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Sharp-Syndrom

Auch: Mischkollagenose, Kollagenosen.

Das Sharp-Syndrom hat seinen Namen von seinem Erstbeschreiber Sharp. Im Deutschen wird dafür gerne auch die Bezeichnung "Mischkollagenose" gewählt, im angloamerikanischen Sprachraum heißt es "mixed connective tissue disease".

Aus den genannten Bezeichnungen leiten sich bereits die wesentlichen Merkmale des Sharp-Syndroms ab. Es ist eine immunologische Erkrankung, die das Bindegewebe ("connective tissue") betrifft, wobei ganz unterschiedliche Symptomkonstellationen auftreten können (daher "mixed"). Unter einem anderen Blickwinkel kann man die Mischkollagenose als ein Krankheitsbild bezeichnen, in dem sich Elemente der unterschiedlichen rheumatischen und immunologischen Bindegewebserkrankungen (Kollagenosen") wie eines systemischen Lupus erythematodes (SLE), einer chronischen Polyarthritis, einer Sklerodermie oder eines CREST-Syndroms sowie von Vaskulitiden in unterschiedlichen Kombinationen ("Mischungen") finden lassen.

Das Krankheitsbild

Folgende Symptome sind bei einer Mischkollagenose häufig:

Häufig sind kleine Fingergelenke betroffen, die Erkrankung ähnelt dann einer chronischen Polyarthritis. Oft ist dann auch der Rheumafaktor im Blut positiv, und der Verlauf der Arthritis hat viel mit dem Verlauf bei einer chronischen Polarthritis gemeinsam (zum Beispiel die Gefahr der Ausweitung auf andere Gelenke und die Gefahr der zunehmenden Gelenkzerstörung durch die chronische Entzündung). Es können bei Mischkollagenosen aber auch ganz andere Gelenkbefallsmuster auftreten, z.B. ein isolierter Befall großer Gelenke (beispielsweise Schwellungen und Ergußbildungen in einem Kniegelenk oder in beiden Knien). Bei dieser Form ist die Prognose für das Gelenk wesentlich günstiger. Oft sieht man selbst nach langanhaltenden Kniegelenksschwellungen keine Funktionsbeeinträchtigungen oder keine Gelenkveränderungen im Röntgenbild.

     

  • Raynaud-Symptomatik

  • weitere Elemente eines CREST-Syndroms oder einer Sklerodermie
  • entzündliche Veränderungen der Haut in unterschiedlicher Form; häufig sind rote Hautquaddeln oder andere, flächige Hautrötungen vor allem an Körperstellen, die dem Sonnenlicht ausgesetzt sind
  • Organbeteiligungen, vor allem Lungenentzündungen (die nicht durch Infektionen bedingt sind; Pneumonitis), Entzündungen von Nerven (Neuritis) oder des Gehirns, Nierenveränderungen (Nephritis) sowie Entzündungen der Gefäße (Vaskulitis) mit Durchblutungsstörungen.

Typisch für alle Kollagenosen ist die Auslösung des Krankheitsbildes oder eine Verschlimmerung bzw. die Auslösung von Schüben durch starke Sonnenbelastung. Weiterhin charakteristisch ist bei Frauen das erste Auftreten oder das Auftreten eines Schubes im Anschluß an eine Entbindung (ca. 3-6 Wochen nach der Geburt).

Zu den diagnostischen Kennzeichen einer Mischkollagenose gehört der Nachweis von sogenannten ENA-Antikörpern im Blut (charakteristisch sind sogenannte U1nRNP-Antikörper). Diese Antikörper werden allerdings auch bei anderen Erkrankungen gefunden, so daß die Diagnose nicht allein auf Grund von Blutuntersuchungen gestellt werden kann. Bei der Suchmethode auf antinukleäre Antikörper (ANA oder ANF, Antikörper gegen Zellkerne = eine bestimmte Gruppe von Autoantikörpern) findet sich bei der Mischkollagenose bei Immunfluoreszenzuntersuchungen ein gesprenkeltes Fluoreszenz-Muster ("speckled type").

Die Therapie

Die Therapie richtet sich ganz nach der Situation im Einzelfall, insbesondere nach der Art der Symptome und der Schwere des Krankheitsbildes. Vorzugsweise kommen zur Behandlung Medikamente zum Einsatz. In akuten Schüben, bei lebensbedrohlichen Situationen oder schweren Organbeteiligungen ist Cortison sofort und überzeugend wirksam. Für die Dauertherapie und zur Cortisoneinsparung werden immunmodulierende und immunsuppressive Medikamente (Immunsuppressiva) wie Resochin, Imurek, Methotrexat, Immunosporin o.ä. verwendet. Je nach Krankheitsmanifestationen sind zusätzliche therapeutische Maßnahmen wie Krankengymnastik, Ergotherapie, physikalische Therapie, aber auch psychologische Schmerzbewältigung und psychologische Stützung und Begleitung notwendig.

Extrainformation:

Therapie eines Sharp-Syndroms mit biologischen Medikamenten

In Deutschland sind aus der Gruppe der biologischen Medikamente die TNF-alpha-Blocker Adalimumab (z.B. Humira), Etanercept (z.B. Enbrel) und Infliximab (z.B. Remicade) sowie der Interleukin-1-Blocker (IL-1-Blocker) Anakinra (z.B. Kineret) für die Therapie von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zugelassen, speziell die chronische Polyarthritis (rheumatoide Arthritis), die juvenile Arthritis, die Psoriasis-Arthritis und die ankylosierende Spondylitis (M. Bechterew) (mit unterschiedlichen Indikationen gleich Anwendungsgebieten für die einzelnen Substanzen).

Eine mögliche, wenn auch seltene Nebenwirkung der TNF-alpha-Blocker ist das Auftreten von antinukleären Antikörpern und anderen Autoimmunphänomenen bis hin zur Entwicklung eines durch diese Therapie ausgelösten Krankheitsbildes, das einem systemischen Lupus erythematodes (SLE) sehr ähnlich sieht. Aus diesem Grund war man in der Vergangenheit immer sehr zurückhaltend mit dem Einsatz von TNF-alpha-Blockern beim SLE und verwandten Erkrankungen. Wenn überhaupt, erfolgte dabei diese Therapie unter experimentellen Bedingungen, da es entsprechende Erfahrungen aus klinischen Studien nicht gibt und eine Zulassung für diese Indikation ohnehin nicht vorliegt.

Da der SLE und das Sharp-Syndrom stark miteinander verwandt sind, gilt diese Einschränkung zunächst grundsätzlich auch für den Einsatz von TNF-alpha-Blockern bei diesem Krankheitsbild.

Allerdings ist ein Sharp-Syndrom nicht gleich Sharp-Syndrom. Da es sich bei den Krankheitsbildern aus der Gruppe der Mischkollagenosen um gemischte Krankheitsbilder handelt, haben sie in jedem Einzelfall ganz andere und unterschiedliche Ausprägungen und Gewichtungen der einzelnen Komponenten.

So gibt es beim Sharp-Syndrom Verläufe, die durch eine überwiegende Beteiligung der Gelenke geprägt sind und die vom äußeren Aspekt und auch vom Röntgenbild kaum von einer klassischen rheumatoiden Arthritis zu unterscheiden sind.

Im Einzelfall könnte bei diesen Verläufen über den Einsatz von TNF-alpha-Blockern nachgedacht werden. Diese Therapie wäre dann allerdings ein individueller Heilversuch außerhalb der gültigen Zulassung („off-label“) mit den entsprechenden Einschränkungen insbesondere auch im Hinblick auf die Kostenübernahme durch die Kostenträger.

Grundsätzlich sollte bei einer solchen therapeutischen Überlegung der konventionell zur Verfügung stehende Rahmen ausgeschöpft werden, speziell auch eine Therapie mit Methotrexat oder auch Ciclosporin, ggf. u.U. sogar in Kombination, ggf. auch Methotrexat in Kombination mit Malariamitteln wie Chloroquin oder Hydroxychloroquin. Eine weitere Option ist Leflunomid, entweder als Monotherapie oder auch in Kombination mit Mehtotrexat. Alle genannten Substanzen sind therapeutisch erprobt bei der Therapie der Mischkollagenose und gleichzeitig bewährt bei der Therapie einer rheumatoiden Arthritis, so daß man sich nicht ohne Not als erstes in unsichere Fahrwasser nur gering erprobter Therapieansätze begeben muß.

Der IL-1-Blocker Anakinra hat nur ein geringes Risiko für das Auftreten von Autoimmunphänomenen, insbesondere sind für diese Substanz Lupus-ähnliche Krankheitsbilder nicht beschrieben. Insofern wäre er grundsätzlich eine mögliche Alternative bei der Therapie von chronischen Arthritiden im Rahmen eines Sharp-Syndroms.

Bei der Therapie der rheumatoiden Arthritis hat sich die Kombination von Anakinra mit Methotrexat bewährt. Insofern gilt auch für die Diskussion einer Anakinra-Therapie bei Sharp-Syndrom die Empfehlung, zunächst einen Therapieversuch mit Methotrexat zu machen, bei unzureichender Wirksamkeit ggf. in der Kombination mit den oben genannten Substanzen.

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