus genauer eingegangen.

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