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Hyaluronsäure

Hyaluronsäure ist der Hauptbestandteil der Gelenkflüssigkeit (Synovia). Daneben ist Hyaluronsäure aber auch in erheblichem Umfang im Gelenkknorpel selber zu finden. Die normale Hyaluronsäure im menschlichen Gelenk ist eine hochmolekulare Substanz, d.h. ein Stoff, der aus sehr vielen Molekülen (Einzelteilen) besteht. Diese einzelnen Moleküle sind dabei zuerst zu langen Ketten zusammengesetzt (man kann sich das vielleicht so vorstellen, als ob man ganz viele kleine Fadenstücke zu einem langen Faden zusammenknotet und dann "dreidimensional" noch einmal in sich verknäuelt, so als ob man nun diesen sehr langen Faden locker in sich verknäuelt. Hyaluronsäure ist dabei flüssig, aber durch ihre hochmolekulare Struktur zugleich hochviskös, d.h. sie ist nicht dünn wie Wasser, sondern fließt eher zäh wie flüssiger Honig. Wenn sich das Gelenk bewegt, verhindert diese gewissen Zähigkeit / Viskosität, daß die Schmierflüssigkeit aus dem Gelenkspalt herausgequetscht wird und der Schmierfilm abbricht. Man kennt diese Eigenschaft von Schmierflüssigkeiten ja z.B. in ähnlicher Weise von Schmierölen für das Auto (wo die SAE-Werte etwas über die Schmiereigenschaften sagen).

Hyaluronsäure hat neben ihrer hohen Viskosität noch eine zweite Eigenschaft, die sie zu einem der aufregendsten biologischen Materialien im menschlichen Körper macht. Diese Eigenschaft heißt "Thixotropie". Thixotropie bedeutet, daß sich die Viskosität / die Fließeigenschaften der Hyaluronsäure in Abhängigkeit von ihrer Beanspruchung ändern. Um diese Eigenschaft zu verstehen, muß man kurz einige Worte zur Schmierung eines biologischen Gelenks sagen.

Das biologische Gelenk

Wenn ein Gelenk mit der Bewegung beginnt, ist in der Anlaufphase der Bewegung die Reibung und die Beanspruchung der Gelenkflächen am höchsten. Man braucht also in diesem Augenblick eine besonders gute Schmierung, damit die Knorpeloberfläche nicht zu stark belastet und u.U. sogar beschädigt wird. Nun kann man sich vorstellen, daß eine wasserartige Schmierflüssigkeit mit der Zeit aus dem Gelenkspalt eines gewichtsbelasteten Gelenks, z.B. einem Kniegelenk, herausgepreßt wird, wenn man lange ohne Bewegung darauf steht. Damit wäre gerade dann keine Schmierflüssigkeit mehr zwischen den Gelenkknorpeln, wenn man sie ganz besonders braucht. Durch das hohe Molekulargewicht der normalen menschlichen Hyaluronsäure verknäuelt sich diese nun aber und bildet damit so eine Art biologisches Kugellager, das die Gelenkflächen auch auseinanderhält, wenn sie sich nicht bewegen. Durch mehrere unterschiedliche, sich ergänzende Faktoren kommt es nun. dabei dazu, daß diese hochmolekulare Hyaluronsäure auch unter einer starken statischen Belastung der Gelenkflächen (statische Belastung = Belastung aufeinander zu ohne Bewegung) nicht aus dem Gelenkspalt herausgedrückt wird. Die hohe, honigartige Viskosität ist schon für sich alleine genommen ein Faktor, der einem zu schnellen Abpressen der Gelenkschmiere aus dem Gelenkspalt entgegenwirkt. Der wesentliche Faktor ist, daß sich die Zusammensetzung der Hyaluronsäure und des Gelenkknorpels ideal ergänzen. Die Oberfläche des normalen menschlichen Gelenkknorpels ist nämlich nicht glatt, sondern weist eine ganz zarte wellige oder besser hügelige Oberflächenstruktur auf. In diesen winzigen kleinen Vertiefungen liegen nun diese Art Hyaluronsäurekügelchen. Erfolgt im Gelenkspalt keine Bewegung nach rechts oder nach links, sondern wird das Gelenk nur von oben nach unten belastet, werden nun diese Hyaluronsäure"kügelchen" zusammengedrückt und würden unter Umständen sogar nach rechts oder links aus dem Gelenkspalt herausgedrückt. Je höher der Druck aber wird, umso mehr werden sie in die kleinen Grübchen des Gelenkknorpels hereingepreßt und dadurch zugleich daran gehindert, zur Seite wegzuflutschen. Ein dritter Faktor ist, daß durch biochemische Wechselwirkungen die Hyaluronsäure eine hohe Neigung ("Affinität") hat, sich am Gelenkknorpel aufzuhalten.

Wenn nun die Bewegung einsetzt und vor allem bei schnellen Gelenkbewegungen auch hohe Schergeschwindigkeiten im Gelenkspalt entstehen, ist eine hohe Viskosität der Schmierflüssigkeit ungünstig. Die hohe "Klebrigkeit" und Zähigkeit der Gelenkschmiere würde zum einen hohe Gelenkgeschwindigkeiten gar nicht erst zulassen. Zum anderen würde die hohe Viskosität der Schmiere mit zunehmender Geschwindigkeit der Gelenkbewegung die Kraft im Gelenkspalt und die Reibung stark ansteigen lassen. Dies ginge aber gleichzeitig mit einer höheren Belastung der Gelenkflächen und einer starken mechanischen Beanspruchung des Gelenkknorpels einher. Optimal wäre es also, wenn sich die Viskosität der Gelenkschmiere an die Art der Belastung, insbesondere die Schergeschwindigkeit zwischen den beiden gegenüberliegenden Gelenkflächen anpassen würde.

Genau dies tut nun die normale, gesunde menschliche Gelenkflüssigkeit durch die oben angesprochene "thixortope" Eigenschaft der hochmolekularen Hyaluronsäure. Diese Thixotropie bedeutet, daß die Gelenkflüssigkeit umso hochvisköser, "klebriger" und zähflüssiger wird, je niedriger die Schergeschwindigkeiten sind, und daß ihre Viskosität umso mehr abnimmt und sie immer "flüssiger" wird, je höher die Schergeschindigkeiten werden. Für die Schmierung ist diese zunehmende Flüssigkeit der Gelenkschmiere bei höheren Schergeschwindigkeiten kein Nachteil, da es ein anderes Gesetz der Tribologie (Schmierungslehre) gibt, das im Ergebnis besagt, daß sich bei hohen Schergeschwindigkeiten der Schmierfilm zwischen den Gelenkflächen dann in einem wesentlichen Umfang allein schon durch die Geschwindigkeit der Gelenkbewegung aufbaut (man kann sich das anders auch so vorstellen, daß praktisch von der Seite dann ständig die Gelenkflächen neu mit Schmierflüssigkeit benetzt werden).

Der Einsatz von Hyaloronsäure

Erste Versuche mit dem Einsatz von Hyaluronsäure bei der Behandlung der Arthrose datieren schon länger zurück. Umfangreiche Erfahrungen gibt es insbesondere schon seit den 80er Jahren aus der Tiermedizin, speziell mit gutem Erfolg bei der Behandlung der Lahmheit von Rennpferden / anderen Sportpferden. In der Folge wurde die intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure zunehmend auch beim Menschen eingesetzt. Anfangs standen dabei nur niedermolekulare Hyaluronsäurepräparate zur Verfügung. Durch entscheidende Durchbrüche in der Forschung, insbesondere auch der Synthese solcher Substanzen, gibt es heute neben diesen niedermolekularen Präparaten auch eine synthetische, hochmolekulare Substanz (Handelsname Synvisc), die in ihren biochemischen und schmierungsmechanischen Eigenschaften der Hyaluronsäure in der normalen menschlichen Gelenkflüssigkeit weitgehend entspricht.

Die Behandlung einer Arthrose mit der intraartikulären Injektion von Hyaluronsäure ist für viele Patienten eine sehr gute Behandlungsmöglichkeit. Ob sie zum Einsatz kommen sollte,hängt allerdings von mehreren Faktoren ab. Wesentlich sind u.a. folgende Fragen:

Wie stark ist die Arthrose ausgeprägt (z.B. beginnende Arthrose oder sehr weit fortgeschrittene Arthrose)?

Bei einer beginnenden Arthrose ist die Behandlung mit intraartikulären Injektionen von Hyaluronsäure effektiver als bei einer Arthrose im "Endstadium"; grundsätzlich kann man von der groben Tendenz her sagen, daß die Therapie umso wirksamer ist, je mehr Gelenkknorpel im Gelenk noch vorhanden ist. Allerdings haben w urden auch bei schon höhergradigen Arthrosen z.T. noch ganz verblüffend gute Erfolge mit intraartikulären Injektionen von Hyaluronsäure erzielt.

Woher kommt der Schmerz?

Ist der Schmerz entzündlich bedingt (sogenannte "aktivierte Arthrose"), d.h. besteht nicht nur ein belastungsabhängiger Schmerz, sondern auch ein Ruheschmerz? Oder gar ein Nachtschmerz? In solchen Fällen sollte erst die Entzündung wirksam behandelt werden, da sonst die ins Gelenk gespritzte Hyaluronsäure sehr schnell durch die Entzündungsstoffe im Gelenk abgebaut wird und nicht ausreichend wirken kann.

Ist der Schmerz muskulär bedingt?

Häufig geht eine Arthrose mit einer starken Muskelverspannung der umliegenden Muskeln einher. Die intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure führt zwar zu einer wesentlichen Verbesserung der Gelenkschmierung und damit indirekt auch zu einer Entlastung und Entspannung der Muskulatur. Bei einer ausgeprägten Muskelverspannung sollte die Injektion zusätzlich durch Maßnahmen zur Entspannung der Muskulatur flankiert werden, damit der Behandlungseffekt optimal ist (sogenannte "detonisierende" Behandlungen aus dem Bereich der Physikalischen Therapie, vorzugsweise Wärmeanwendungen oder Elektrotherapie, aber auch Krankengymnastik und Entspannungsübungen)

Ist der Schmerz vor allem belastungsabhängig?

In diesem Fall spielt die vermehrte Reibung im Gelenk eine wichtige Rolle. Da die intraartikuläre Injektion von Hyaluronsäure in erster Linie die Gelenkschmierung bedeutend verbessert und die Reibung im Gelenk beträchtlich reduziert, ist hier der Effekt der Injektion am schnellsten (die meisten Patienten berichten über eine manchmal "dramatische" Verbesserung bereits unmittelbar nach der Injektion).

Zur Frage der Kosten sowie der Kostenübernahme:

Größenordungsmäßig betragen die Kosten für eine Behandlung mit z.B. Synvisc für die notwendige Serie von 3 Injektionen ca. 450,00€ an reinen Präparatekosten (für das Synvisc) plus die Kosten für die Injektionen. Aus Erfahrung hält die Wirkung im Schnitt etwa für ein Jahr an (manchmal klingt die Wirkung leider auch sehr viel kürzer ab, manchmal hält die Wirkung dafür aber auch Jahre, es gibt Patienten, bei denen sie mehr als drei Jahre anhielt). Rechnet man andere Behandlungsmethoden, z.B. eine tägliche Medikamenteneinnahme oder regelmäßige Physikalische Therapie, dagegen, ist die Therapie mit Hyaluronsäure nicht kostenintensiv er , sondern u.U. sogar wesentlich kostengünstiger als andere in Frage kommende Behandlungsmaßnahmen.

Ob die Krankenkasse die Behandlungskosten übernimmt, hängt von der einzelnen Krankenkasse und vor allem auch vom Versicherungsstatus ab. Wenn die Behandlung "indiziert" ist, d.h. medizinisch begründet, werden die Kosten von der Privaten Krankenkassen und der Beihilfe in der Regel übernommen. Ob gesetzliche Krankenkassen die Behandlung erstatten oder zumindestens einen Teil der Kosten übernehmen, muß in jedem Einzelfall mit der jeweiligen Kasse geklärt werden. Viel Hoffnung kann man dabei allerdings nicht machen, da der Zwang zur Kosteneinsparung im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung sehr hoch ist.

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